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Recht: Vorflugrecht in der Platzrunde

Eigentlich ist der Himmel groß genug für alle. Doch spätestens beim Einflug in die Platzrunde an einem sonnigen Wochenende wird klar, dass man nicht allein ist in der Luft

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Vorflugrecht in der Platzrunde:

An unserem Fliegerstammtisch wird heiß darüber diskutiert, ob ein Flugzeug in der Platzrunde das Vorflugrecht hat gegenüber einem anderen, das erst in die Platzrunde einfliegen will. Manche Zeitgenossen genehmigen sich ja sogar einen Endanflug direkt in die Bahnverlängerung. Auch sind immer wieder Luftfahrzeuge in der Platzrunde, die deutliche Geschwindigkeitsunterschiede haben. Darf der Schnellere einfach den Langsameren überholen?

Ein Fliegerkamerad kam auf die Idee, die Platzrunde dem Kreisverkehr auf der Straße gleichzustellen: Dort hat doch schließlich auch derjenige Vorfahrt, der sich im Kreisverkehr befindet. Bei diesem Argument war sogar ein Fluglehrer baff und wusste nicht mehr weiter. Wie ist die Rechtslage? Habe ich wirklich Privilegien, wenn ich mich in der Platzrunde befinde?

Dr. Roland Winkler antwortete

Der Vergleich mit dem Kreisverkehr ist nur auf den ersten Blick gut. Die Vorfahrtsberechtigung des Verkehrs auf der Kreisfahrbahn ergibt sich nämlich daraus, dass an den Einmündungen neben dem Zeichen für „Kreisverkehr“ auch das Zeichen für „Vorfahrt gewähren“ steht. Bei der Platzrunde hingegen ist es keineswegs so, dass Luftfahrzeuge ein irgendwie geartetes Vorflugrecht befinden. Wer Platzrunden fliegt und sich der Einmündungsstelle nähert, muss sehr wohl Ausschau halten, ob nicht voraus ein anderes Luftfahrzeug in die Platzrunde einfliegt. Dabei gelten einige Regeln, die in der LuftVO festgehalten sind. Um auch anderen Luftfahrern einen sicheren Flug zu ermöglichen, hat man sich in der Nähe eines Flugplatzes und beim Anflug auf eine Platzrunde generell zu entscheiden: Wollen Sie auf dem Platz landen, dann fädeln Sie sich in den Verkehrsfluss ein. Wollen Sie dort nicht landen, dann halten Sie sich erkennbar aus dem Verkehrsfluss heraus.

In diesem Zusammenhang ist auch § 6 Abs. 3 LuftVO zu beachten: Für Überlandflüge – und das sind all jene, die über die Umgebung des Flugplatzes hinausführen und nicht den Zweck haben, in die Platzrunde einzufliegen – ist eine Mindesthöhe von 2000 Fuß über Grund einzuhalten, wenn nicht Wetter, Luftraumstruktur, ATC-Freigaben oder andere Gründe dies unmöglich machen. Die übliche Platzrundenhöhe ist 1000 Fuß über Grund – wobei es auch Ausnahmen gibt, was bei der Flugvorbereitung geklärt werden sollte. Wenn Sie also die Mindesthöhe für Überlandflüge einhalten, kann es gar nicht zu unangenehmen Begegnungen mit Flugzeugen in der Platzrunde kommen. Der Einflug in die Platzrunde ist natürlich einer der in der Verordnung vorgesehenen Gründe, unter 2000 Fuß zu sinken – der Sinkflug auf Platzrundenhöhe sollte vor dem Einflug erfolgen. Beim Eingliedern in den Verkehr gelten die normalen Ausweichregeln aus § 13 LuftVO.

Ausweichregeln: Wer darf zuerst, wer muss ausweichen?

In der Luft gilt grundsätzlich rechts vor links: Das Luftfahrzeug, das von links kommt, muss ausweichen. Wer sich vom Querabflug dem Einflugpunkt im Gegenanflug nähert, hat einem dort in die Platzrunde einfliegenden Luftfahrzeug auszuweichen. Eine Ansage über Funk ist hierbei dringend zu empfehlen; überholende Flugzeuge müssen rechts vorbei ziehen. Ohnehin sollten Piloten in Platznähe ihre Position regelmäßig melden, etwa bei jeder Richtungsänderung in der Platzrunde. Diese Mitteilungen gelten vor allem dem übrigen Verkehr, nicht dem Flugleiter. Von ihm können Sie an einem unkontrollierten Platz nur in sehr engen Grenzen Hilfe bei der Verkehrslenkung erwarten: Weder kann noch darf ein Flugleiter den Verkehr staffeln. Allgemeine Verkehrshinweise kann er geben – er muss es aber nicht. Zwar wird ihn die Gefahrenabwehr zum Eingreifen veranlassen, doch die Verantwortung für Kollisionsvermeidung und Ausweichen liegt allein beim Piloten.

Das gilt auch auf Plätzen mit Kontrollzone: Viele Piloten erwarten mehr vom Towerlotsen, als dieser leisten muss. Er wird zwar in aller Regel den Sichtflug-Verkehr lenken – doch hüten Sie sich vor der Annahme, dass Sie durch Funksprüche Ihre Verantwortung an die Luftaufsicht abgeben können. Ein Platzrunden-Privileg gibt es aber doch: Luftfahrzeugen im Endteil des Landeanflugs (vor der Schwelle) und landenden Luftfahrzeugen (über oder hinter der Schwelle sowie über oder auf der Landebahn) ist stets auszuweichen. Grundsätzlich hat das tiefer fliegende Luftfahrzeug immer Vorflugrecht. Es darf allerdings, auch wenn es schneller fliegen kann, ein anderes Flugzeug, das sich im Endteil befindet, nicht unterschneiden oder überholen. Höchste Priorität haben Luftfahrzeuge, die erkennbar in ihrer Manövrierfähigkeit behindert oder eingeschränkt sind, etwa Segelflugzeuge: Diese haben immer Vorflugrecht. Dabei müssen Sie beachten, dass Sie, sofern Sie nach diesen Regeln nicht ausweichen müssen, Kurs und Geschwindigkeit beibehalten sollten.

fliegermagazin 5/2009

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