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Wie setze ich Bremsen und Radsteuerung beim Flugzeug richtig ein?
Hohe Wartungskosten sind noch die harmlosesten Folgen von unsachgemäßem Bremsen – es kann sogar gefährlich werden.
Der Wechsel der Bremsbeläge bei einer typischen Einmot von Cessna, Piper & Co. ist ein relevanter Kostenfaktor, den man schon beim Rollen zur Piste im Auge behalten sollte: Durch bewussten Umgang mit den Bremspedalen kann man viel Geld sparen.
Vor allem auf langen Taxiways wird allzu gern mit viel Gas auf die Piste oder die nächste Abbiegung zugeschossen, um kurz davor wie wild zu bremsen. Das ist eine gute Methode, die Bremsen in kürzester Zeit abzunutzen. So lange wie früher, als das Material noch auf Asbestbasis hergestellt wurde, halten die Beläge der heute üblichen Flugzeugbremsen ohnehin nicht mehr.
Bremsen werden sehr heiß, wenn man sie schleifen lässt
Radbremsen wirken durch Reibung, egal ob Scheiben- oder Trommelprinzip. Die Reibung erzeugt nicht nur Wärme, sondern bewirkt auch Abnutzung des Materials. Beides ist von Übel: Der Verschleiß schlägt sich in den Wartungskosten nieder, und die durch Gasgeben teuer erzielte kinetische Energie wird in Wärme umgewandelt, die Schaden anrichten und sogar gefährlich werden kann.
Besonders heiß werden die Bremsen, wenn man sie schleifen lässt, um bei zu hoher Motordrehzahl die Rollgeschwindigkeit zu regulieren. Feinfühliger Einsatz ist geboten. Hat man ein gelenktes Bugrad, sollte man bei engen Kurven zunächst dessen Lenkeinschlag voll ausnutzen. Erst wenn der nicht mehr ausreicht, kann man mit einseitigem Bremseinsatz den Radius reduzieren. Leichter, aber dauerhafter Bremseinsatz erhitzt die Anlage weit stärker als kurzes Intervallbremsen, bei dem die Bremsen immer wieder Zeit um Abkühlen haben.
Für welche Temperatur ist die Bremsflüssigkeit zugelassen?
Denn vor dem Take-off sollten sie nicht unnötig erhitzt sein. Der Reibbeiwert zwischen Bremsbelägen und der Stahloberfläche von Scheibe oder Trommel nimmt mit steigender Temperatur ab, sodass die Bremsen im Falle eines Startabbruchs nicht mehr ihre volle Wirkung entfalten können.
Die in unseren Einmots eingesetzte Bremsflüssigkeit ist auf Mineralölbasis hergestellt und für einen Temperaturbereich von –54 bis +90 Grad Celsius zugelassen, unter Druck, also während des Bremsvorgangs, bis zu 135 Grad. Darüber beginnt sie zu sieden und entwickelt Dampfblasen. Weil diese Gase sich im Gegensatz zur Flüssigkeit komprimieren lassen, wird die Bremse »weich« und ihre Wirkung lässt nach.
Nur so viel Gas wie nötig
Was lässt sich also dafür tun, dass man auch nach längerem Rollen mit möglichst kühlen Bremsen an der Piste ankommt? Ganz einfach: Nur so viel Gas geben wie unbedingt nötig! Niemand käme auf die Idee, bei seinem Auto mit einem Fuß aufs Gas und mit dem anderen auf die Bremse zu treten.
Um den Anrollwiderstand zu überwinden, ist zunächst ein bisschen mehr Leistung erforderlich, aber gleich danach sind, je nach Pistenbeschaffenheit, oft schon 700 rpm mehr als ausreichend. Wie ein US-amerikanischer Kollege schreibt, gibt es nur drei Geschwindigkeiten fürs Rollen: ganz langsam, wenn Hindernisse in der Nähe sind; schnelle Schrittgeschwindigkeit auf freier Strecke und als drittes – viel zu schnell!
