Zu viel gewagt? Junger Pilot stürzt mit UL ab
Ein junger Pilot startet hintereinander mit verschiedenen Passagieren zu Rundflügen und will zeigen, was das UL kann. Beim dritten Flug geht das schief. Eine Unfallanalyse.
Riskante Manöver in geringer Flughöhe sind generell keine gute Idee. Dennoch lassen sich manche Piloten immer wieder dazu verleiten, sich und andere durch unnötige Risiken in Gefahr zu bringen. Bei dem Unfall, der sich im März 2018 im südhessischen Bensheim ereignet hat, spielten möglicherweise auch Videoaufnahmen eine Rolle.
Es ist ein ruhiger, winterlicher Tag, Wind mit fünf Knoten, Sichtweite über zehn Kilometer. Eine Gruppe junger Leute ist an diesem Tag auf dem Flugplatz Worms mit einem UL-Piloten verabredet. Die Gruppe hat auf dem Internet-Videoportal Youtube eine gewisse Bekanntheit erlangt, unter anderem durch den Flug mit einer selbstkonstruierten Multikopter-Badewanne. Mit dem Piloten wollen sie an diesem Tag einige Aufnahmen machen. Dazu montieren sie diverse Kameras an dem UL, einem Tiefdecker des Typs Zenair Zodiac CH 601 DX. Mit deren Hilfe sollen Spaß und Spannung während des Flugs dokumentiert werden.
Pilot überlässt Passagier zeitweise die Steuerung
Um 12.43 Uhr startet das UL zu einem ersten Rundflug. Dabei überlässt der Pilot seinem Passagier zeitweise die Steuerung, außerdem demonstriert er ihm vor laufenden Kameras das Überziehen der Maschine.
Nach Zeugenaussagen erreicht der Tiefdecker dabei eine geschätzte Flughöhe von 700 Fuß über Grund – viel zu tief für ein solches Manöver, denn dann bleibt kaum Spielraum für Fehler. Ob dem jungen Mann das bewusst ist? Seine gesamte Flugerfahrung beträgt 72:21 Stunden, die Zeit während der Ausbildung 51:45 Stunden.
Nach etwa 40 Minuten landet die Zodiac und ein anderer Passagier steigt ins Cockpit. Der folgende Flug verläuft ähnlich wie der vorhergehende. Kurz nach 15 Uhr rollt das UL erneut zum Start, auf dem rechten Sitz hat eine junge Frau Platz genommen.
Trudeln ohne Ausleitung
Als der Zweisitzer um 15.20 Uhr startet, zeichnen die Kameras auch diesen Flug auf. Auf den Videos ist erkennbar, dass es zu regnen begonnen hat. Wieder überlässt der Pilot seiner Begleitung im Reiseflug den Stick. Nach wenigen Minuten erreicht die Zodiac das Segelfluggelände Bensheim an der hessischen Bergstraße. Dort lässt der Pilot die Maschine zweimal aus dem Steigflug abkippen. Dann folgt ein kurzer Geradeausflug, der in eine Rechtskurve führt.
Auf dem Videomaterial ist zu sehen, dass die Querneigung der Zodiac dabei immer mehr zunimmt, dann senkt sich die Flugzeugnase. Der Pilot zieht daraufhin am Knüppel, und der Tiefdecker gerät ins Trudeln. Der 32-Jährige versucht, durch Nachdrücken und Gegenquerruder die Trudelbewegung zu beenden, doch damit kann er die Kontrolle über das UL nicht zurückgewinnen.
Augenblicke später stürzt die Maschine fast senkrecht etwa eineinhalb Kilometer südwestlich des Segelfluggeländes Bensheimer Stadtwiesen auf einen frisch gepflügten Acker.
Maschine bohrt sich tief in den Erdboden
Die Maschine bohrt sich fast 50 Zentimeter tief in den Erdboden. Die Tragflächen und der Rumpf sind stark gestaucht, beide Flächentanks geborsten. Aus dem Wrack läuft Benzin ins Erdreich, doch es kommt nicht zu einem Brand. Motorgehäuse und Propellerblätter sind zerstört. Die beiden Insassen haben keine Chance, diesen fürchterlichen Aufprall zu überleben.
Bei der Untersuchung des Wracks stellen die Ermittler der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen (BFU) drei frische Schweißnähte am Auspuffkrümmer fest, eine davon bereits wieder gerissen. Bei der pathologischen Untersuchung der Unfallopfer sind jedoch keine Anzeichen einer CO-Vergiftung nachweisbar. Der Höhenmesser ist auf ein QNH von 1011 Hektopascal eingestellt. Tatsächlich lag der Luftdruck am Unfalltag in der Region bei 1022 hPa. Der falsch eingestellte Höhenmesser gaukelte dem Piloten somit eine geringere Höhe vor – und bietet auch keine Erklärung dafür, weshalb er so tief blieb, um seine Manöver zu fliegen.
Das mit den Überzieh-Übungen verbundene Risiko schätzte der Pilot falsch ein. Er wählte eine zu geringe Höhe für das Manöver und brachte das UL noch dazu ins Trudeln – vermutlich unabsichtlich –, ohne in der Lage zu sein, diesen Zustand zu beenden. Das Gesamtrettungssystem wurde nicht ausgelöst. Der Schirm wurde durch den Aufschlag aus dem Rumpf geschleudert und lag an der Unfallstelle noch zusammengefaltet vor dem Wrack.
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