Unfallakte

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Spritmangel im Abflug: Robin DR 400 in Österreich

Nach einem Wochenende in Österreich geht’s zurück zum Heimatplatz. Der Hinflug mit der vollgetankten Maschine dauerte nur 35 Minuten – Probleme mit der Treibstoffmenge sollte es für den Rückflug eigentlich nicht geben

Von Redaktion

Autofahrer kennen das Phänomen: Gefühlt hat man eben erst getankt, und schon blinkt die Benzinleuchte wieder auf. Für Piloten sind leere Tanks aber nicht nur ärgerlich, sondern lebensgefährlich. Selbst wenn die Maschine seit dem letzten Tanken kaum bewegt wurde, darf man keinesfalls darauf verzichten, den Kraftstoffstand vor dem Flug zu kontrollieren. Dass sich der Sprit aber irgendwo zwischen Zapfsäule und Startbahn in Luft auflösen könnte – damit rechnet wohl kaum jemand. Ebenso unwahrscheinlich wie mysteriös ist das, was am 7. Juni 2007 auf dem österreichischen Flugplatz Gmunden-Laakirchen passiert. Der Pilot einer Robin DR 400 will an diesem Tag mit seiner Frau zu einem privaten VFR-Flug starten.

Zwei Tage zuvor waren beide vom Verkehrslandeplatz Vilshofen in Bayern nach Oberösterreich geflogen. Der Trip dauerte nur 35 Minuten. Vor dem Start in Deutschland hatte der Pilot Haupt- und Zusatztank der Robin randvoll gemacht. In Gmunden hatte das Ehepaar die Robin dann nach der Landung auf einer Wiese abgestellt. Am Morgen des 7. Juni machen sie den Tiefdecker startklar. Um 9.44 Uhr steht die Robin auf der Asphaltpiste 08 und beschleunigt. Ein Zeuge sagt später aus, der Motor habe bereits zu diesem Zeitpunkt gestottert. Davon bemerken die Insassen aber offenbar nichts; nach knapp 200 Metern hebt der Tiefdecker ab und geht in den Steigflug Richtung Osten. Nur Sekunden später bleibt das Lycoming-Triebwerk stehen, und die Robin geht in den Sinkflug über.

Robin DR400: Flug von Vilshofen nach Gmunden-Laakirchen

In niedriger Höhe überfliegt die Maschine eine etwa zehn Meter tiefe und 50 Meter breite Geländesenke, in der eine Hochspannungsleitung verläuft. Hinter der Senke setzt die Robin in ansteigendem Gelände hart auf einer Wiese auf. Hauptfahrwerk und Bugrad reißen vom Rumpf ab, die Maschine rutscht anschließend zwölf Meter übers Gras und bleibt liegen. Die Insassen überleben den Crash mit schweren Verletzungen, am Flugzeug entsteht erheblicher Sachschaden. Bei den Ermittlungen zur Unfallursache stoßen die Experten der österreichischen Untersuchungsstelle des Bundes auf Widersprüche bei den Spuren am Wrack im Vergleich zu den Aussagen des Piloten. Während dieser zu Protokoll gibt, er sei mit fast vollen Tanks gestartet, finden sich im Haupttank des Wracks lediglich vier Liter Kraftstoff – und das, obwohl der Tank durch den Aufprall nicht beschädigt wurde.

Nicht weit gekommen: Der Rückflug nach Deutschland endet für die Robin bereits kurz nach dem Start (Foto: SUB)

Der Tankwahlschalter ist übereinstimmend mit der Aussage des Piloten auf „Haupttank“ gerastet, der Benzinhahn steht in der Position „auf“. In der Benzinleitung zum Vergaser finden die Unfallermittler aber keinen Sprit. Der Zusatztank, der 50 Liter Treibstoff fasst und noch dreiviertelvoll ist, hat ein Leck, das offenbar beim Aufprall entstanden ist. Widersprüchlich sind die Aussagen des Piloten und die Untersuchungsergebnisse auch in Bezug auf die Tankanzeige: Der 64-Jährige gibt an, vor dem Start den Treibstoffstand des Haupttanks überprüft zu haben; wie erwartet sei dieser durch den Verbrauch beim vorangegangenen Flug von Vilshofen nach Gmunden noch dreiviertelvoll gewesen. Im Wrack jedoch steht die Anzeige – die bei diesem Muster als besonders zuverlässig gilt – für den Haupttank auf leer. Treibstoffanzeige und die Warnleuchte, die einen geringen Spritvorrat anzeigt, funktionieren einwandfrei. Eine einfache Sichtprüfung durch einen Blick in den Haupttank ist bei der DR400 konstruktiv nicht möglich.

Widersprüche zwischen Piloten-Aussage und Untersuchungsergebnissen

Auch bei den folgenden Untersuchungen am Treibstoffsystem und am Triebwerk finden sich keine Anhaltspunkte für die Unfallursache: Die Treibstoffleitungen von den Tanks zum Triebwerk sind frei, der Grobfilter des Haupttanks und der Filter der Treibstoffzuleitung sind sauber. Am Triebwerk sind keine Mängel feststellbar. Lediglich an der Unterseite der Treibstoffpumpe entdecken die Unfall-ermittler an der Zuleitung eine etwa ein bis zwei Millimeter breite Öffnung. Dieses Leck, so der Abschlussbericht, sei aber erst durch die harte Landung entstanden. Zwar hätte hier Treibstoff austreten können, an der Unfallstelle waren jedoch unterhalb der Öffnung keine Treibstoffrückstände im Boden nachweisbar.

Flugplatz Gmunden- Laakirchen: Nach einem Motorausfall bleiben dem Piloten immerhin ein paar Optionen (Foto: SUB)

Ein möglicher Hinweis auf den Verbleib des auf mysteriöse Weise verschwundenen Benzins kommt indes von ganz anderer Seite: Mehrere Mitglieder des örtlichen Sportfliegerclubs sagen aus, in den vergangenen Jahren sei mehrfach Treibstoff aus Flugzeugen gestohlen worden, die in dem Bereich abgestellt worden waren, wo auch die DR 400 zwei Tage geparkt hatte. Die Robin war in diesen zwei Tagen für jedermann frei zugänglich, und unterhalb der Stelle, an der das vordere Treibstoffablassventil gewesen sein muss, ist die Grasnarbe verfärbt. Dies könnte von einer größeren Menge Flugbenzin stammen, das hier möglicherweise beim Anzapfen des Tanks im Boden versickert ist. Doch ob der Treibstoff tatsächlich aus dem Haupttank des Tiefdeckers gestohlen wurde, konnten die Unfallermittler nicht mit letzter Sicherheit feststellen.

Text: Samuel Pichlmaier, fliegermagazin 2/2011

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