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Recht: Versicherungsfrage
Ein Verein verliert fast seinen Versicherungsschutz, weil eine Klausel in der Flugbetriebsordung juristisch ungenügend beschrieben ist
Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Versicherungsfrage:
In unserem Fliegerverein trat neulich die Frage auf, wie die Haftung geregelt ist, wenn ein Pilot – fahrlässig oder nicht – ein gechartertes Flugzeug beschädigt. Einige Mitglieder glauben immer noch, dass eine Kaskoversicherung jeglichen Schaden an unseren Luftfahrzeugen in voller Höhe abdeckt. Klar ist, dass ein Verein mit einer Versicherung immer eine Selbstbeteiligung vereinbart, weil sonst die Versicherungsprämien viel zu hoch wären. Nun wollen wir im Vereinsinteresse die finanzielle Haftung unserer Mitglieder nach Möglichkeit nur auf die vereinbarte Selbstbeteiligung beschränken. Dazu kam der Vorschlag, dass wir unsere Flugbetriebsordnung um folgende Regelung ergänzen: „Bei Schäden, die durch die Versicherung reguliert wurden, hat der Schadensverursacher maximal die für das beschädigte Flugzeug vereinbarte Selbstbeteiligung zu bezahlen“. Ist so eine Klausel ausreichend oder drohen hier rechtliche Fallstricke?
Dr. Roland Winkler antwortete
Vorweg: Die Sache ist juristisch verzwickt, wie ein besonderer Fall zeigt, den das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz vergangenes Jahr rechtskräftig entschied. Es sind hier zwei rechtliche Ebenen zu betrachten. Einerseits der Vertrag zwischen Verein oder Halter und Versicherung (Versicherungsverhältnis): Hier spielt Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Verursachers zunächst keine Rolle, da die Versicherung gegenüber dem Verein grundsätzlich zahlungspflichtig ist. Andererseits der Chartervertrag zwischen Halter und Pilot (Mietverhältnis). Grundsätzlich steht fest: Entsteht ein Schaden durch Vorsatz, kann eine Haftung auch nicht im Voraus – etwa durch eine Klausel in der Flugbetriebsordnung – ausgeschlossen werden (§ 276 Abs. 3 BGB). Kommen wir zu unserem Fall: Ein Pilot muss wegen Treibstoffmangels notlanden, wobei das Flugzeug beschädigt wird.
Die Versicherung zahlt hohen Schadenersatz an den Verein (141 000 Euro), der Pilot eine vergleichsweise geringe Selbstbeteiligung (1000 Euro). Soweit so gut. Die Versicherung möchte jetzt den Piloten in Regress nehmen, weil der grob fahrlässig gehandelt hatte – so wird mangelhafte Treibstoffplanung bewertet. Doch die Klage des Versicherers bleibt erfolglos. Warum? Der Verein des Piloten hatte folgende Klausel in seiner Flugbetriebsordnung: „Für Schäden an Luftfahrzeugen haftet der Verursacher in voller Höhe, sofern der Schaden nicht durch die Versicherung abgedeckt ist. Bei allen Schäden, die durch den Flugzeugführer verursacht werden und durch die Versicherung abgedeckt sind, haftet der Flugzeugführer mit einer Selbstbeteiligung von maximal 1000 Euro“. Für das OLG war mit dieser Formulierung festgelegt, dass der Verein auf jegliche Ansprüche gegen seine Mitglieder verzichtet.
Versicherungsfrage: Folgenreiche Formulierung
Dieser Verzicht führte dazu, dass ein Anspruch der Versicherung auf Regress nicht mehr besteht, obwohl das grundsätzlich im Versicherungsvertragsgesetz vorgesehen ist (§ 86 Abs. 1 VVG).
Damit nicht genug: Der Versicherer hatte in diesem Fall übersehen, dass er gar nicht hätte zahlen müssen, rechtlich gesehen gar nicht hätte zahlen dürfen. Denn, so das Gericht: Mit der Formulierung „…bei allen Schäden…“, hatte der Verein vorsätzlich einen Ersatzanspruch gegenüber Dritten (hier dem Piloten) ausgeschlossen. Dieser juristisch gesehen „vorsätzliche Verzicht“ hatte den Regressanspruch der Versicherung ausgehebelt. Das wiederum hätte gemäß den Versicherungsbedingungen dazu führen müssen, dass die Versichrung nicht zahlt (sogenannte Leistungsfreiheit). Der Verein hat also großes Glück gehabt. Der Pilot umso mehr.
Auch die Formulierung „… sofern der Schaden nicht durch die Versicherung abgedeckt ist“ ist für den Verein geradezu schädlich, weil, so das OLG, ein Schaden sowieso abgedeckt ist, sobald eine Kaskoversicherung besteht und die Versicherung grundsätzlich zur Leistung verpflichtet ist. Wenn durch ungeschickte Formulierung der Leistungsanspruch erlischt, bedeutet dies aber nicht, dass die Kaskoversicherung nicht wirksam besteht und damit der Schaden grundsätzlich abddeckt ist. Der Verein ist in seiner Formulierung schlichtweg zu weit gegangen, weil er die Haftung seiner Mitglieder (bis auf die Selbstbeteiligung) von vorn herein kategorisch ausschließt. Eine geplante Ergänzung oder Änderung Ihrer Flugbetriebsordnung im Hinblick auf den Haftungsauschluss ihrer Mitglieder sollten Sie auf jeden Fall von einem Anwalt überprüfen lassen, um nicht durch unspezifische Wortwahl den Versicherungsschutz zu verlieren.
fliegermagazin 4/2015
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