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Was ist das für ein Flugzeug? Vom Totalschaden zum echten Hingucker namens Rombach Special

Viele Jahre lagerte der bullige Doppeldecker in einer Schweizer Scheune – bis ein neuer Besitzer ihn wieder aufgebaut und in die Luft gebracht hat.

Von Redaktion
Kunstflug-Bolide: 400 PS und voll symmetrisches Profil - mit dem Rombach Special ist viel mehr möglich, als bloß spazieren zu fliegen. Foto: Patrik Scheidegger

Was ist das? Eine Waco? Oder eine Stearman?« Von Piloten und Zuschauern werde ich das oft gefragt. Die Antwort lautet: »Weder noch.« 

Obwohl mein Doppeldecker den genannten Typen sehr ähnelt, unterscheidet sich der Rombach Special (für Schweizer sind Flugzeuge natürlich männlich) in Auslegung und Einsatzspektrum grundlegend von klassischen Doppeldeckern wie Waco oder Stearman, die in den dreißiger Jahren konzipiert wurden.

Ganz speziell: Rombach Special basiert auf dem Pitts Special

Der Rombach Special basiert konstruktiv auf dem Pitts Special, der als Nachkriegsmuster gilt, wenngleich die erste Version schon 1945 flog. Über mehrere Weiterentwicklungen, unter anderem vom Einsitzer zum Zweisitzer, entstand schließlich der Pitts Model 12, der 1996 seinen Jungfernflug hatte. Typisch für solche im Kunstflug immer noch aktuellen Doppeldecker ist ein vollsymmetrisches Flügelprofil – was zu den Zeiten, als Waco oder Boeing ihre Doppeldecker entwarfen, noch keine Option war. 

Erbauer Andreas Rombach hat zahlreiche Modifikationen vorgenommen. Zu den liebevoll gefertigten Details gehören die von Hand gehämmerten Alu-Hutzen übe den Ventildeckeln.

Im Gegensatz zu den Vorgängern des Model 12 aus dem gleichen Haus, die von vier- oder sechszylindrigen Boxermotoren angetrieben werden, hat der größte und letzte von Curtis Pitts geschaffene Doppeldecker (der Konstrukteur starb 2005) einen Sternmotor, den russischen Wedenejew M-14P. Wie der Rombach Special. 

Rombach Special: Einige Bauteile stammen tatsächlich vom Pitts Model 12

Tatsächlich stammen der Stahlrohrverbund des Rumpfs, die Flosse des Seitenleitwerks und das gesamte Höhenleitwerk vom Pitts Model 12. Geändert wurden unter anderem das Fahrwerk und die Aufnahme der oberen Tragfläche am Rumpf: Ursprünglich war der Baldachin nach oben gespreizt, mit vier Aufnahmepunkten an der Fläche, deren Hälften abnehmbar waren. Beim Rombach Special treffen sich die Baldachinstreben oben hingegen an zwei Punkten in der Mittellinie des Rumpfs, wie bei den kleineren Pitts.

Spenglerarbeit: Die geschwungenen Rahmen der Windschutzscheibe hat der Erbauer nach eigenen Vorstellungen gestaltet.

Außerdem ist die obere Fläche einteilig und entspricht in ihrer Auslegung den kleineren Pitts. Dass die Spannweite gegenüber dem Model 12 um zwei Fuß gewachsen ist, von 6,71 auf 7,32 Meter, liegt nur an den ausladenderen Randbögen. Im Gegensatz zu den optisch ähnlichen Vorkriegsklassikern anderer US-Marken ist das Flugzeug also keineswegs fürs gemütliche Spazierenfliegen oder wie einst für die Ausbildung gedacht, sondern eine reinrassige Aerobatic- und Airshow-Maschine. Für diesen Einsatzzweck liefert der Zehn-Liter-Sternmotor, der vor allem in diversen Suchoi- und Yak-Typen verwendet wird, mit rund 400 PS auch die nötige Power.

