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Zum Lizenzerwerb in die USA

PPL und IFR-Rating für unter 12 000 Euro – sowas geht? Ja, in den USA!

Von Redaktion
Ausbildung oder doch Urlaub? 
Bei so einer Aussicht könnten Flugschüler in Florida an manchen Tagen durcheinander kommen Foto: Lukas Straubinger

Sommer, Semesterferien und ein verwegener Traum vom Fliegen! Ob dies reicht an Voraussetzungen für eine Ausbildung mit dem ambitionierten Ziel FAA PPL/IR? Mal sehen.

Fliegen lernen und sparen

Rund drei Monate vor Abreise melde ich mich bei der Flugschule Florida Aviation Career Training in St. Augustine, Florida, an. Ich erhalte das so genannte I-20 Form, mit dem ich auf dem US-amerikanischen Generalkonsulat in Frankfurt mein M1-Studentenvisum beantrage. An einem persönlichen Besuch in Frankfurt, Berlin oder München kommt man leider nicht vorbei. Als weiterer, allerdings wirklich unkomplizierter Akt der Bürokratie, steht mir noch der so genannte TSA-Check bevor. Kurzum: online anmelden, Antrag absenden und 130 Dollar überweisen – geschafft! Fehlt nicht noch etwas? Doch, das FAA-Medical!

Sparmobil: Mit dem Greyhound-Bus fährt der kostenbewusste Flugschüler über Nacht zum Ziel

Grundsätzlich ist es überhaupt kein Problem, das Medical in den USA zu bekommen. Da ich als Schwabe nicht nur einen ausgeprägten Sinn für Sparsamkeit, sondern auch für eine gewisse Planungssicherheit habe, besorge ich mir ein FAA 3rd Class Medical im Aeromedical Center Germany in Stuttgart, das auch bei späteren Soloflügen als Student Pilot Certificate gilt. Wer sich bezüglich der ganzen Vorbereitung und einzuhaltender Fristen Sorgen macht, kann beruhigt sein. Geradezu fürsorglich wird man von der US-Flugschule im Vorfeld mit Informationen und der richtigen Reihenfolge der einzelnen Schritte versorgt. That’s it – Amerika kann kommen!

Kaum am Ausbildungsort angekommen, geht es sofort ins Flugzeug

Von Deutschland aus heißt mein erstes Ziel Miami. Fast erschlagen von der ungewohnten und feuchten Hitze Floridas begebe ich mich zur Greyhound-Station am Flughafen, wo das erste Abenteuer auf mich wartet. Für nur 26 Dollar werde ich knapp acht Stunden mit dem Bus durch die Nacht fahren, um am nächsten Morgen um 7.30 Uhr in St. Augustine anzukommen. Dort gilt es nur noch, in Begleitung eines Flugschulmitarbeiters im örtlichen Gerichtsgebäude meine Fingerabdrücke zur Komplettierung des TSA-Checks abzugeben, und noch am selben Nachmittag finde ich mich mit meinem Fluglehrer auf dem linken Sitz einer – zugegebenermaßen abgeranzten – Cessna 152 wieder.

Alles da: Schulmaschine ist eine Cessna 172SP, ein GPS gehört nicht unbedingt zum Standard

Amerika erscheint mir persönlich trotz des zurzeit hohen Dollarkurses nahezu ideal für eine Flugausbildung. Eine Cessna 152 kostet 88 Dollar nass pro Stunde, eine IFR-ausgerüstete PA-28 119 Dollar. Beinahe jeder Flugplatz hat irgendeine Form Instrumentenanflug. Es kann zu jeder Tages- und Nachtzeit, 24 Stunden am Tag geflogen werden. Punkt 21 Uhr schließt der Tower in St. Augustine, und alle an- und abfliegenden Maschinen verständigen sich einfach und effektiv selbst untereinander. Mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht denke ich an Deutschland zurück, als wir uns am nächtlichen Himmel über Florida in unserer klapprigen Cessna mit einem abfliegenden A320 absprechen. Landegebühren oder Fluglärmgegner kennt man hier nicht einmal vom Hörensagen! Ich versuche schnellstmöglich die Theorieprüfung abzulegen. Bereits in Deutschland habe ich die rund 800 Fragen auswendig gelernt, und ich persönlich kenne niemanden, für den die Theorieprüfung auch nur ansatzweise eine Schwierigkeit darstellte. Nach rund dreieinhalb Wochen und exakt 40,5 Flugstunden ist es endlich soweit: die PPL Prüfung steht an!

Der Prüfungsflug mit Prüfer Bob

Früh am morgen lerne ich meinen Prüfer Bob kennen. Ein kerniger, ehemaliger Navy-Pilot und Vietnamveteran, der sich später als durchaus ungemütlich erweisen sollte. Bevor es losgehen kann mit der zirka dreieinhalbstündigen mündlichen Prüfung, auch Oral Exam genannt, wandern noch 400 Dollar in bar als Honorar in die Tasche des Examiners. Dann beginnt unser Prüfungsflug.

Geschafft! Prüfer Bob (rechts) gratuliert zum bestandenen IFR-Rating, Fluglehrer Dean ist stolz auf seinen Schüler aus Germany

Es geht mit diversen Kleinigkeiten los. „What the hell are you doing?“, raunzt Bob rechts neben mir. „You failed! Let’s go home!“ Diesen Spruch höre ich mindestens dreimal, doch stets setzen wir das Prüfungsprogramm unbeirrt fort. Ein Trick, um mich aus der Reserve zu locken? „Do you know what my wife would be thinking if she would be sitting here?“, werde ich gefragt, doch mehr als ein verdutztes Kopfschütteln bekomme ich nicht zustande. „What a bad pilot you are!“ ruft er mir lautstark und mit erhobenem Zeigefinger von rechts herüber. Lange Rede, kurzer Sinn: Wir landen nach fast zwei Stunden Flug, und endlich höre ich die erlösenden Worte: „It’s okay, you passed. Congratulations!“ Langsam wird mir klar, dass hier eine ganze Menge an Show dabei gewesen ist. Tatsächlich ist mir Bob auf eine seltsame Weise außerordentlich sympathisch – ich entscheide mich, ihn auch für meine hoffentlich bald folgende IFR-Prüfung auszuwählen.

