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Super Connie: Lockheed L-049 Constellation
Sie sei das schönste Flugzeug der Welt, sagen ihre Fans. Dass sie das eleganteste ist, dürften nur wenige bestreiten. Bei der »Connie« scheint die Ästhetik in der Verkehrsluftfahrt einen letzten Sieg über kommerzielle Erwägungen errungen zu haben.
Auf den internationalen Flughäfen der fünfziger Jahre geht es noch vergleichsweise gemütlich und kultiviert zu. Jetliner gibt’s noch nicht, und eine Flugreise ist noch etwas wirklich Besonderes. Die Connie, so der Kosename für die Lockheed L-049 Constellation, steht mit ihrer Exklusivität wie kein anderer Flugzeugtyp für diese Zeit. Dabei betrat sie mitten im Zweiten Weltkrieg die Bühne.
Howard Hughes, Mehrheitseigentümer der Fluggesellschaft Transcontinental and Western Air (TWA), erteilt im Sommer 1939 Lockheed in Burbank, Kalifornien, einen geheimen Entwicklungsauftrag. Er will ein viermotoriges, 40-sitziges Verkehrsflugzeug mit Druckkabine, das nonstop 5500 Kilometer weit fliegen kann. Er will es exklusiv für zwei Jahre, ehe die Konkurrenz nachziehen darf. Gut, dass Lockheed bereits Pläne für ein Flugzeug in der Schublade hat, das als Inspirationsquelle dient. Typenbezeichnung: Model 44 Excalibur.
Lockheed L-049 Constellation hat ein unverwechselbares Design
Lockheeds legendärer Chef-Konstrukteur Clarence »Kelly« Johnson hat maßgeblichen Anteil am unverwechselbaren Design der Constellation – etwa die drei Seitenleitwerke. Man wünscht sich, dass es ausnahmsweise mal umgekehrt ist, doch auch hier gilt: »form follows function« – für ein einziges großes Seitenleitwerk hätte die Höhe der damals verfügbaren Hangars nicht ausgereicht.
Mit dem delfinschlanken Rumpf, hinten leicht nach oben geschwungen, verhält es sich nicht anders, denn es ging lediglich darum, das Leitwerk über den Propwash zu lupfen. Interessant ist auch die ungeteilte Tragfläche, die fast vollständig der Lockheed P-38 Lightning entliehen ist – nur viel größer. All das zusammen verschafft schon der ersten Connie-Baureihe Speed und Eleganz.
Wann war der Erstflug der Lockheed P-38 Lightning?
Mitten im Krieg, am 9. Januar 1943, fliegt die Maschine in olivgrüner USAAF-Lackierung zum erstenmal: als Militärtransporter mit der Typenbezeichnung C-69. Die Army bestellt nach, streicht dann den Auftrag aber deutlich zusammen. Bei Lockheed sind 1945 noch 50 Militär-Connies in Bau. Sie werden umgerüstet und verlassen zivilisiert das Werk, ebenso wie zurückgekaufte C-69. Die Zulassung für den Zivilverkehr erfolgt im Dezember 1945. Erstkunden des nun L-049 genannten Musters sind TWA und Pan American World Airways (PAA).
Jetzt, mit dem Aufschwung der Zivilluftfahrt, nimmt der Connie-Mythos Fahrt auf. In kurzen Abständen baut Lockheed das Konzept aus und verfeinert es. Dabei zeigt sich, wie viel Potenzial in ihm steckt. Etliche Rekordflüge untermauern das. Doch es ist nicht Howard Hughes’ rot-weiße TWA, die den Linienflugverkehr mit der Connie aufnimmt, sondern der Konkurrent aus New York, die blau-weiße PanAm mit ihrer L-049-Flotte.
»Beste Dreimot der Welt«
Am 3. Februar 1946 fliegt PAA die Strecke New York–Bermuda. Es dürfte eine Genugtung für PanAm-Boss Juan Trippe gewesen sein, den exzentrischen Texaner Hughes einmal abgehängt zu haben. Ein paar Tage später nur, am 5. Februar, brummt die TWA »Star of Paris« im regulären Flugverkehr von New York nach Paris, wenn auch mit Zwischenstopps zum Nachtanken. Bald kommen andere attraktive Ziele für die L-049 in Europa und weltweit hinzu. Die britische BOAC schwirrt sogar bis Australien – in 60 Stunden.
Im Oktober 1946 fliegt die verbesserte L-649 mit verstärktem Fahrwerk und mehr Passagieren. Nicht mal ein Jahr später, im März 1947, hat die komfortablere L-769 schon größere Tanks in den Außenflächen, was die Reichweite auf 6400 Kilometer erhöht. Doch Douglas, mit seiner erfolgreichen DC-6B, zwingt Lockheed weiter nach vorn. So wird das nächste Kapitel in der Connie-Story im Oktober 1950 aufgeschlagen: mit der L-1049 Super Constellation.
Dieses Muster gerät zum erfolgreichsten Mitglied der Familie. Der Prototyp entsteht aus einer betagten C-69. Ihr Rumpf wird um 5,6 Meter verlängert und bietet Platz für 109 Passagiere. Von der L-1049 entstehen 579 Stück, einschließlich ihrer militärischen Varianten. Am 1. April 1955 wird eine L-1049G (mit Tiptanks) die erste im Nachkriegsdeutschland zum Verkehr zugelassene Viermot. Es ist die D-ALAK, die vier Jahre später beim Anflug auf Rio de Janeiro verloren geht.
