/
Welche UL-Hubschrauber gibt es auf dem Markt?
Ultraleicht – schon aus finanziellen Gründen kommt für viele Piloten nichts anderes in Frage. Doch gilt das auch fürs Fliegen mit UL-Helis? Welche gibt es überhaupt, und wie sieht’s mit Ausbildungsmöglichkeiten aus? Ein Überblick.
Vor 40 Jahren, im Mai 1982, wurde der Traum vom preiswerten Fliegen auch in Deutschland Wirklichkeit. Das Bundesverkehrsministerium genehmigte damals kostengünstige Luftsportgeräte mit Motor, bei denen zunächst nur 115 Kilo Rüstmasse erlaubt waren. In den USA durften solche „ultralights“ bereits fliegen. Diese Vergangenheit im Hinterkopf und erneut Richtung USA schielend, fragten sich 20 Jahre später viele Flugbegeisterte, warum denn nicht auch UL-Hubschrauber bei uns zulassungsfähig sein können – in Frankreich und Italien war dies doch schon lange möglich.
In Deutschland bemühten sich die Luftsportverbände DAeC und DULV um offizielle Akzeptanz. Im April 2013 stimmte schließlich das Ministerium einem zweijährigen Erprobungsprogramm zu, in dem gemäß Basic Regulation 216/2008 der EASA die Voraussetzungen für einen sicheren Flugbetrieb UL-Hubschrauber mit 450 Kilogramm MTOM geschaffen werden sollten.
UL-Helis: Nur zwei Hersteller haben die Musterzulassung erreicht
Acht europäische Hersteller erklärten sich zur Zusammenarbeit bereit und schufen Lufttüchtigkeitsforderungen sowie Ausbildungsrichtlinien. Allerdings ebbte das Engagement der ausländischen Unternehmen deutlich ab, und so konnten die vollständigen Unterlagen erst 2016 bei der Genehmigungsbehörde eingereicht werden. Lediglich edm aerotec aus Thüringen und mit Verzögerung RS Helikopter RotorSchmiede hatten die Ausdauer, mit ihren Koaxialhubschraubern das gesamte Zulassungsverfahren bis zur Musterzulassung durchzuziehen.
Ein Hauptproblem bei der Entwicklung von ULs war lange die Gewichtsbegrenzung auf 450 Kilo Höchstabflugmasse (mit Rettungssystem 472,5 Kilo). Dies erschwerte besonders die Arbeit der Heli-Konstrukteure, denn wie sich bald herausstellte, mussten für Zelle, Antrieb und sonstige unverzichtbare Komponenten mindestens 300 Kilogramm angesetzt werden. Selbst wenn man Verkleidung, Türen und andere verzichtbare Teile beim Wiegen wegließ, ergab sich für einen Zweisitzer eine magere Zuladung von rund 150 Kilo, inklusive Treibstoff!
Gewichtsproblematik: Die leichten Triebwerke haben zu wenig Kraft
Ein weiterer, mit der Gewichtsproblematik zusammenhängender Knackpunkt war die Motorisierung. Die gängigen Triebwerke leisteten dauerhaft um die 110 PS – ausreichend für einen Hubschrauber im Geradeausflug, aber grenzwertig im kräftezehrenden Langsam– oder gar Schwebeflug. Stärkere Motoren sind schwerer, verbrauchen mehr Treibstoff und verlangen somit einen größeren Tank, was die Fluggeräte noch schwerer macht. Ein Teufelskreis.
Der Ruf nach einer höheren Abflugmasse wurde immer lauter – wie bei den Flächen-ULs. Die bekamen im Januar 2019 neue Bauvorschriften. Die „Lufttüchtigkeitsforderungen für ultraleichte Hubschrauber“ (LTF-ULH) wurden einen Monat später rechtskräftig, ebenfalls mit 600 Kilo Höchstabflugmasse. Endlich geschafft?
