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Recht: Vereinsrecht

Welche Möglichkeiten hat ein Verein gegenüber Mitgliedern, deren Verhalten zu wünschen übrig lässt? Ist ein Machtwort des Vorstands die Lösung?

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Vereinsrecht:

In unserem Fliegerverein regt sich großer Unmut über einige Mitglieder. So haben wir einen Piloten, der immer „auf Kante“ fliegt, das heißt: Nach der Landung ist der Tank praktisch leer. Man erzählt sich, dass er einmal auch während eines Überlandflugs feststellte, dass der Kraftstoff zur Neige ging, und dann mit viel Glück gerade noch landen konnte. Aus der dem Verein zur Erstattung vorgelegten Tankquittung ergab sich, dass unser Mitglied wieder bis zum letzten Tropfen geflogen war. Ermahnungen, er solle die nach § 29 LuftBO vorgeschriebene Betriebsstoffreserve einhalten, wischte er mit der Bemerkung vom Tisch, es sei ja immer alles gut gegangen.

Andere Mitglieder wiederum sind sehr nachlässig mit ihren Zahlungen: Man muss sie mehrmals anmahnen, bis endlich der Vereinsbeitrag und auch offene Flugrechnungen beglichen sind. Etliche Mitglieder treten nun an mich und meine Vorstandskollegen heran und fordern uns auf, endlich etwas zu unternehmen. Auch im Vorstand haben wir ein ungutes Gefühl, weil wir den Verein, der Halter der Flugzeuge ist, ja juristisch vertreten und unter Umständen in die Haftung genommen werden. Können wir als Vorstand diese Verhaltensweisen sanktionieren? Etwa die Schlüssel nur aushändigen, wenn eine vernünftige Flugplanung vorgelegt wird, oder Mitglieder, die mit der Zahlung säumig sind, vom Flugbetrieb ausschließen?

Dr. Roland Winkler antwortete

Die Fragen führen uns tief in die Materie des Vereinsrechts. Das BGB regelt den Verein in den §§ 21 bis 79; zentrale Norm ist § 25 BGB: Hier wird auf die Vereinssatzung als „Verfassung des rechtsfähigen Vereins“ abgestellt. § 26 BGB bestimmt, dass der Verein einen Vorstand haben muss, § 27 BGB weist dem Vorstand die Geschäftsführung zu. Darunter fallen alle Tätigkeiten zur Förderung des Vereinszwecks. Oberstes Vereinsorgan ist nach § 32 BGB die Mitgliederversammlung. Sie ist für die so genannten Grundlagengeschäfte zuständig, also alle Fragen, die die Organisation des Vereins oder sein Verhältnis zu den Mitgliedern betreffen. Aus § 40 BGB ergibt sich, dass Aufgaben der Mitgliederversammlung per Beschluss und durch die Satzung auch auf den Vorstand übertragen werden können. Ein solches Grundlagengeschäft ist zum Beispiel die Ausübung der Vereins- und Ordnungsgewalt.

Will der Verein also die Flugvorbereitung Einzelner zur Kontrolle vorgelegt bekommen oder zahlungsunwillige Vereinsmitglieder vom Flugbetrieb ausschließen, dann handelt es sich dabei um Ordnungsmaßnahmen, die das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern betrifft. Soll der Vorstand solche Aufgaben übernehmen, kann er das nur, wenn die Satzung den Vorstand dafür ausdrücklich als zuständig erklärt. Nun kann man einwenden, dass in vielen Satzungen festgelegt ist, dass sich der Vorstand eine Geschäftsordnung geben kann. Doch Vorsicht: Die Geschäftsordnung allein kann eine Zuständigkeit des Vorstands nicht begründen. Ohne Ermächtigung vorgenommene Maßnahmen des Vorstands sind gerichtlich anfechtbar, und die Gerichte überprüfen sie in aller Regel sehr genau.

Verhalten im Verein: Einfach kein Benehmen!

Angenommen, in Ihrem Fall würde wegen der fehlenden formalen Ermächtigung festgestellt werden, dass die Maßnahme rechtswidrig war, müsste Ihr Verein die Kosten des Verfahrens tragen. Bei einem Streitwert von beispielsweise 5000 Euro wären das knapp 2400 Euro. Bevor Sie also irgendetwas seitens des Vorstands in die Wege leiten, sollten Sie dringend die Vereinssatzung überprüfen, ob der Vorstand Ihres Vereins tatsächlich zuständig ist. Ist er es nicht, bleibt Ihnen noch die Einberufung einer (auch außerordentlichen) Mitgliederversammlung, um Sanktionen zu beschließen. Doch auch hier gibt es Grenzen: In Vereinen sind Maßnahmen gegen Mitglieder nur dann zulässig, wenn mildere Maßnahmen unzureichend oder unzumutbar erscheinen. Dies folgt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB. Ordnungsmaßnahmen wie die Auflage, die Flugplanung zur Kontrolle vorzulegen, dürfen nicht für einen unbefristeten Zeitraum auferlegt werden.

Das Mitglied muss sich bewähren können, um wieder eigenverantwortlich Flüge durchführen zu können. Gleiches gilt für Mitglieder, die mit Zahlungen im Rückstand sind. Eine gut ausgearbeitete Satzung wird ohnehin vorsehen, dass ein erheblicher Rückstand mit Zahlungen zum Ausschluss des Mitglieds führen kann. Wenn dann als mildere Maßnahme das zuständige Organ lediglich einen Ausschluss vom Flugbetrieb verhängt, wird dies einer gerichtlichen Nachprüfung standhalten. Viele Satzungen sehen vor, dass Mitglieder wegen vereinsschädigenden Verhaltens ausgeschlossen werden können. Hier muss dann aber ein schwerwiegender Verstoß gegen den Vereinszweck vorliegen, der eine weitere Mitgliedschaft unzumutbar macht. Ob das Fliegen mit nicht ausreichender Reservemenge im Tank dafür ausreicht, ist eher zweifelhaft.

fliegermagazin 3/2016

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