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Schlechtwetter-Einflug eines ULs: Absturz einer C42
Ein UL wird vom Wetter überrascht, der Pilot versucht, den Regenwolken auszuweichen. Dann trifft er eine fatale Entscheidung
Am 11. September des vergangenen Jahres ist am hessischen Flugplatz Gießen-Lützellinden gegen Mittag noch nichts von einem Wetterextrem zu sehen. Ein UL-Pilot will mit seinem Fluglehrer ins rheinland-pfälzische Pirmasens fliegen. Gegen 12 Uhr machen sie ihre Comco Ikarus C42 C startklar. Der Hochdecker hebt um Viertel nach zwölf in Lützellinden ab und nimmt Kurs in Richtung Südwesten. Knapp eineinhalb Stunden später landet die Maschine ohne Probleme in Pirmasens. Dort machen Pilot und Fluglehrer eine Pause von etwa 30 Minuten, dann rollt die C42 wieder zur Piste, um zwei Stunden nach dem Start, um 14.15 Uhr, den Rückflug anzutreten.
Doch in der Zwischenzeit haben sich die Bedingungen für einen Sichtflug deutlich verschlechtert. Eine ausgedehnte, von Norden anrückende Front, die bereits gegen Mittag auf dem Wetterradar zu sehen war, hat sich nun weit nach Süden ausgebreitet. Zunächst verlässt das UL die Platzrunde nach Nordosten und steigt auf eine Reiseflughöhe zwischen 2300 und 2500 Fuß AMSL. Aber nach wenigen Minuten wird der Crew klar, dass man in dieser Richtung nicht weit kommen wird. Um 14.17 Uhr dreht die Maschine zunächst nach Osten ab. Doch auch hier sind die Aussichten kaum besser: Eine dunkle Wand versperrt den Weg, kein Durchkommen.
UL-Zweisitzer: Die C42 C gilt als gutmütiger Allrounder
Nur zwei Minuten später dreht der Pilot erneut ab, diesmal Richtung Südosten. Offenbar will er eine bekannte Ausweichroute nehmen: das Rheintal. Und tatsächlich ergibt die spätere Analyse des Wetterradars zu diesem Zeitpunkt über der breiten Ebene zwischen Pfälzer Wald und Odenwald eine – zumindest in weiten Teilen – regenfreie Schneise Richtung Norden. Westlich des Rheins aber reicht die Wetterfront inzwischen so weit in den Süden, dass die UL-Crew in einem großen Bogen ausweichen müsste, um die Ausläufer des Unwetters hinter sich zu lassen. Der Umweg würde sie über die Grenze nach Frankreich bringen.
Die UL-Piloten entscheiden sich dagegen und für die kürzere, aber deutlich riskantere Variante: Richtung Südosten, entlang der sich nach Süden weiter ausdehnenden Front. Doch die C42 kann den schwarzen Wolken auf diesem Weg nicht entkommen, schlimmer noch: Das UL manövriert sich regelrecht in die Wetterfalle. Um 14.30 Uhr fällt vermutlich die folgenreiche Entscheidung, in der Not auf einem kleinen Flugplatz zu landen, um dem Wetter zu entgehen. Erneut ändert der Pilot den Kurs, diesmal in östliche Richtung. Er steuert den nahe gelegenen Grasplatz Schweighofen an und geht in den Sinkflug.
Um 14.36 Uhr schwebt die C42 aus dem Gegenanflug auf die Schwelle der Piste 26 zu. Direkt über dem Endteil des Anflugs aber hängen tiefschwarze Wolken, in die das UL eintaucht. Starkregen und Böen setzen dem bespannten Luftsportgerät offenbar so schwer zu, dass einer der Insassen das Rettungssystem aktiviert. Augenblicke später enden die Radaraufzeichnungen. Nach einer Zeugenaussage stürzt die Maschine nahezu senkrecht zu Boden. Der Fallschirm kann den zweifachen Aufschlag auf einem Acker nicht mehr wirksam abbremsen. Beide Insassen kommen durch ihre schweren Verletzungen ums Leben. Die Maschine fängt Feuer und brennt fast vollständig aus.
Kurz vor dem Flugplatz Schweighofen: Bruchlandung mit Rückenwind
Bei den Ermittlungen am Unfallort stellen die Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) fest, dass der Rumpftank schon beim ersten Aufschlag explodiert sein musste, da entsprechende Brandspuren zu finden sind. Bei dem Brand war der Rumpfrücken des ULs durch die enorme Hitzeentwicklung geschmolzen – trotz Starkregens.
Die Ermittler gehen davon aus, dass das Fahrwerk beim nahezu waagerechten Aufschlag der Maschine in den Rumpf hineingedrückt worden war und dabei den Tank durchschlagen hatte, der sich daraufhin entzündete. Die Lage des Fallschirms in Flugrichtung vor dem Wrack lässt außerdem darauf schließen, dass die Maschine mit Rückenwind angeflogen war. Ein Grund für das Auslösen des Rettungsgeräts war möglicherweise Orientierungslosigkeit der Piloten in Kombination mit dem enormen Starkregen und den Böen, die das UL durchschüttelten.
Ob diese extremen Bedingungen die Entfaltung des Schirms beeinträchtigt haben, bleibt unklar. Gleichwohl ist anzunehmen, so die BFU-Ermittler, dass die Höhe beim Auslösen des Gesamtrettungssystems für eine vollständige Entfaltung des Schirms zu gering war, wahrscheinlich unter 80 Meter, vermutlich sogar kaum mehr als 50 Meter. Die Aufprallenergie konnte dadurch nicht entscheidend verringert werden.
Text: Samuel Pichlmaier, fliegermagazin 4/2015
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