Seitliche Belastung auf das Fahrwerk nicht unterschätzen
Beim Losrollen werden die Bremsen durch kurzes Antippen überprüft. Aber bitte kein Vollbremsung, sodass die Passagiere in den Gurten hängen! Bei gefühlvoll synchron betätigten Bremsen lässt sich feststellen, ob sie gleichmäßig ziehen.
Hat man einen langen Rollweg vor sich oder auf einem Verkehrsflughafen ein ausgedehntes Vorfeld zu durchqueren, kann man die Zügel ausnahmsweise etwas lockerer lassen. Man will ja nicht zum Verkehrshindernis werden, sollte dann aber so rechtzeitig das Gas zurücknehmen, dass man einfach nur durch Ausrollen die nächste Kurve nehmen kann. Die seitliche Belastung auf das Fahrwerk ist nicht zu unterschätzen. Wie bei allen Rollbewegungen gilt: Bugrad durch Ziehen des Höhenruders entlasten! Wer einmal in der Werft gesehen hat, wie dünn das Beinchen da vorne bei manchen Maschinen ist, versteht, wie notwendig das ist.
Auf die Parkbremse allein ist kein Verlass
Beim Run-up, dem Testlauf des Motors, sollte man nicht nur die Parkbremse setzen, sondern vorsichtshalber auch die Füße auf den Pedalen haben – und bei erhöhter Drehzahl dennoch stets darauf achten, ob die Maschine ungewollt losrollt. Auf die Parkbremse allein ist kein Verlass. So wird die Justierung der Mechanik bei der Cessna 172 oft vernachlässigt. Dann verdient die Parkbremse ihren Namen nicht, selbst wenn sie vom Piloten noch so kraftvoll angezogen wurde. Da sind die hydraulisch aktivierten Parkbremsen anderer Hersteller deutlich zuverlässiger, die über ein Ventil den Druck in der Bremsleitung aufrechterhalten, den man zuvor mit den Pedalen erzeugt hat.
Überhaupt ist das mit den Pedalen so eine Sache. Bei den üblichen Fußspitzenbremsen gibt es genau zwei Stellungen der Füße darauf: Die eine, bei der man ausschließlich die Seitenruderpedale berührt. Und eine andere, mit der man zusätzlich mit den Fußspitzen die Bremsen bedienen kann. Die Regel dazu: Wann immer die Bremsen nicht benötigt werden, bringt man die Füße in erstere. Das ist übrigens die Position, die der Fluglehrer meint, wenn er beim Start dazu ermahnt, »die Hacken auf den Boden« zu stellen.
Soweit die Theorie. Je nach Flugzeugmuster und Schuhgröße des Piloten kann jedoch eine gänzlich andere Fußhaltung nötig sein. Es ist kein Fehler, nach dem Einsteigen mal einen Blick in den Fußraum zu werfen, um zu kontrollieren, wie man in den Pedalen steht.
Die Hackenbremsen mancher Flugzeuge bergen zudem die Gefahr, dass man versehentlich das Seitenruder bewegt, wenn man die Hacken auf die Pedale hebt.
Rollen mit dem Flugzeug mit ungelenktem Bugrad
Etwas anders läuft das Rollen bei Flugzeugen mit ungelenktem Bugrad wie der Diamond DA40, der SR-Familie von Cirrus oder manchen ULs. Solange das Seitenruder bei niedriger Geschwindigkeit nicht wirksam ist, ist differenziertes Bremsen des linken oder rechten Hauptrads die einzige Möglichkeit zur Richtungssteuerung. So kann Geradeausrollen durch den Windfahneneffekt des Seitenleitwerks zur Herausforderung werden.
Will man die Bremsen nicht überhitzen, wird durch regelmäßiges kurzes Antippen die Richtung korrigiert. Das geht mit etwas Übung so sanft, dass es die Passagiere nicht mal bemerken. Auch zu Beginn des Startlaufs kann man so den antriebsbedingte Linksdrall korrigieren. Die Alternative: Man bleibt gleich etwas nach rechts gedreht auf der Bahn stehen und erhöht dann die Leistung.