Neue Bauvorschrift: Mit höherem MTOM sind auch die Belastungen höher
Es leuchtet ein, dass eine um ein Drittel angehobene MTOM die Belastung aller Bauteile erhöht und deshalb eine neue technische Bewertung erfordert. Deshalb müssen nun beispielsweise das Landewerk, der Motorträger und die Tankbefestigung deutlich höhere g-Lasten aushalten. Hersteller haben sie nicht nur rechnerisch, sondern auch in praktischen Fall- und Bruchlastversuchen nachzuweisen.
Für die Firma edm aerotec, die als erster Hersteller die deutsche Musterzulassung für ihren CoAX 2D bekommen hatte (mit 450 Kilo MTOM), bedeutete die Auflastungsmöglichkeit, den Zweisitzer großteils neu zu berechnen. Dabei zeigten die Simulationen, dass der bisher verwendete D-Motor LF39 mit seinen 125 PS leistungsmäßig überfordert wäre. Auf der Suche nach einem stärkeren Triebwerk wurde man bei der belgischen Motorenschmiede ULPower fündig. Deren Sechszylinder 390 iS liefert maximal 160 PS und wiegt nur 20 Kilo mehr als der LF39.
Einziger UL-Heli mit Musterzulassung: Der VA115 ist ein Einsitzer
Eine Musterzulassung hat auch der UL-Heli VA115 von RS Helikopter aus Magdeburg. Als filigraner Einsitzer ohne jegliche Verkleidung nimmt er einen Sonderstatus ein. Bei lediglich 139 Kilo Leermasse reichen laut Hersteller die 50 PS seines Hirth-Zweitakts F23 RS-01 für einen sicheren Flugbetrieb völlig aus. Weil die Vermarktung eines Einsitzers aber problematisch ist, konzentrierte man sich auf den Doppelsitzer VA250. Für dieses Gerät wurde Ende 2021 eine vorläufige Verkehrszulassung erteilt, der Erstflug war am 15. Dezember.
Nach den Bauvorschriften für UL-Hubschrauber sind auch Gasturbinen erlaubt. Diese haben grundsätzlich ein viel günstigeres Leistungsgewicht als „Kolbenschüttler“, allerdings erfordert ihr Kraftstoffverbrauch mit mindestens 50 Litern je Stunde einen größeren Tank, also eine höhere Zuladung. Ein weiteres Problem ist die Marktverfügbarkeit von Turbinen mit weniger als 200 PS.
Eigenkreation: Die Firma Konner hat ihre Turbine selbst entwickelt
Die oberitalienische Firma Konner hat deshalb für ihre zwei- und viersitzigen Muster die TK-250 selbst entwickelt, eine moderne FADEC-gesteuerte Turbine. Ihre Maximalleistung von 250 PS reicht für den zweisitzigen K1.
CURTI Aerospace aus dem Raum Bologna verwendet für den Doppelsitzer Zefhir eine Turbine „von der Stange“: die 141 PS starke TS100 des tschechischen Herstellers PBS. Alleinstellungsmerkmal des Zefhir: Über dem Rotorkopf ist ein Fallschirmrettungssystem installiert, das bereits vor vier Jahren erfolgreich getestet wurde. Mit 600 Kilo MTOM gehört der CURTI noch zu den ULs; mit 100 Kilo mehr MTOM soll er bei der EASA zugelassen werden.
Gasturbine: Der Antrieb von Alpi Aviation leistet bis zu 160 PS
Alpi Aviation, ebenfalls aus Italien, setzt für seinen mit Vorläufiger Verkehrszulassung fliegenden Syton AH 130 Gasturbinen des Typs Solar T62 ein. Diese wurden in den fünfziger Jahren hauptsächlich zum Antrieb von Generatoren verwendet und leisten bis zu 160 PS. Auf dem Markt sind preiswerte generalüberholte Exemplare, die eine Laufzeit von bis zu 2000 Stunden haben.
Von UL-Hubschraubern wird erwartet, dass sie sicher und sparsam sind sowie eine angemessene Performance bieten. Außerdem sollen Ausstattung und Zuladung nicht zu spartanisch sein. Und das alles in einem UL-typischen Kostenrahmen. Doch während es ultraleichte Flächenflugzeuge gibt, die für vergleichsweise kleines Geld zu haben sind, sucht man danach im Hubschraubersegment vergebens: Einen in Deutschland zugelassenen Doppelsitzer findet man nicht unter 300 000 Euro netto, und Stundenpreise unter 300 Euro sind unrealistisch.
