Recht

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Regeln zur Flugerfahrung im Verein

Nach zwei Unfällen wollen Mitglieder eines Vereins das Regelwerk ändern, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Nicht alle im Club möchten da mitmachen

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Vereinsrecht:

Es gab in diesem Jahr zwei Flugunfälle in unserem Verein, wodurch zwei von fünf Flugzeugen den Großteil der Sasion ausgefallen waren und bis heute nicht wieder einsatzbereit sind. In beiden Fällen waren Pilotenfehler die Ursache. Um dem in Zukunft vorzubeugen, gibt es Vorschläge zur obligatorischen Inübunghaltung der aktiven Mitglieder. Konkret sollen Piloten, die mehr als drei Monate nicht geflogen sind, drei Platzrunden mit Lehrer fliegen, bevor sie alleine los dürfen. Sind sie ein halbes Jahr nicht geflogen, dann sollen sie ein Übungsprogramm ähnlich einer Auffrischungsschulung bei Verlängerung der Klassenberechtigung mit Lehrer absolvieren. Zudem wird die Teilnahme an einem jährlichen Theorie-Refresher von einem halben Tag erwartet.

Es gibt zwei Fraktionen im Verein: Die einen behaupten, dass zwei Unfälle in zwanzig Jahren – die 19 Jahre zuvor waren angeblich unfallfrei – nicht schlimm seien, und sehen keinen Handlungsbedarf. Die andere Fraktion möchte auf die Unfälle reagieren. Der Vorstand lehnt eine entsprechende Veränderung in der Geschäfts- und Benutzerordnung ab und sagt, es müsse einen einstimmigen Beschluss geben, um die Benutzerordnung zu ändern. Ist das juristisch haltbar? Reicht nicht vielmehr bei einer Abstimmung auf der Jahreshauptversammlung eine einfache Mehrheit?

Dr. Roland Winkler antwortete:

Vereinsrechtliche Maßnahmen – und dazu gehört zum Beispiel die Verweigerung der Flugzeugschlüssel – unterliegen der gerichtlichen Kontrolle unter den Gesichtspunkten von Treu und Glauben und brauchen daher eine „wasserdichte“ Grundlage. Zunächst muss die Vereinssatzung betrachtet werden. Das BGB bezeichnet die Satzung als die „Verfassung“ des Vereins. Daraus folgt, dass eine Vereinsordnung, eine Geschäftsordnung oder eine Benutzungsordnung nur dann vor dem Gesetz Bestand haben kann, wenn sich darin eine eindeutige Ermächtigung zum Erlass einer solchen Benutzungsordnung findet. Die Satzung muss auch das Verfahren zum Erlass der Benutzungsordnung regeln.

Eine solche Regelung könnte lauten: „Der Vorstand wird ermächtigt, zur Wahrung der Sicherheit des Flugbetriebs eine Betriebsordnung zu erlassen. Hierin kann im Einzelnen festgelegt werden, welche Voraussetzungen die Mitglieder für die Benutzung der Vereinsflugzeuge erfüllen müssen. Für den Beschluss sind Dreiviertel der Stimmen der Vorstandsmitglieder erforderlich.“ Es kann übrigens auch eine andere Mehrheit bestimmt werden. Natürlich könnte statt des Vorstands auch die Mitgliederversammlung zum Erlass einer solchen Benutzungsordnung ermächtigt werden. Der Nachteil dabei ist, dass ein solches Verfahren über die Mitgliederversammlung sehr aufwändig ist, schnelle Reaktionen auf neue Entwicklungen sind kaum möglich. Enthält die Satzung eine solche Klausel, stehen dem Erlass der Betriebsordnung keine formellen Hindernisse entgegen.

Vereinsrecht: In guter Absicht

Dass das vorgeschriebene Verfahren eingehalten und die Beschlussfassung dokumentiert werden, versteht sich von selbst. Enthält die Satzung hierzu nichts, muss sie geändert werden: per Beschluss der Mitgliederversammlung mit der in der Satzung festgelegten Mehrheit. Bei der Frage, welche Anforderungen an die Vereinsmitglieder gestellt werden können, gilt der Grundsatz von Treu und Glauben. Hier sollte man sich an den Vorschriften des Luftverkehrsrechts orientieren und sich darüber im Klaren sein, dass der Verein seinen Mitgliedern den Flugsport ermöglichen muss, anders als ein privater Halter. Grundsätzlich gilt, dass der Inhaber einer Fluglizenz und eines Medicals die Berechtigung hat, ein Luftfahrzeug zu steuern, und zwar unabhängig davon, wie lange er nicht mehr geflogen ist. Einschränkungen dieser Berechtigung müssen sachlich gerechtfertigt sein.

Die Forderung, nach einer Flugpause von drei Monaten vor dem Alleinflug drei Platzrunden mit Lehrer zu absolvieren, halte ich für sachlich gerechtfertigt, orientiert sie sich doch an FCL.060, wo die laufende Flugerfahrung Voraussetzung für die Mitnahme von Passagieren ist. Fraglich erscheint mir dagegen eine Auffrischungsschulung nach sechsmonatiger Flugpause; eine solche Regelung findet sich auch nirgends im Luftrecht. Als erste Maßnahme wäre auch hier ausreichend und damit sachlich gerechtfertigt, drei Platzrunden mit Lehrer zu fliegen. Sollte sich dabei herausstellen, dass das Vereinsmitglied alles Fliegerische verlernt hat, so besteht ein sachlicher Grund, ihm kein Flugzeug zu überlassen. Eine „Nachschulung“ kann aber nur in einer Flugschule erfolgen. Für die Teilnahme an einem jährlichen Theorie-Refresher sehe ich ebenfalls keinen sachlich gerechtfertigten Grund. Es ist und bleibt Sache des Piloten, sich fit zu halten, also auch, sich mit theoretischen Fragen und Themen zu beschäftigen.

fliegermagazin 1/2018

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