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Recht: Was darf die Luftaufsicht?

Kurz vor einem Übungsflug mit Lehrer verbietet der Türmer den Start der beiden Piloten mit Hinweis auf die 90-Tage-Regel. Darf er das überhaupt?

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Luftaufsicht:

Vor Kurzem wollte ich als Fluglehrer mit einem Piloten von unserem Heimatplatz zu einem Übungsflug starten. Sowohl der Pilot als auch ich hatten gültige Lizenzen und die nötigen Berechtigungen. Die Luftaufsicht fragte uns, ob beide Piloten drei Starts auf Zwei-Tonnen-Flugzeugen in den letzten 90 Tagen durchgeführt hätten. Ich verneinte und sagte, dass die 90-Tage-Regel bei uns nicht zutreffe, da wir beide keine Passagiere seien. Die Infostelle verbot uns daraufhin den Start eben genau mit Hinweis auf die 90-Tage-Regel. Für uns beide war damit ein finanzieller und zeitlicher Nachteil verbunden. Meine Frage ist nun: War das Startverbot berechtigt? Aus meiner Sicht ist der Terminus „Passagier“ weder fachlich noch juristisch anders interpretierbar als „nicht an der Flugvorbereitung Beteiligter“.

Im Falle eines „Übungsflugs mit Lehrer“ ist doch vom Begriff her klar, dass beide Piloten eine Funktion haben und somit keiner ein Passagier ist. Die Luftaufsicht legte mir anschließend eine Rechtsauffassung des Luftfahrtbundesamts zur 90-Tage-Regel vor, darin war der beschriebene Fall aber nicht behandelt. Allerdings fand ich dort eine sehr fragwürdige Auffassung: Wenn ein Flug mit Fluglehrer absolviert wurde, so zählt dieser im Sinne der 90-Tage-Regel nicht. Ich vermag das nicht aus dem Gesetz herauszulesen.

Dr. Roland Winkler antwortete

Mit der Problematik des § 122 LuftPersV haben wir uns zuletzt in fliegermagazin 7/09 und 12/09 befasst. Grundsätzlich müssen wir beachten, dass es bei einem einmotorigen Luftfahrzeug keine Crew und damit auch keinen Copiloten gibt, sondern nur einen PIC. Normalerweise sitzt der PIC links, es ist aber auch möglich, dass der Halter den rechten vorderen Sitz zum PIC-Sitz bestimmt, auf dem dann der Fluglehrer Platz nimmt. In diesem Fall ist allerdings ausschließlich der Fluglehrer PIC, der links Sitzende ist zunächst einmal Fluggast. Aus Ihrer Schilderung ist für mich nicht ersichtlich, dass Sie als Fluglehrer, der immerhin einen Übungsflug abnehmen will, die 90-Tage-Regel erfüllt haben. Diese gilt nämlich ausnahmslos für jeden Piloten – die Zusatzqualifizierung, die Sie unstreitig als Fluglehrer erworben haben, entbindet sie nicht von hinreichender Flugerfahrung auf dem beabsichtigten Muster. Dies drängt sich eigentlich schon aus Sicherheitsgründen auf.

Auch ein Erst-recht-Schluss ist möglich: Wenn ich schon für die bloße Mitnahme von Passagieren die Flugerfahrung nach § 122 LuftPersV brauche, dann muss ich sie doch umso mehr haben, wenn ich bei einem Übungsflug verantwortlicher Pilot sein will und von dem links sitzenden Scheininhaber fliegerische Manöver verlange, welche die alltägliche Situation überschreiten. Unterstellt, Sie haben die entsprechende Flugerfahrung nicht, so wäre auch das Startverbot rechtmäßig. Bei den Beauftragten für Luftaufsicht an Verkehrslandeplätzen ohne Kontrollzone handelt es sich um so genannte beliehene Beauftragte mit Exekutivbefugnissen. Dies bezieht sich darauf, dass der Beauftragte für Luftaufsicht den Bestimmungen des Luftverkehrsrechts Geltung zu verschaffen hat. Nach der Musterdienstanweisung des Bundes, die von den Ländern übernommen wurde, ist ein Start unter anderem dann zu untersagen, wenn die erforderliche Flugerfahrung nach
§ 122 LuftPersV fehlt.

Luftaufsicht: Am längeren Hebel

Die selben Befugnisse hat der Beauftragte für Luftaufsicht, wenn offensichtliche Mängel am Luftfahrzeug vorhanden sind, wie beispielsweise Eis-, Reif- oder Schneebelag oder sonstiges. Er ist auch befugt, die Flugvorbereitung zu überprüfen, und er kann, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit einem Urteil vom 27. November 2001 entschieden hat, einen Start dann verbieten, wenn er der Auffassung ist, dass die erforderlichen Wetterbedingungen am Flugplatz offensichtlich nicht erfüllt sind. In letzterem Fall ging es um die Frage, ob nur der Pilot die Flugsicht bestimmen kann oder auch der neben dem Flugzeug stehende Beauftragte. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dem Beauftragten insoweit recht gegeben. Auch die Ansicht des Luftfahrtbundesamts, dass ein mit Fluglehrer absolvierter Flug im Sinne der 90-Tage-Regel nicht zählt, ist zutreffend. In JAR-FCL 1.080 ist festgelegt, welche Flugzeiten aufgezeichnet werden können.

Dies sind solche als verantwortlicher Pilot wie auch die Zeiten, die zur Ausbildung geflogen werden (SPIC). Das Modell PIC under supervision (PICUS) kommt hier nicht in Frage, weil es, wie gesagt, bei Einmots keinen Copiloten gibt. Auf ein Weiteres ist hinzuweisen: § 122 Abs. 1 LuftPersV und auch JAR-FCL 1.026A verlangen lediglich, dass die drei Starts und Landungen als steuernder Pilot absolviert werden – dieser muss nicht PIC sein. Der Haken daran: Nur als PIC kann ich meine Flugerfahrung im Rahmen meiner Flugbucheinträge auch nachweisen – und ohne diesen Nachweis gelten die drei Starts und Landungen auch mit Fluglehrer an Bord tatsächlich nicht. Wie in fliegermagazin 7/09 angesprochen ist es aber möglich, mit Schülermeldung bei einer Flugschule zu fliegen, um so die Mitnahmeberechtigung aufzufrischen.

fliegermagazin 8/2010

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