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Recht: Werbeflüge und Gewerblichkeit
Um neue Mitglieder zu gewinnen, locken Vereine gerne mit Schnupperflügen. Denn sie freuen sich, wenn die Gäste auch gleich eine Flugausbildung beginnen. Doch handelt es sich bei solchen Gratistrips nicht bereits um gewerbliche Beförderung?
Schnupperflüge und Wettbewerb
Frage an Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler:
Wir bilden in unserem Luftsport-Verein Piloten aus. Mit Hilfe von Schnupperflügen versuchen wir neue Mitglieder und Interessenten für die Flugausbildung zu gewinnen. Dabei übernehmen in wechselnder Reihenfolge unsere Lehrer den Trip. Wir gestalten die Flüge so, dass dem Gast bereits technische Details der Maschine und Einzelheiten zur Luftraumstruktur und Navigation nähergebracht werden. Kein reiner Kaffeeflug mit Sightseeing also.
Mit Schnupperflügen neue Interessenten für die Flugausbildung gewinnen
Schwerpunkt aus unserer Sicht ist, das Interesse am Fliegen zu wecken, damit wir ein neues Mitglied gewinnen, das mit der Ausbildung beginnt. Nachdem wir dafür auch werben, haben wir nun Bedenken, ob wir hier nicht in Schwierigkeiten kommen können, wenn beispielsweise ein Luftfahrtunternehmen gegen uns vorgehen will. Wie dünn ist das Eis, auf dem wir uns bewegen?
Dr. Roland Winklers Antwort zum Thema Werbeflüge und Gewerblichkeit:
Nicht so dünn, wie Sie befürchten. Auch wenn in der Rechtssprechung manchmal vieles unklar ist – eines wurde höchstrichterlich, hier durch den Bundesgerichtshof (BGH), geregelt: Bei einem Schnupperflug kommt kein Beförderungsvertrag zustande, der Piloten oder gar den Verein zum Luftfrachtführer macht (inklusive Haftung nach dem LuftVG). Genau betrachtet fehlt es schon am Zustandekommen eines Vertrags.
Wer einen Schnupperflug ausmacht, hat keinen Anspruch auf Durchführung
Wer aufgrund von Werbung bei einem Verein anruft und einen Termin für den Schnupperflug ausmacht, hat keinen Anspruch darauf, dass dieser auch durchgeführt wird. Durch solch eine Gefälligkeit werden keine gegenseitigen Rechte und Pflichten begründet. Allen Beteiligten ist klar: Kommt etwas dazwischen, fällt der Flug eben aus. So hatte es das Oberlandesgericht München bereits in einem Urteil vom 21. Dezember 1989 gesehen und entschieden.
Allerdings gab es auch eine andere Entscheidung des BGH: Gewährt ein Luftsport-Verein durch Vereinsbeschluss seinen Mitgliedern die Möglichkeit, sich in seinen Flugzeugen zu privaten Zwecken als Gast befördern zu lassen, kann unter Umständen der Luftfrachtführer für die Schädigung eines Clubmitglieds auf einem solchen Flug verantwortlich sein.
Zum Thema Schnupperflug liegt jedoch eine ganz neue Entscheidung vom März 2005 vor: Ob ein Beförderungsvertrag vorliegt, so das Gericht, hängt insbesondere von der Interessenlage des Fluges ab, insbesondere jener des Gastes.
Ein Beförderungsvertrag ist nur dann gegeben, wenn der Insasse auch wirklich in der Luft befördert werden möchte
Das Gericht schreibt ausdrücklich, dass ein Beförderungsvertrag im Sinne der Paragraphen 44 ff. LuftVG nur dann gegeben ist, wenn das Interesse des Insassen hauptsächlich darin bestand, in der Luft befördert zu werden. Sei es, um von A nach B zu gelangen, oder – wie bei einem Rundflug – auch nur, um in die Luft zu kommen, weil er etwa den besonderen Ausblick genießen möchte. Nur dann begebe sich der Gast in die Obhut des Luftfrachtführers, der es wiederum als seine vertragliche Aufgabe ansehe, voll und ganz für die technische Bewältigung des Fluges Sorge zu tragen.
Doch zurück zu dem Fall, der der aktuellen Entscheidung zu Grunde liegt. Ein aktiver Drachenflieger wollte die flugtechnischen Aspekte eines Leichtflugzeugs kennen lernen, eine neue luftsportliche Erfahrung, die vielleicht zu einer Ausbildung auf diesem Fluggerät geführt hätte. Er saß auch auf dem Platz, der gewöhnlich dem Piloten beziehungsweise dem Flugschüler vorbehalten ist. Aus dieser Neugier auf eine eventuelle Schulung schloss das Gericht, dass die eigentliche Beförderungsleistung in den Hintergrund trat. Solche Schnupperflüge können natürlich nur mit einem Fluglehrer durchgeführt werden.
Für einen Schnupperflug muss kein Medical des Interessenten vorliegen
Insoweit ist auch eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen interessant: Die Behörde empfahl den Landesluftfahrtbehörden, bei Durchführung eines Schnupperkurses ohne Medical von einem Verfahren wegen Ordnungswidrigkeit abzusehen. Und eine große Versicherungsgesellschaft hat in diesem Zusammenhang durchblicken lassen, nichts einzuwenden, wenn im Schulungsbetrieb Schnupperkurse zur Segelflugausbildung abgehalten werden, ohne dass vor Beginn des Trainings ein Medical vorliegt.
Auch das eingangs erwähnte, möglicherweise konkurrierende Luftfahrtunternehmen hat schlechte Karten: Da keine Beförderung im Spiel ist, kann Paragraph 20 LuftVG (Genehmigungspflicht für Luftfahrtunternehmen) nicht davon betroffen sein. Es wird keine einstweilige Verfügung ergehen.
(aus fliegermagazin 04/2006)
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