Flugzeug-Name Rombach Special kommt vom ursprünglichen Erbauer

Der Name Rombach Special stammt vom ursprünglichen Erbauer Andreas Rombach aus der Ostschweiz. Der erfahrene Flugzeugmechaniker mit Zusatzqualifikationen in den Bereichen Spengler, Holz und Stoff leitet einen Betrieb für Flugzeug-Restaurierung und hat die wunderschöne HB-YNG in rund 6000 Arbeitsstunden für sich selbst gebaut. Sie basiert auf einem Kit des amerikanischen Konstrukteurs und Airshow-Piloten Steve Culp. Weltweit existieren nur fünf oder sechs Culp Special. Von diesem Typ hebt sich Rombachs Version durch zahlreiche Modifikationen und einzigartige Details ab.

So hat der Erbauer dem oberen Flügel einen Kastenholm verpasst, der höhere Kräfte aufnimmt: Weil der »freitragende« Abstand zwischen Flügelstiel und Zwei-Punkt-Baldachin länger ist als beim Model 12 mit seinem Vier-Punkt-Baldachin, muss der obere Flügel bei gleicher Belastung etwas mehr aushalten.

Runde Sache:  Funk und Transponder (Mitte) passen zu den klassischen »Uhren«. Neben den Schaltern und Sicherungen sind Betriebsgrenzen und Power Settings aufgelistet.

Zu den weiteren Unterschieden gehören aufwändiger verkleidete und aerodynamisch verfeinerte Flügelstiele, geschwungene Alu-Rahmen für die Windschutzscheiben sowie eine Motorhaube aus CfK, die mit ihren 18 aus Alu gehämmerten und polierten Zylinderkopfhutzen aussieht wie aus Metall und deren Form im Einlassbereich der Kühlluft geändert wurde. Auch der Rumpfquerschnitt unterscheidet sich, und zwar sowohl am Brandspant als auch weiter hinten, wo außerhalb des Stahlrohrgerüsts aufgesetzte Halbrippen und Gurte aus Holz formgebend sind. 

2007 hat er Erstflug des Rombach Special stattgefunden

Der Erstflug des Rombach Special fand 2007 statt. Während der Erprobung blieb in der sechzehnten Flugstunde der Motor stehen, sodass Andreas auf einem Acker notlanden musste. Das Flugzeug überschlug sich und wurde schwer beschädigt. Als Totalschaden abgeschrieben schlummerte es dann sieben Jahre in einer Scheune auf einem Bauernhof in der Nähe des Flugplatzes Langenthal.

Zufällig stieß ich im Jahr 2014 auf die HB-YNG, ein sprichwörtlicher Scheunenfund. Als Doppeldeckerfan und -pilot (Pitts, Christen Eagle, Bücker und andere) war ich sofort begeistert – Andreas hat ein handwerkliches Kunstwerk geschaffen, ein Traumflugzeug! 

Wiederaufbau der Rombach special dauert rund fünf Jahre

Der Wiederaufbau in meiner Freizeit zu Hause dauerte fünf Jahre, eine sehr intensive, spannende und lehrreiche Zeit. Allein die Instandsetzung des oberen Flügels brauchte zwei Jahre. Die Holme waren viermal gebrochen, und nur eine einzige Rippe war noch intakt. In den vorderen und den hinteren Holm mussten vier zirka 0,7 Meter lange Stücke eingeschäftet werden. Hier kam mir die Erfahrung zu Gute, die ich mir vor 20 Jahren beim Bau des Holzflugzeugs Volksplane VP-1 aneignen konnte. 

Der Rumpf ist neu bespannt. Vor dem Brandschott sitzt der Druckluftbehälter zum Anlassen des Motors – 55 bar reichen für maximal drei Startversuche.

