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Recht: Stationierungsentgelt

Moderne WegelagereiDass die Fliegerei kein günstiger Spaß ist, weiß jeder. Trotzdem muss man immer wieder staunen, mit welcher Phantasie sich manche neue Einnahmequellen zu erschließen versuchen

Von Redaktion

Moderne Wegelagerei

Frage an Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler

Zum Jahresbeginn hat die Flugplatz-Betriebsgesellschaft ein sogenanntes „Stationierungsentgelt“ für unseren Verkehrslandeplatz eingeführt. Löhnen sollen die Luftfahrzeughalter, die nicht Mieter eines Hallen- oder Abstellplatzes der Betreibergesellschaft sind.

Auch Mitglieder unserer Flugsportgruppe sind davon betroffen, obwohl unsere Luftfahrzeuge gar nicht auf dem Boden der Platzgesellschaft stationiert sind. Unsere Halle grenzt nämlich direkt ans Flugplatzgelände an. Wir brauchen also nur die Tore zu öffnen und können direkt auf das Flugplatzareal rollen.

Stationierungsentgelt zahlt der, der die Möglichkeit hat, jederzeit das Flugplatzgelände zu betreten

Die Betriebsgesellschaft zeigt sich davon unbeeindruckt: Sie pocht aufs Stationierungsentgelt mit der Begründung, wir hätten von unserem Hangar aus jederzeit die Möglichkeit, das Flugplatzgelände zu benutzen. Außerdem sei dieses Nutzungsentgelt bei den Haltern, die mit der Betriebsgesellschaft einen Mietvertrag abgeschlossen haben, bereits in der Miete enthalten.

Unsere Geldbeutel blieben geschlossen, inzwischen ist die Situation eskaliert: Hindernisse wurden aufgebaut, damit wir nicht auf das Flugplatzgelände rollen können. Man weigert sich, unsere Maschinen zu betanken.

Offenbar scheint das Verhalten der Gesellschaft juristisch nicht astrein zu sein: Das zuständige Amtsgericht hat eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach die Hindernisse beseitigt werden mussten. Aber was ist mit dem geforderten Entgelt? Müssen wir zahlen?

Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler antwortet zum Thema Stationierungsentgelt:

Ein „Stationierungsentgelt“ zu erheben zeugt von Kreativität. Solch ein Erfindungsreichtum hat Tradition: Im Mittelalter gab es in manchen Städten eine Regelung, nach der für die Anzahl der Fenster, die zum Marktplatz zeigten, eine Steuer entrichtet werden musste. Was dazu führte, dass betroffene Häuser zum Teil recht schmal und vor allem fensterlos waren.

Diese Geschichte fiel mir ein, als ich von Ihrem Fall las. Dabei handelt die Flughafenbetriebsgesellschaft schlicht rechtswidrig, ihre Forderung ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zulässig.

Stationierungsentgelt zu verlangen zeugt von Mittelaltermethoden

Welche Dienstleistung soll denn ein Luftfahrzeughalter für dieses Entgelt bekommen? Zahlt er denn dafür, dass er die Infrastruktur des Flugplatzes nutzt? Nein, er soll dafür blechen, dass er lediglich die Möglichkeit der Benutzung hat! Damit steht der Zahlung keine Gegenleistung gegenüber, wir sprechen also nicht mehr über ein Entgelt (wie der Name sagt, wird damit eine Leistung ent- oder vergolten), sondern über eine Steuer (für die’s eben keine konkrete Gegenleistung gibt).

Maßgebend fürs Miteinander von Flughafennutzer und -betreiber ist das Zivilrecht, dort steht nichts von Steuern; die gibt es nur im hoheitlichen Bereich. Selbst wenn diese Stationierungssumme in einer Entgeltordnung enthalten wäre, so würde sie dadurch noch nicht rechtmäßig.

Für den Flughafenbetreiber gilt aufgrund seiner Monopolstellung ein sogenannter Kontrahierungszwang: Er muss mit jedem, der in zulässiger Art und Weise den Flugplatz nutzen will, einen entsprechenden Vertrag abschließen. Seine Entgeltordnung, auch Gebührenordnung genannt, stellt nichts anderes dar als allgemeine Geschäftsbedingungen.

Durch Flugbewegungen entstehende Kosten dürfen umgelegt werden

In diesem Zusammenhang muss der Betreiber die pro Gebühr erfassten Dienste und Einrichtungen beschreiben und gegebenenfalls darlegen, welche Gegenleistungen denn dafür erbracht werden. Außerdem unterliegen diese Entgelte einer Billigkeitsprüfung: Die objektiven wirtschaftlichen Interessen beider Parteien werden abgewogen, da das Recht des Airportbetreibers, einseitig die Gegenleistung zu bestimmen, nicht dazu missbraucht werden darf, eine Regelung zu schaffen, die allein ihn begünstigt. Der Begriff Willkür hat in diesem Zusammenhang nichts zu suchen.

In der Rechtssprechung wird selbstverständlich anerkannt, dass durch Flugbewegungen entstehende Kosten umgelegt werden dürfen. Der Flughafenbetreiber darf auch Gewinnchancen ausschöpfen. Allerdings muss die Kostenstruktur sachgerecht und vernünftig gestaltet werden. Schließlich muss der Flughafenbetreiber, den ja auch eine Betriebspflicht trifft, seine Entgelte von der luftrechtlichen Genehmigungsbehörde abnicken lassen. Deren Zustimmung ist aber kein Freibrief für den Flughafenbetreiber – er könnte ja ein „gutes Verhältnis“ zur Behörde haben.

Verweigerng der Nutzung eines Flugplatzes durch Aufstellen von Hindernissen ist rechtswidrig

Die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Überprüfung gibt’s immer. Greift der Betreiber zur Durchsetzung seiner Forderung zu härteren Bandagen wie etwa dazu, Hindernisse aufzustellen, holt er sich nur selbst eine blutige Nase: Verweigert er den Zugang oder die Benutzung des Flugplatzes, weil jemand seine „Phantasiegebühr“ nicht zahlen will, so ist das rechtswidrig.

Zivilrechtlich formuliert: verbotene Eigenmacht. Eine einstweilige Verfügung beendet dieses Ärgernis. Strafrechtlich handelt es sich um Nötigung. Die Luftfahrzeughalter sollten vor Gericht gehen. Das Verhalten der Flughafen-Betriebsgesellschaft ist rechtswidrig und darf nicht hingenommen werden.

(aus fliegermagazin 06/2006)

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