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Zu spät abgefangen: Unfall einer Cessna 152 in Linz
Auch gutmütige Flugzeuge haben ihre Grenzen – das muss eine Flugschülerin erfahren, die sich bei Landeübungen mit der Höhe verschätzt
Mit der „152“ sind Landungen ein Kinderspiel. Keine Zicken, keine Auffälligkeiten – so haben es Generationen von Piloten bei ihrer Ausbildung erlebt. Das Arbeitspferd vieler Flugschulen setzt sich fast von allein auf die Piste und verzeiht selbst grobe Fehler. Und doch gilt das vermeintliche Kinderspiel eben nur mit Einschränkungen, das heißt: im „Normalfall“. Pilotenfehler lauern beim Fliegen ebenso hinter jeder Wolke wie äußere Einflüsse auf den Schwierigkeitsgrad: Buckelpisten, Scher- und Seitenwinde, steiles Gelände, hochgelegene Plätze, nasse Pisten oder hohes Verkehrsaufkommen zum Beispiel.
Auf dem Flughafen Linz trainiert am 19. März 2011 eine junge Flugschülerin ebenfalls unter erschwerten Bedingungen: Es ist dunkel. Die 25-Jährige übt am frühen Winterabend Starts und Landungen für die Berechtigung zum Nachtflug. Immerhin stimmen die übrigen Bedingungen: Der Wind ist mit sechs Knoten recht schwach, die Sicht gut, der Vollmond scheint durch aufgelockerte Wolken. Nach dem Start um 18.25 Uhr läuft zunächst alles wie geplant. Die Pilotin soll die für die Nachtflugberechtigungen erforderlichen fünf Solo-Platzrunden fliegen.
Mit seinem Handfunkgerät kann ihr Fluglehrer am Vorfeld zwar den Sprechverkehr mit Linz Tower verfolgen, aber durch die große Entfernung zur Piste und die Vorfeldbeleuchtung ist seine Sicht auf die Landezone eingeschränkt. Bei den ersten vier Platzrunden mit Landungen bis zum Stillstand hat die junge Pilotin ihre Maschine offenbar gut im Griff. Die Landungen sind präzise und sicher. Auch bei der letzten für die Qualifikation erforderlichen Landung fliegt sie den Hochdecker nach eigener Aussage wie gelernt mit den Landeklappen auf 30 Grad und einem Anflugwinkel von drei Grad. Dabei folgt sie den weißen und roten Leuchten des visuellen Gleitpfadanzeigers PAPI.
Nach mehreren erfolgreichen Anflügen der Cessna 152: Die letzte Landung geht schief
Doch bei dieser fünften Landung passiert es: Die Maschine kracht mit einem harten Schlag in Dreipunktlage auf Bug- und Hauptfahrwerk und springt sofort wieder in die Luft. Jetzt ist alle Gutmütigkeit dahin: Die Cessna setzt ein weiteres Mal hart auf und hat immer noch genug Energie, um erneut hochzuschießen. Beim dritten Aufsetzen trifft der Schlag allein das Bugrad, das dabei seitlich nach hinten einknickt und bricht. Propeller und linke Tragfläche krachen daraufhin auf die Asphaltpiste.
Nach einigen Metern kommt das Flugzeug zum Stillstand. Über Funk meldet die Pilotin den Crash bei der Flugsicherung Linz. Mit leichten Verletzungen kann sie die Maschine selbstständig verlassen. Die junge Frau wird zu einer vorsorglichen Untersuchung ins Krankenhaus gebracht. Die Cessna wird bei dem Crash schwer beschädigt, der Sachschaden ist erheblich. Das Bugrad ist teilweise aus seiner Verankerung herausgerissen, linke Tragflächenspitze und Motorverkleidung sind stark verformt. Der Propeller wurde an beiden Blättern nach hinten abgeknickt. Außerdem ist aus dem linken Flächentank über die Tankentlüftung Treibstoff ausgelaufen, den die Flughafenfeuerwehr von der Piste entfernen muss.