Jets lassen die Propliner alt aussehen
Zu ihrem wenig schmeichelhaften Beinamen »beste Dreimot der Welt« verhilft der Super Connie die aufgepeppte Version des 18-zylindrigen Curtiss-Wright R-3350 Doppelsterns: Ab der L-1049C sind die Triebwerke mit je drei Abgasturbinen versehen, was zwar die Leistung von 2800 auf 3250 PS steigert, die Störanfälligkeit dieser Turbo-Compound-Version (TC) aber erhöht. Die Lufthansa zählt genau nach und kommt auf eine erschütternde Bilanz: Einer der vier Motoren fällt bei fast jedem dritten Langstreckenflug aus! In der Nacht können die Passagiere den langen Flammenschweif der Turbolader bewundern.
Als letzter Höhepunkt der Kolbenmotor-Ära in der Verkehrsluftfahrt gilt die L-1649A Starliner, die im Oktober 1956 fliegt, von Howard Hughes gegen alle Widerstände durchgestemmt. Eine neue Tragfläche kann noch mehr Sprit bunkern. Damit sind erstmals interkontinentale Nonstop-Flüge möglich.
Vom Starliner werden lediglich 44 Stück gebaut. Jets sind bereits schneller und wirtschaftlicher. Vier L-1649A gehen an die Lufthansa, die den Luxusflieger Super Star nennt. Der Starliner ist das größte und luxuriöseste Muster der famosen Constellation-Familie. In den späten fünfziger Jahren lässt es sich kaum angenehmer luftreisen.
Connie bleibt bis Ende der 60er-Jahre im Passagierdienst
Doch das Ende dieser Ära ist bereits eingeleitet. Die britische Comet, die amerikanische Boeing 707 und die französische Caravelle lassen sämtliche Propliner mit einem Mal antiquiert aussehen. Der Wechsel trifft die prestigeträchtigen Überseerouten als erstes. Angesichts des Geschwindigkeitsvorsprungs der Jetliner helfen auch Charme und Anmutung der Connie nichts. Bis Ende der sechziger Jahre bleibt sie im Passagierdienst. Es folgt das Altenteil im Frachtgeschäft.
Lufthansa will drei Flugzeuge restaurieren
Bis zum Produktionsende im Jahr 1958 wurden insgesamt 856 Exemplare der drei großen Connie-Varianten gebaut. Davon gingen 352 Stück ans Militär, dessen Aufträge Lockheed Ende der vierziger Jahre gerettet hatten. Kaum gegroundet, erhebt sich die Connie zur Ikone ihrer Epoche, und so leistet sich die Lufthansa, stets stolz auf ihre Connies, ein ehrgeiziges Restaurierungsprojekt. Im Jahr 2007 erwirbt die Deutsche Lufthansa Berlin-Stiftung (DLBS) drei fluguntaugliche Relikte der Baureihe L-1649A mit dem Ziel, eine davon wieder für den Luftverkehr zuzulassen – man will Nostalgie-liebende Passagiere bedienen.
Die brauchbarste der drei ist die Werknummer 1018, eine ehemalige TWA-Maschine, Baujahr 1957. In einem eigens dafür errichteten Hangar auf dem Flughafen von Auburn, Maine, an der US-Ostküste wird ein volles Jahrzehnt an dem Starliner gearbeitet. Rund 200 Leute – in Auburn und an den Lufthansa-Technik-Standorten Hamburg und Frankfurt – sind mit dem Projekt beschäftigt, als es voll in Gang ist. Was da entsteht, sieht piekfein aus. Die Projektleitung ist inzwischen an die gemeinnützige Lufthansa Super Star GmbH (LSSG) übergegangen. Zuletzt heißt es, die Maschine sei zu 85 Prozent fertig, nur noch ein Jahr werde es bis zur Fertigstellung dauern.
Die Vollbremsung kommt im März 2018, die Meldung vom Abbruch der Restaurierung schockt die Connie-Fangemeinde. Doch die Lufthansa hat sich entschieden. Das Projekt soll zwar beendet werden, aber von Flugbetrieb ist keine Rede mehr. Eine fliegende Super Star – was für eine luftfahrthistorische Bereicherung wäre das gewesen!
Buchtipp: Königin der Lüfte – Lockheed Constellation
Eine »Liebeserklärung an CONNIE« – in seinem Vorwort gibt Airliner-Fachbuchautor Wolfgang Borgmann ein Versprechen. Er hat es eingelöst. »Königin der Lüfte – Lockheed Constellation« ist kenntnisreich geschrieben, reichhaltig illustriert, sorgfältig ediert und hochwertig gedruckt. Die inhaltliche Substanz basiert auf Informationsdichte, Anekdoten und Querverweisen zu Entstehung und Flugbetrieb dieses ikonischen Propliners. Ein prächtiges Standardwerk zum Thema.
Wolfgang Borgmann, Königin der Lüfte – Lockheed Constellation, Motorbuch Verlag, 176 Seiten,
182 Abbildungen, ISBN: 978-3-613-04035-9, 29,90 Euro.
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