Die Ausbildung für den UL-Hubschrauber kostet 15 000 Euro
Die Ausbildungsvorschriften für UL-Helipiloten verlangen 60 Stunden Theorie und 40 Stunden Praxis, was Gesamtkosten von mehr als 15 000 Euro ergibt. Im direkten Vergleich zum PPL(H) ist das zwar deutlich weniger, aber wenn man sich später entscheidet, auf „große“ Hubschrauber umzusteigen, war die Investition „für die Tonne“ – UL-Piloten bekommen nichts angerechnet.
Wer nun zu den Nachbarn Frankreich und Italien schaut, wird erst mal von den Ausbildungspreisen begeistert sein, denn die sind um etwa ein Drittel niedriger als in Deutschland. Doch was nützt eine ausländische Lizenz, wenn man damit bei uns nicht fliegen darf?
Für die Ausbildung in Deutschland fehlen zugelassene Typen
Theoretisch kann in Deutschland die Ausbildung zum UL-Hubschrauberpiloten durchgeführt werden. Praktisch mangelt es hierzulande aber an zugelassenen UL-Typen. Außer den beiden mit Musterzulassung fliegenden Typen CoAX 2D und VA115 haben alle anderen zurzeit nur eine Vorläufige Verkehrszulassung. Das schließt Ausbildungsbetrieb mit diesen Mustern aus.
Da der VA115 ein Einsitzer ist, steht also nur der Koaxialhubschrauber CoAX 2D für die Schulung zur Verfügung. Aus dieser Misere folgt, dass es so gut wie keine erfahrenen Fluglehrer für UL-Hubschrauber gibt. Die müssten nämlich als Voraussetzung für ihre Lehrtätigkeit erst mal 150 Flugstunden auf einem zugelassenen ultraleichten Hubschrauber nachweisen. Wenn allerdings in nächster Zukunft die Zweisitzer CoAX 600 und K1 endgültig zugelassen sind, wird das ultraleichte Hubschraubern zwar nicht billiger, aber doch eher möglich.
Hersteller | Muster | Triebwerk / Leistung | Insassen | MTOM | Zulassungsstatus | Preis (netto) |
Alpi Aviation | Syton AH 130 | Solar T62 (Turbine) / 160 PS | 2 | 580 kg | Vorläufige Verkehrszul. | ca. 250 000 € |
CURTI Aerospace | Zefhir | PBS TS100 (Turbine) / 141 PS | 2 | 600–700 kg | angestrebt: italienische UL- und EASA-Zulassung | ca. 550 000 € |
edm aerotec | CoAX 2D | D-Motor LF39 / 128 PS | 2 | 450 kg | Musterzulassung | ca. 320 000 € |
edm aerotec | CoAX 600 | ULPower 390 iS / 160 PS | 2 | 600 kg | Vorläufige Verkehrszul. | ca. 320 000 € |
Konner | K1 | TK-250 (Turbine) / 250 PS | 2 | 600 kg | Vorläufige Verkehrszul. | ca. 320 000 € |
RS Helikopter RotorSchmiede | VA115 | Hirth F23 RS-01 / 50 PS | 1 | 260 kg | Musterzulassung | ca. 100 000 € |
RS Helikopter RotorSchmiede | VA250 | Hirth H 37 / 91 PS | 2 | 550 kg | Vorläufige Verkehrszul. | ca. 150 000 € |
Text & Fotos: Toni Ganzmann (Stand: April 2022)
Toni Ganzmann hat europäische und amerikanische Fluglizenzen für Hubschrauber, Motorflugzeuge und Luftsportgeräte und ist als SPL- und PPL-Fluglehrer (FI) und PPL-Flugprüfer (FE) tätig. Professionelle Flugerfahrung erwarb er bei den Heeresfliegern der deutschen Bundeswehr und beim Offshore-Service in den USA. Für das fliegermagazin ist er als freier Autor tätig.
- UL-Heli
- Ultraleicht
- UL-Hubschrauber
- PPL(H)
- Musterzulassung