Eine große Herausforderung war das Handling des oberen Flügels, der nicht teilbar ist und rund 100 Kilo wiegt. Er passte knapp diagonal in meinen Hobbyraum. Damit dieses schwere Teil während der Arbeiten bewegt und gedreht werden konnte, habe ich zwei große Räder mit 2,2 Meter Durchmesser gebaut und den Flügel darin montiert. Diese Hilfseinrichtung hat sich dann auch bestens beim Lackieren bewährt.

Wiederaufbau der Rombach Special findet unter Aufsicht der EAS statt

Neben den Holzarbeiten mussten viele Verkleidungsbleche neu angefertigt werden. Das Rumpfheck und das Leitwerk aus Stahlrohren sind komplett neu. Der ganze Wiederaufbau fand unter der Aufsicht der EAS (Experimental Aviation of Switzerland) statt, die mit der deutschen Selbstbauerorganisation OUV vergleichbar ist. Um so ein Projekt umzusetzen, braucht es viele gute Freunde – wer kann schon alles selber machen. So musste ich für die Schweißarbeiten am Rumpf einen Speziallisten mit entsprechender Lizenz finden.

Hier und auch bei anderen Arbeiten stand mir EAS-Bauberater Samuel Gautschi mit Rat und Tat zur Seite – ein großes Glück. Vor einigen Jahren hatte er zusammen mit seinem Vater einen bildschönen Doppeldecker des Typs Hatz CB1 gebaut.

Bis zum Sommer 2019 erfolgten alle Testflüge für die Experimental-Zulassung

Meine Arbeitsstunden habe ich nicht gezählt. Es waren sicher über 3000, bis der Flieger wieder fertig lackiert zur Abnahme kam. Im Februar 2019 machte ich dann den zweiten Erstflug der HB-YNG. Seitdem hat sich der Rombach Special in über 140 Flügen rund 60 Stunden bestens bewährt. In den Flugeigenschaften ähnelt er sehr dem einsitzigen Pitts S1-T mit 200 PS. Bis Sommer 2019 kamen sämtliche Testflüge für die endgültige Zulassung in der Experimental-Kategorie zustande, einschließlich Akro-Zulassung mit allen Trudeltests. 

Im Rahmen der schweizerischen Zulassung als Experimental hatte Andreas Rombach den Doppeldecker seinerzeit für +6/–3 g berechnen und testen lassen, wenngleich Konstrukteur Steve Culp die Flügel auf +/–17 g gerechnet hatte. Doch +6/–3 g genügen in der Praxis vollauf: Dank der hohen Power des M-14P können im Kunstflug die Radien sehr groß und deshalb mit geringer g-Last geflogen werden. Auch durch das vollsymmetrische Profil treten zum Beispiel bei einem Negativ-Loop lediglich –3 g auf.

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Meine anfängliche Skepsis, was die g-Reserven bei meiner Zulassung betrifft, hat Steve entkräftet. Er schrieb mir: »Die Kunstflug-Performance von Doppeldeckern ist bei 5 bis 6 g am besten. Ab ungefähr 5 g verliert man Vertikalleistung. Kunden und Aerobatic-Schülern sage ich immer: ›Geh auf 3500 Fuß und wähle eine gute Eingangsgeschwindigkeit für einen Hammerhead. Dann ziehst Du 1 g und schaust, wie hoch Du kommst. Wiederhol das mit 2, 3, 4, 5 g und so weiter. Um die 5 g herum nimmt der Höhengewinn wieder ab. Warum also Flugzeug und Pilot unnötig belasten?‹«

Auch mit einem Lastlimit von +6/–3 g kann der Rombach Spe-
cial uneingeschränkt betrieben werden. Vorgesehen ist vor allem der Einsatz im Kunstflugtraining, aber auch bei Airshow-Auftritten wird die Maschine zu sehen sein. 

Text: Matthias Glutz

Fotos: Patrik Scheidegger, Andreas Rombach, Gil Schneeberger

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