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Wasserflugzeuge – kein Problem mit nassen Pisten
Die ultimative Herausforderung für alle Piloten, die genug von befestigten Pisten haben – die Wasserfliegerei. Auch wenn in Deutschland nur an drei Orten möglich, tun sich doch ganz neue Möglichkeiten auf.

Als der Amerikaner Glen Curtiss im Frühjahr 1912 als erster mit seiner „Flying Fisch“ vom Lake Keuka abhob, hatte er nur ein Ziel: Seine Leidenschaft für Wassersport und die Luftfahrt kombinieren und ein fliegendes Sportgerät für die gelangweilte Oberschicht zu entwickeln. Doch wie so oft interessierte sich auch das Militär schnell für seine Erfindung.
In Europa tat man sich indes schwer bei der Entwicklung von Wasserflugzeugen. Das erste Flugboot wurde dort nach mehreren Fehlschlägen bei Wettbewerben für Wasserflugzeuge von dem französischen Ingenieur Drancois Denhaut konstruiert. Voller Zuversicht startet der Apparat im August 1912 in Paris auf der Seine mit dem Ziel London zu erreichen. Dieses Vorhanden scheitert allerdings, das Flugboot wird bei Calais durch ruppigen Wind zur Notlandung gezwungen und versinkt im Meer.
Historie Wasserflugzeug: Von anfänglichen Schwierigkeiten zur ersten Atlantiküberquerung
Ein großes Problem der damaligen Wasserflugzeuge war der mühsame Start aus dem Wasser. Der Curtiss-Designer Emmitt C. Bedell nahm sich dessen an und baute eine Stufe in den Rumpfboden ein, die den Wasserfluss unterbrach. Ausgestattet mit drei Motoren sollte sich die „America“ über den Atlantik nach Europa begeben. Doch dort begann zu jener Zeit der erste Weltkrieg und das Flugboot wurde kurzerhand von der Royal Navy zur Jagd auf deutsche U-Boote eingesetzt. Nach dem ersten Weltkrieg bekam die „America“ dann doch noch ihre lang ersehnte Atlantiküberquerung, bei der von insgesamt drei gestarteten Flugbooten jedoch nur eines in Lissabon ankam.
Das wohl bekannteste Flugboot in Deutschland ist die Dornier Do X. Vom Bodensee aus ging das zwölfmotorige Passagier-Flugboot auf große Atlantik-Fernreise um potentielle Käufer für sich zu gewinnen. Doch als die Do X nach mehreren Startschwierigkeiten und dreimonatiger Verspätung in New York ankam, litt das Land noch unter der vorangegangenen Wirtschaftskrise und es fand sich kein Käufer. Das Projekt trieb die Firma Dornier an Rand des Ruins. Nach mehreren Reparaturen wurde der ewige Prototyp schließlich zerlegt und in ein Museum gebracht.
Flugplätze für Wasserflugzeuge
Eigentlich klingt es simpel: Ein Flugzeug, welches gleichzeitig auch ein Boot ist, kann doch überall landen, oder? Doch wie so oft sieht es in der Praxis anders aus. Oftmals gibt es Naturschutzgebiete, die das Landen auf den Seen verbieten. In Deutschland ist es sogar noch eingeschränkter. Es gibt einige Wasserflächen, die Firmen vorbehalten sind. Private Wasserflugpiloten dürfen nur auf sogenannten Sonderlandeplätzen landen. In Deutschland gibt es aktuell drei Sonderlandeplätze für Wasserflugzeuge: Flensburg-Sonwik, Hubertshöhe und der Sedlitzer See. Aber auch auf diesen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, bevor dort ein Wasserflugzeug landen darf. Am Sedlitzer See beispielsweise muss stets ein Rettungsboot vor Ort und in Betrieb sein.
Auf dem Bodensee, auf dem einst die prachtvolle Dornier Do X gestartet ist, ist Wasserflug heute verboten. Aber warum ist das so? Auf deutschen Gewässern herrscht reger Verkehr, der den Wasserflug einschränkt. Lärmschutz für Anwohner und Naturschutz sind weitere Argumente der Regierung. Andere Länder hingegen sind da liberaler. In Schweden beispielsweise müssen Piloten einzig auf Vogel- und Naturschutzgebiete achten, in denen Wasserflug strengstens untersagt ist. Wer sich nicht an diese Regeln hält, kann mit schweren Strafen rechnen. Abhilfe schaffen Karten, auf denen die verbotenen Gebiete kenntlich gemacht sind. Wer also mit einem Flugboot liebäugelt, sollte sich an einem der drei Sonderlandeplätze in Deutschland befinden und Reisen vorzugsweise in ein Nachbarland, zum Beispiel an die Masurische Seenplatte, planen.
Wasserflugzeug: Welche Lizenz brauche ich?