Während der Autor Flugerfahrung sammelt, besichtigt er die Sehenswürdigkeiten Floridas

Die Zeit vergeht im Nu, und ich lerne immer mehr Piloten auf dem Flugplatz kennen. Ein ortsansässiger Pilot bietet mir sogar an, gemeinsam mit ihm auf seiner  zweisitzigen PA-38 gegen Übernahme der Spritkosten von gerade einmal 30 Dollar pro Stunde Flugerfahrungen zu sammeln. Ein weiterer Höhepunkt während meines Aufenthalts in St. Augustine ist ein Ausflug nach Cape Canaveral. Ich frage den Controller nach einem tiefen Überflug über die Landebahn der NASA Spaceshuttle Landing Facility. „Piper 344, you’re cleared for the low approach, stay west of the centerline, do not touch the runway and check in back on this frequency.“ Sämtliche Startrampen und sonstige Gebäude des Kennedy Space Centers sind zu sehen. Einfach großartig!

Weltraum spüren: tiefer Überflug der Piste für die Space Shuttles der NASA in Cape Canaveral

Das IFR-Training gestaltet sich als durchaus anspruchsvoll. 35 Stunden Hood-Time, also Zeit unter der die Sicht einschränkenden Haube, werden zur Prüfungszulassung gefordert. Vier Wochen benötige ich dazu, bevor ich erneut mit meinem zwischenzeitlich lieb gewonnen Prüfer Bob zum Prüfungsflug abhebe. Diesmal läuft alles wie am Schnürchen, und Bob lobt mich nach einem ILS- und GPS-Approach: „That was the best pilotage I’ve ever seen.“ Doch auch hier darf von einer leichten Verzerrung der Realität ausgegangen werden.

Mit dem Frisch erworbenen Flugschein Florida erkunden

Die Zeit vor meiner Abreise nutze ich noch zum preiswerten Stundensammeln. Von drei in den USA gewonnenen Fliegerfreunden werde ich noch zu einem Ausflug nach Key West eingeladen. Mit einer gecharterten Cirrus SR22 erkunden wir den Süden Floridas und den Golf von Mexiko.

Lohn der Mühen: Strand und Palmen beim Ausflug nach Key West als frischgebackener PIlot mit US-LIzenz

Unglaubliche Bilder der kleinen Inselgruppe zwischen Amerika und Kuba nehme ich mit nach Hause. Abschließend betrachtet bin ich voll und ganz zufrieden mit der Qualität der praktischen Ausbil dung. Nicht unerwähnt bleiben darf, dass der Zustand der Flugzeuge, zumindest in meiner Flugschule, bei weitem nicht dem europäischen Niveau entspricht. Insbesondere gehört bei der IFR-Schulung ein GPS-Empfänger noch längst nicht zum Standard.

Vor Ort hat man viele Möglichkeiten die Gegend zu erkunden

Die Flugschule organisierte mir ein sehr schönes privates Zimmer bei einer ehemaligen Fluglehrerin, das gerade mal 160 Dollar pro Woche kostete. Auch ist der Freizeitwert hoch, wenn man in solch einer wunderschönen Landschaft die Ausbildung macht. Unsere typische Training Area lag zwischen Jacksonville und Daytona Beach, selbstverständlich mit herrlichen Aussichten auf unendlich erscheinenden Sandstrände der Westküste. Zur Mobilität vor Ort sollte man sich auf jeden Fall einen Mietwagen oder Motorroller (600 Dollar für zweieinhalb Monate) leihen. Vom deutschen Repräsentanten der Flugschule wurde ich auf die Möglichkeit hingewiesen, meine Wege mit dem Fahrrad zu bestreiten, doch ich kapitulierte bereits am zweiten Tag. Die Wege selbst innerhalb einer kleinen amerikanischen Stadt sind für uns Europäer nicht zu unterschätzen und außerschulische Freizeitaktivitäten ohne Motorfahrzeug praktisch unmöglich.

Kann man aushalten: Hier wohnt der Autor während der Ausbildung

Zufrieden und ein wenig stolz verlasse ich Amerika mit einer US-PPL inklusive Instrument Rating für summa summarum 11 500 Euro. So lächerlich es sich auch anhören mag, beginnt für mich zurück in Deutschland der erste Schritt der Lizenzumschreibung mit der uns allseits bekannten ZÜP. Beim Regierungspräsidium lege ich eine schriftliche Prüfung in den Fächern Luftrecht und menschliches Leistungsvermögen ab und besorge mir ein europäisches Medical. Wenige Wochen später liegt die Ladung zur praktischen Prüfung in meinem Briefkasten. Ich traue meinen Augen kaum, wer meine Prüferin sein wird: Verena Dolderer aus Tannheim!Auf einer Piper Archer bestreite ich im Allgäu meinen nun europäischen Prüfungsflug; zwei Wochen vor Weihnachten halte ich meine EASA-PPL nach Part FCL als vorzeitiges Weihnachtsgeschenk in Händen. Ziel erreicht! Und nun läuft auch die Umschreibung meines US-amerikanischen IFR-Ratings bereits.

Text & Fotos: Lukas Straubinger fliegermagazin 04/2016

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