Aufbau des Bremssystems einer Einmot
Ihre wichtigste Aufgabe erfüllen die Bremsen naturgemäß bei der Landung, vor allem auf kurzen Bahnen. Eine Funktionsprobe in der Luft ist eine gute Angewohnheit, auch wenn sich dabei allenfalls gravierende Mängel feststellen lassen, nämlich ob sich überhaupt Hydraulikdruck aufbaut oder man mit den Füßen ins Leere tritt. Sollten getrennte Systeme für den linken und den rechten Sitz vorhanden sein, kann es notfalls auch noch einmal von der rechten Seite probiert werden, falls sich dort ein fachkundiger Mitflieger befindet.
Der Aufbau des Bremssystems einer typischen Einmot ist leicht verständlich: Über die Pedale lässt sich Druck auf je einen Bremszylinder ausüben. Der wird über Hydraulikleitungen zu den Bremskolben am linken und rechten Hauptfahrwerk übertragen. Ist etwas undicht, entweicht mit jeder Betätigung Bremsflüssigkeit, und stattdessen gelangt Luft in die Leitung. Fühlt sich die Bremse »weich« an, ist das ein Zeichen für ein undichtes System.
Wichtig: Bremsen bei der Vorflugkontrolle prüfen
Bestehende Undichtigkeiten lassen sich eventuell bei der Vorflugkontrolle erkennen: Feuchtigkeit an den Hydraulikzylindern im Fußraum, an Leitungen und Bremssätteln ist ebenso ein Zeichen dafür wie eine Pfütze mit Hydraulikflüssigkeit um die Räder. Stellt man den Schaden erst vor der Landung fest, ist die längste Piste in der Umgebung die beste. 1000 Meter sollten auch für eine schnelle Einmot in jedem Fall reichen, um ohne Bremsen zum Stehen zu kommen, solange man mit der minimalen Landegeschwindigkeit aufsetzt. Eine Graspiste, womöglich gar weich und nass, ist wegen des großen Rollwiderstands eine gute Wahl.
Wenn es nicht sein muss, sollte man längere Bahnen nicht unbedingt mit sportlichem Bremseinsatz beim erstbesten Rollweg verlassen. Weder die Passagiere noch die Bremsen schätzen die eigentlich unnötige Verzögerung.
Bremsen abkühlen lassen, dann Parkbremse setzen
Ebenso wenig übrigens die Reifen: Bringt man sie zum Radieren, was auf feuchter Piste schnell passiert ist, verkürzt sich deren Lebenszeit noch schneller als die der Bremsbeläge. Ebenso wie beim Take-off gehören bis zum Aufsetzen die Hacken auf den Boden, damit nicht versehentlich mit blockierten Rädern gelandet wird. Einem meiner Flugschüler widerfuhr eine solche Panne, als ihm beim Touch-and-Go eine kräftige Böe ins Seitenruder fuhr und er so energisch ins Pedal trat, dass er auf dieser Seite noch einmal kurz aufsetzte und den Reifen durchbremste.
Für das Heranrollen an Hangar oder Parkplatz gilt dasselbe wie vor dem Start: Gönnen Sie ihren Bremsen die Chance auf Abkühlung nach dem Landestress, bevor Sie die Parkbremse setzen.
Wie viel Hitze Bremsen bei unsachgemäßem Betrieb entwickeln können, zeigt ein Unfall aus dem Jahr 2002, der beileibe kein Einzelfall ist: Auf dem langen Rollweg in Berlin-Tempelhof ließ ein Pilot die Bremsen seiner Piper PA-28 so heiß werden, dass Bremsflüssigkeit und Reifen in den Radschuhen Feuer fingen. Die Flammen griffen auf die Tragflächen über; am Flugzeug entstand Totalschaden.
Text: Helmuth Lage
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