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Recht: Schadensersatz

Bei einer Notlandung werden die Passagiere verletzt. Kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist flattert dem Piloten ein unangenehmer Brief ins Haus

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Schadensersatz:

Pilot B. hat mit 60 Jahren noch den PPL (A) erworben. Er besitzt ein Luftfahrzeug, das auf seine Frau zugelassen ist; die Haftpflichtversicherung ist mit einer so genannten CSL-Deckung kombiniert. B. will auch anderen Menschen zeigen, wie schön die Erde von oben aussieht. Zeitnah zu einem Ausflug mit Freunden gibt er seine Cessna noch in die Wartung. Als er die Maschine abholt, bemerkt er nicht, dass der Mechaniker den Tankwahlschalter auf „left“ (linker Tank) gestellt hat. Vor dem Flug tankt B. voll.

Obwohl die Checkliste darauf hinweist, dass der Tankwahlschalter für Start und Landung auf „both“ (beide Tanks) gestellt werden muss, lässt ihn B. in der linken Stellung. Im Anflug auf den Zielflugplatz bleibt der Motor stehen. Bei der Notlandung werden alle Insassen verletzt, einige schwer, weil sich das Flugzeug überschlägt. Die Kaskoversicherung zahlt den Schaden, von den Geschädigten hört B. zunächst nichts. Nach Ablauf von drei Jahren, kurz vor Jahresende, flattert ihm eine Millionenklage auf den Tisch: Die Passagiere wollen Schmerzensgeld und Schadenersatz. B. ist verzweifelt und wähnt sich bankrott.

Dr. Roland Winkler antwortete

Pilot B. muss sich keine Sorgen machen. Natürlich ist die Nichtbeachtung der Checkliste und die durch Spritmangel notwendig gewordene Notlandung etwas, was in die Kategorie grobe Fahrlässigkeit fällt. Für einen Piloten ist es generell verheerend, wenn vom Versicherer grobe Fahrlässigkeit eingewendet werden kann, führt dies doch dazu, dass der Kaskoversicherer von der Leistungsverpflichtung frei werden kann oder aber in Höhe seiner Versicherungsleistung Regressansprüche gegen den Piloten hat. Pilot B. hatte einen Schutzengel, als er das Flugzeug auf seine Ehefrau anmeldete, diese also Halterin wurde.

Denn die harte Keule des § 86 Abs. 1 VVG mit dem dort festgeschriebenen gesetzlichen Übergang der Schadenersatzansprüche auf den Versicherer wird durch § 86 Abs. 3 VVG ausgehebelt: Danach kann ein Ersatzanspruch nicht gegen eine Person geltend gemacht werden, mit der der Versicherungsnehmer (in diesem Fall die Ehefrau) bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt. Deshalb wurde der Kaskoschaden ohne Weiteres reguliert, denn andernfalls hätte die Versicherungsgesellschaft gute Karten gehabt, nicht nur die Regulierung des Kaskoschadens zu verweigern, sondern auch die Ansprüche der Passagiere, die sie nach besagtem Paragrafen erworben hat, gegen den Piloten als Verursacher geltend zu machen – und sich das an die Verletzten ausgezahlte Geld von ihm zurückzuholen. Die Schadenersatzansprüche der beim Unfall verletzten Personen unterliegen einer dreijährigen Verjährung.

Schadenersatz: Zum Glück gut versichert

Die so genannte regelmäßige Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (hier: der oder die Passagier/e) von der Person des Schuldners (in diesem Fall der Pilot) Kenntnis erlangt hat. Das heißt: Alle Ansprüche, die etwa im Jahr 2010 entstanden sind, sind zum Jahresende 2013 verjährt. Deshalb werden solche Schadensersatzklagen oft kurz vor oder nach Weihnachten zugestellt; Stichtag ist meist der 31. Dezember. Doch auch hier steht B. auf der glücklichen Seite: Die Leistung des Haftpflichtversicherers umfasst nach den Allgemeinen Bedingungen die Prüfung der Haftpflichtfrage, die Abwehr unberechtigter Ansprüche sowie den Ersatz der Entschädigung, die der Versicherungsnehmer aufgrund des Gesetzes zu zahlen hat. Im Klartext: Pilot B. beziehungsweise seine Ehefrau muss sich nicht einmal um einen Anwalt bemühen; dieser wird vom Versicherer beauftragt.

Für B.s Ehefrau bedeutet dies auch eine erhebliche finanzielle Entlastung, da der anwaltsübliche Vorschuss nicht gezahlt werden muss, auch dies ist Sache des Versicherers. Die Halterhaftpflicht betrifft nach der gesetzlichen Definition nur Schäden an Personen und Sachen, die nicht im Luftfahrzeug befördert werden. Wenn nur eine solche Halterhaftpflichtversicherung abgeschlossen worden wäre, wäre die Lage jetzt in der Tat prekär. Allerdings war die Ehefrau von B. gut beraten, als sie die CSL-Deckung (Combined Single Limit) wählte.

Der Versicherungsschutz umfasst dann auch die gesetzliche Haftpflicht wegen Schäden von Personen und Gepäck, die im Luftfahrzeug befördert werden – auch ohne Beförderungsvertrag nach § 44 LuftVG (der dem PPLer ohnedies verschlossen ist) werden die Schäden der Passagiere ersetzt. Wenn bei der Deckungssumme nicht geknausert wurde, braucht sich Familie B. keine Sorgen um ihr Häuschen im Grünen und die Altersversorgung zu machen. Für einen Jahresbetrag von zirka 1400 Euro gibt es je nach Versicherung eine Deckungssumme von 4 bis 5 Millionen Euro. Und damit ist dann alles abgesichert.

fliegermagazin 5/2014

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