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Recht: Tankfüllung

Per Gesetz haben Privatpiloten bei der Spritkalkulation Spielraum. Im Ernstfall muss die Kraftstoffmenge mindestens bis zu einem Alternate reichen

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Tankfüllung:

Auf einem Rückflug von Berlin nach München hatte ich einen Tankstopp auf einem unkontrollierten Platz eingeplant. Laut Kraftstoffberechnung sollte ich den Platz locker erreichen und auf jeden Fall noch 30 Minuten Reserve übrig haben. Wie üblich funkte ich den Platz fünf Minuten vor Erreichen der Platzrunde an, allerdings bekam ich keine Antwort. Auch in Sichtweite der Bahn antwortete niemand auf meinen Ruf.

Meine Nachfrage bei FIS ergab, dass vor zehn Minuten eine Maschine dort weggeflogen war, dass der Platz, wie ich bei der Flugvorbereitung festgestellt hatte, geöffnet war und auch Betriebspflicht hatte. Als Alternative blieb nur ein Verkehrsflughafen, da die anderen unkontrollierten Plätze in der Nähe unter der Woche nicht geöffnet waren (PPR-Regelung). Dort konnte ich auftanken und die Reststrecke nach Hause fliegen. Wie ist das eigentlich mit der Betriebsstoffreserve: Reicht in allen Fällen eine 30-minütige Reserve aus oder gibt es hierzu nähere Regelungen, damit man immer auf der sicheren Seite ist?

Dr. Roland Winkler antwortete

Das Gesetz beschränkt sich darauf, mit Generalklauseln zu arbeiten. Die machen uns Piloten das Leben nicht leicht, denn aus ihnen lassen sich keine sicheren Werte ableiten, auch nicht die weit verbreitete Vorstellung einer Spritreserve von 30 Minuten. Paragraf 29 der Luftbetriebsordnung besagt: „Motorgetriebene Luftfahrzeuge müssen eine ausreichende Betriebsstoffmenge mitführen, die unter Berücksichtigung der Wetterbedingungen und der zu erwartenden Verzögerungen die sichere Durchführung des Fluges gewährleistet. Darüber hinaus muss eine Betriebsstoffreserve mitgeführt werden, die für unvorhergesehene Fälle und für den Flug zum Ausweichflugplatz zur Verfügung steht, sofern ein Ausweichflugplatz im Flugplan angegeben ist.“ Außerdem greift Paragraf 3 a der Luftverkehrsordnung, der dem PIC die volle Verantwortung für die sichere Durchführung des Flugs auferlegt.

Zur ordnungsgemäßen Flugvorbereitung gehört nämlich auch die genaue Spritberechnung. Fehler können nicht nur tödlich enden, sondern nach einem Unfall überdies zu erheblichen finanziellen Problemen führen. Das Luftfahrtbundesamt empfiehlt eine Reservekraftstoffmenge für 30 Minuten, doch kann es Fälle geben, in denen diese nicht genügt. Zunächst ist die Treibstoffmenge zum Zielflugplatz zu berechnen – sie muss so großzügig bemessen sein, dass das Ziel sicher erreicht werden kann. Das Gesetz schreibt die Berücksichtigung von Wetterbedingungen vor und spricht von zu erwartenden Verzögerungen. Im Bereich des Sichtflugs ist im Wesentlichen der Wind gemeint: Bei der Spritberechnung muss ein Pilot also eine höhere Menge einkalkulieren, wenn er starken Gegenwind und daher eine niedrigere Groundspeed hat. Rückenwind hingegen kann man vernachlässigen.

Treibstoff im Tank: Reichen 30 Minuten Reserve?

Außerdem muss der Bedarf so bemessen sein, dass man zu erwartende Verzögerungen abfedern kann, beispielsweise durch eine sehr große vorgeschriebene Platzrunde. Oder es könnte sein, dass man beim Landeanflug Fehler macht und durchstarten muss. Ein Privatpilot darf also nicht so planen, dass er förmlich mit dem letzten Tropfen auf der Schwelle landet. Zusätzlich muss es eine Betriebsstoffreserve für unvorhergesehene Fälle geben. Das heißt, dass man nach der Landung am ursprünglichen Ziel mindestens genug Treibstoff für einen 30-minütigen Reiseflug in den Tanks hat. Ein Pilot muss immer in Betracht ziehen, dass beispielsweise ein vor ihm Gelandeter auf der Piste verunglückt ist und er deshalb nicht landen kann. Solch ein unvorhergesehener Fall erfordert einen Ausweichflugplatz. Ist das ein Verkehrsflugplatz, kann es Verzögerungen durch Warteschleifen geben. Es sollte nicht passieren, dass hier in der Platzrunde einen Notruf abgesetzt werden muss, weil die Reserve erschöpft ist.
 
Für eine ordnungsgemäße Flugplanung kann man sich also nicht an den 30 Minuten festhalten, sondern muss Ausweichplätze einkalkulieren. Es sind Fälle denkbar, in denen die Reserve statt 30 besser 60 Minuten betragen sollte. Es können aber keine hellseherischen Fähigkeiten verlangt werden. Niemand muss ahnen, dass außer dem Zielflugplatz gleich zwei oder drei Alternativen nicht zur Verfügung stehen. Aus meiner Sicht dürfte es ausreichen, wenn man zwei Alternates in die Planung einbezieht und dementsprechend das Flugzeug betankt. Wenn dann doch der Sprit ausgeht, wird man nicht von grober Fahrlässigkeit sprechen können. Wichtig ist allerdings, dass die Spritberechnung an sicherer Stelle verwahrt ist, damit man sie als Beweismaterial hat.

fliegermagazin 4/2011

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