Die gute Nachricht vorweg: Um ein Wasserflugzeug zu fliegen, bedarf es keinen Bootsführerschein! Jedoch benötigt man das sogenannte „Seaplane Rating“ oder „Flugschein für Wasserflugzeuge“. Dabei handelt es sich um eine Erweiterung der regulären Fluglizenz. Piloten müssen zusätzliche Schulungen absolvieren, die sich auf das Starten, Landen und Manövrieren auf dem Wasser konzentrieren. Diese spezielle Ausbildung stellt sicher, dass Piloten die einzigartigen Herausforderungen des Wasserfliegens sicher bewältigen können.
Es gibt in Deutschland mehrere Flugschulen, die sich auf das Thema Wasserflug spezialisiert haben, Baltic Seaplane ist eine davon. Die Flugschule mit Sitz in Flensburg-Schäferhaus bietet Rundflüge an und veranstaltet Events, um den Menschen die Verknüpfung von Luft- und Wassersport näher zu bringen. Hier können Piloten mit einer auf Schwimmer umgerüsteten Cessna 172 innerhalb von drei bis vier Tagen das Seaplane Rating absolvieren. Die Ausbildung beinhaltet 5 Flugstunden mit insgesamt 20 Wasserlandungen, Theorieunterricht sowie besondere Manöver.
Übungen Seaplane Rating
Eines dieser Manöver ist das Bojenmanöver. Ziel dabei ist es, sich mit dem Wasserflugzeug einer zuvor ins Wasser geworfenen Boje so zu nähern, dass man sie wieder aufnehmen kann. In der Theorie soll man sich der Boje zunächst mit Motorkraft nähern, ehe man den Motor ausstellt, auf den Schwimmer steigt und von dort aus die Boje wieder aufnimmt. In der Praxis muss man Wind, Wellen und Strömung mit einrechnen und den Motor im genau richtigen Zeitpunkt abstellen, sodass man die Boje nicht verfehlt. Gar nicht so einfach!
Weitere Übungen, die das Seaplane Rating ergänzen, sind die schnelle Wasserfahrt ohne zu gleiten, Ziellanden neben einer zuvor ausgesetzten Boje, sowie das Segeln und Steuern auf dem Wasser alleinig mit den Türen des Flugboots. Hat man seine praktische Prüfung abgelegt, ist die Wasserflugberechtigung für zwei Jahre gültig und man kann in dieser Zeit Wasserflugzeuge in Deutschland chartern. Letzteres erfolgt jedoch immer mit einem Safety Pilot an Board.
Welche Wasserflugzeuge gibt es?
Die moderne Ära der Wasserflugzeuge umfasst eine breite Palette von Ultraleicht-Modellen, die eine perfekte Balance zwischen Leichtigkeit, Wendigkeit und Leistungsfähigkeit bieten. Ein herausragendes Beispiel ist die SeaRey, deren erfolgreicher Erstflug einen Meilenstein in der Geschichte der Ultraleichtflugzeuge darstellt. Die SeaRey zeichnet sich vor allem durch ihre Vielseitigkeit aus. Mit ihrem Amphibien-Design kann die SeaRey sowohl auf dem Wasser als auch an Land operieren und eröffnet somit eine Vielzahl von Möglichkeiten für Abenteuer in der Luft und auf dem Wasser.
Weiterhin setzen Modelle wie die Flywhale FW01 und FW02 die Tradition der Ultraleichtflugzeuge fort. Bei der FW01 handelt es sich ebenfalls um ein Amphibienflugzeug mit der Fähigkeit, nahtlos zwischen Wasser und Land zu operieren. Die FW02 setzt neue Maßstäbe in Effizienz, Komfort und Sicherheit und demonstriert die Fortschritte in der Ultraleichtflugzeug-Technologie.
Elektrisierende Zukunft für Wasserflugzeuge?
Eine der jüngsten Entwicklungen im Bereich der Wasserflugzeuge ist der Einsatz von Elektroantrieben als umweltfreundliche und leistungsstarke Alternative zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren. Das neue Elektro-Wasserflugzeug „Noemi“ der Elfly Group ist ein Beispiel für diese innovative Technologie. Mit ihrem emissionsfreien Antrieb und ihrer effizienten Energienutzung eröffnet Noemi neue Perspektiven für nachhaltiges Fliegen über Wasser.
Zusätzlich zu den modernen Konstruktionen zeigen auch Umbauten von bestehenden Flugzeugen die Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit von Wasserflugzeugen. Diese Umbauten ermöglichen es Piloten, ihre Flugzeuge an spezifische Anforderungen anzupassen und so neue Ziele zu erreichen. Insgesamt bieten Wasserflugzeuge die faszinierende Möglichkeit, die Welt zu erkunden und neue Horizonte zu erschließen.
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