Hochspringen bei der Landung – ein Klassiker
Bei den Ermittlungen konzentriert sich die österreichische Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (UUB) hauptsächlich auf die Landetechnik, die bei der Cessna 152 angewendet wird. Bei normalen Bedingungen und Tageslicht wird ein stabilisierter Anflug mit drei Grad Gleitwinkel und Klappenstellung auf 30 Grad empfohlen. Beim Abfangen drosselt der Pilot dann zugleich den Motor auf Leerlauf. Im Gegensatz dazu sollte man den Gashebel bei Nachtflügen erst nach dem Bodenkontakt ganz zurücknehmen. Diese Empfehlung rührt vor allem daher, dass sich die Höhe bei Dunkelheit schwerer abschätzen lässt. Die Unglückspilotin von Linz, so schließen die Unfalluntersucher, hat den Abfangbogen zu spät begonnen und deshalb mit einer nicht ausreichend reduzierten Sinkgeschwindigkeit aufgesetzt. Auch sei die Fluglage der Maschine mit einer nicht ausreichend angehobenen Nase nicht optimal gewesen. Ein entsprechendes Ziehen des Höhenruder zur Korrektur sei wahrscheinlich zu zögerlich erfolgt und nicht beibehalten worden.
Immer wieder, so konstatiert die UUB, komme es durch Wegspringen bei der Landung zu Unfällen. Sie zitiert Flugsicherheitsmitteilung ihrer deutschen Kollegen, die schon aus dem Jahr 1985 stammt. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) gibt darin zu bedenken, dass die richtige Reaktion auf das Springen von Geschwindigkeit und Steigwinkel abhänge. Unebenheiten in der Bahn sind fast immer nur eine Ausrede. Zu frühes oder zu spätes Abfangen, eine Fluglage mit zu tief liegendem Bug und vor allem zu viel Fahrt beim Aufsetzen sind die Hauptursachen dafür, dass ein Flugzeug nach der Landung doch noch fliegen will.
Pilotin der Cessna 152: Übung vor dem Alleinflug
Keinesfalls darf während des Hüpfers, der dem ersten Aufsetzen folgt, nachgedrückt werden, weill dann meist das Bugrad zuerst aufkommt und wegbricht – oder ein erneutes Hochspringen verursacht. Spätestens beim dritten Aufprall gebe das Bugrad dann der Belastung nach. Stattdessen sollte durch weiteres Ziehen am Höhenruder erneut ein Abfangbogen gesteuert werden. Zum Einsatz des Triebwerks heißt es in dem Papier außerdem: „Der Könner federt den zweiten Landeversuch mit mehr Motorleistung ab.“
Weil aber das Zusammenspiel von Höhenruder und Motorleistung ebenso schwierig sei, wie die Heftigkeit des Springens abzuschätzen, gibt die BFU eine andere Empfehlung: Im Zweifelsfall durchstarten! Auch dies sei, so fügen die Unfalluntersucher an, allerdings nicht ohne Risiken: Gerade bei stärker motorisierten Maschinen sind beim plötzlichen Erhöhen der Leistung im Langsamflug erhebliche Effekte zu erwarten. So kann die Maschine (bei den meist üblichen Motoren nach links) drehen oder ausbrechen oder die Nase unerwartet hochnehmen. Die richtige Reaktion auf diese Einflüsse der Motorleistung müsse bei Durchstartübungen regelmäßig trainiert werden. Abschließend empfiehlt die UUB, Flugschüler erst dann allein fliegen zu lassen, wenn sie mit einem Springen des Flugzeugs bei der Landung sicher zurecht kommen und geeignete Gegenmaßnahmen bis hin zum Durchstarten beherrschen.
Text: Samuel Pichlmaier, fliegermagazin 9/2013
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