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Recht: Verkehrssünden und Zuverlässigkeitsprüfung
Wer sie erst einmal hat, wird sie so schnell nicht wieder los: Punkte im Flensburger Verkehrsstrafenregister. Doch sind auffällig gewordene Autofahrer auch unzuverlässige Piloten?
Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Verkehrssünden und Zuverlässigkeitsprüfung:
Seit 30 Jahren bin ich Inhaber des PPL-A und habe mir in dieser Zeit fliegerisch nichts zu Schulden kommen lassen, obwohl ich schon nahezu ganz Europa beflogen habe. Auf Veranlassung meiner zuständigen Luftfahrtbehörde beantragte ich die Feststellung meiner Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG. Eine bereits acht Jahre zurückliegende Altlast (Trunkenheitsfahrt) bereitete mir zwar Bauchschmerzen, ich erhielt aber die Bestätigung, dass ich zuverlässig bin. Die große Freude wurde arg getrübt, als ein weiterer Brief der Behörde kam: Sie hatte in Erfahrung gebracht, dass ich in den letzten drei Jahren elf Punkte in Flensburg angesammelt habe, und zweifelt nun doch an meiner Zuverlässigkeit, die ich durch eine flugpsychologische Untersuchung ausräumen soll.
Für mich ist das Ganze nicht nachvollziehbar: Wie kann mir ein- und dieselbe Behörde die Zuverlässigkeit bestätigen und wenige Tage darauf diese Bestätigung zurücknehmen und Zweifel an meiner Zuverlässigkeit haben? Ich frage mich, was jetzt auf mich zukommt, denn vom Straßenverkehr her weiß man ja, dass der „Idiotentest“ schrecklich ist und hohe Durchfallquoten hat.
Dr. Roland Winkler antwortete
Gleich zu Anfang möchte ich Sie beruhigen: Bei der flugpsychologischen Untersuchung, die von einem so genannten Aeromedical Center (AMC) durchgeführt wird, ist die Durchfallquote eher gering. Die Kosten halten sich in einem Fall wie Ihrem in einem vernünftigen Rahmen (Größenordnung von 200 bis 400 Euro). Im Bereich des Luftverkehrs unterscheiden wir zwei Formen der Zuverlässigkeit: § 7 LuftSiG meint die Zuverlässigkeit aus Gründen der Security, also zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Entführungen generell, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen. § 24 LuftVZO zielt auf die Zuverlässigkeit aus Gründen der Safety ab, hier geht es um die Abwehr betriebsbedingter Gefahren. Prüfungsgegenstand ist die Zuverlässigkeit bei der Führung oder Bedienung des Luftfahrzeugs selbst.
Daher kann es also sein, dass die Behörde zu der Auffassung gelangt, dass von einem bestimmten Bürger zwar keine Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs ausgehen, dass man ihn aber zum Beispiel wegen seines bekannten Hangs zum Alkohol nicht als PIC sehen will. Die Zweifel an der „betrieblichen Zuverlässigkeit“ können nur durch eine flugpsychologische Untersuchung ausgeräumt werden. Hier gibt es grundsätzlich zwei Probandengruppen: Personen, die durch Alkoholmissbrauch aufgefallen sind, und jene, die ihr Flensburger Punktekonto auf andere Weise gefüllt haben. Wer mit hohen Promillewerten (1,5 Promille und mehr) auffällig geworden ist, muss sich Fragen nach seiner generellen Tauglichkeit als Luftfahrzeugführer stellen lassen. Autofahrer hingegen, die wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Abstandsverstößen auffällig geworden sind, werden danach geprüft, ob etwa eine Persönlichkeitsstörung vorliegt.
Verkehrssünden: Ist der Ruf erst ruiniert
Wer von sich behauptet, dass es für ihn keine roten Ampeln gibt, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen nur für die anderen gelten, weil sie weniger erfahren sind als er, und dass auch die Abstandsregeln für ihn irrrelevant sind, weil er wesentlich bessere Reaktionen hat als die anderen, erweist sich als Persönlichkeit, die in der Luft nichts verloren hat. Für alle anderen gilt, dass für die flugpsychologische Untersuchung ein Tag, in den allermeisten Fällen sogar nur ein Vormittag eingeplant werden muss. Zunächst findet eine Anamnese statt, das heißt, es werden die bisherigen Lebensumstände durchgesprochen und die Umstände, die zur Auffälligkeit geführt haben. Als nächstes erfolgt eine Blutuntersuchung, da Drogen und Alkohol ausgeschlossen werden müssen. Danach kommt die psychologische Untersuchung, bei der Strategien erarbeitet werden, wie künftigen Vorstößen vorgebaut werden kann.
Oft hilft etwa eine Verbesserung des Zeitmanagements, um Stress im Vorfeld zu vermeiden, eine Freisprechanlage für das Auto anzuschaffen oder einen Tempomaten einbauen zu lassen. Am Schluss gibt es einen Leistungstest, der so angelegt ist, dass er niemanden überfordern dürfte. Je nach Anforderung der Behörde wird vom AMC lediglich ein Ergebnis ohne nähere Einzelheiten geliefert. Manche Landesbehörden wollen allerdings auch ein umfangreiches Gutachten. Aus psychologischer Sicht steht durchaus die Frage im Vordergrund, ob die festgestellten Verstöße für die Fliegerei von Relevanz sind. Keine Verteidigungsstrategie stellt allerdings der Hinweis auf über 30-jähriges unfallfreies Fliegen oder auf eine jährliche Fahrleistung von 80 000 bis 100 000 Kilometer dar. Es gibt weder für Unfallfreiheit noch für hohe Kilometerleistung einen Bonus. Vom Piloten wird verlangt, dass er auch in schwierigen Situationen zur Selbstkontrolle fähig ist und die Rechtsordnung einhält.
fliegermagazin 6/2010
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