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Recht: Pilot werden trotz Vorstrafen?

Lieber späte Reue zeigen als nie: Wer in jungen Jahren öfter mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist, kann auch mit einem Register an Vorstrafen noch ein guter Mensch werden.Schwierig wird es aber unter Umständen, wenn man ein Flugzeug steuern möchte

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Vorstrafen:

Schon als kleiner Junge hatte ich den Traum, Pilot zu werden. Dummerweise hatte ich auch noch ganz andere Ideen, die mich schon in jungen Jahren mit dem Gesetz in  Konflikt gebracht haben und auf die ich heute nicht sonderlich stolz bin. Aktenkundig sind kleinere Ladendiebstähle, Delikte wie Schwarzfahren und Sachbeschädigungen, leider auch noch zu einer Zeit, in der ich volljährig war und es hätte besser wissen müssen. Ins Gefängnis musste ich allerdings nicht, es blieb bei einer Bewährungsstrafe.

Es klingt hoffentlich nicht zu pathetisch, aber ich bin heute ein anderer Mensch, habe ein geregeltes Leben und mir seit vielen Jahren nichts zu Schulden kommen lassen. Jetzt möchte ich meinen Traum endlich wahr werden lassen, habe aber etwas Angst vor der Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP), die ich aufgrund meiner Vergangenheit vielleicht nicht schaffen werde. Oder mache ich mir grundlos Sorgen? Welchen Zeitraum muss ich überhaupt unbescholten gelebt haben, um wieder als „zuverlässig“ im Sinne der ZÜP zu gelten?

Dr. Roland Winkler antwortete

Es kommt darauf an, was sich aus Ihrem Auszug aus dem Bundeszentralregister ergibt. Sind dort noch Eintragungen vorhanden, haben Sie meistens Probleme. Zuletzt erging eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach im Juli 2009: Der Kläger hatte im April 2008 den Antrag gestellt, seine Zuverlässigkeit nach § 7 Luftsicherheitsgesetz festzustellen. Im Oktober 2008 wurde er als unzuverlässig bezeichnet. Dem lagen zwei Verurteilungen zugrunde: Ein Strafbefehl aus dem Jahr 2002, in dem der Kläger wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen verurteilt worden war – der Verurteilte hatte etwas mehr als ein Nettomonatsgehalt zu bezahlen. Zum Verständnis: Betrug wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe belegt. Die Geldstrafe beträgt zwischen fünf und 360 Tagessätzen; hier hat sie sich am untersten Rand bewegt.

Im Jahre 2003 war der Kläger außerdem zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden, weil er drei Monate lang eigenmächtig und unentschuldigt dem Zivildienst ferngeblieben war. Dass bereits sechs beziehungsweise fünf Jahre vergangen waren, half nichts. Die Begründung: „Der Zeitablauf als solcher bewirkt keine Veränderung der Beurteilung, insbesondere weil der Kläger nach der Verurteilung im zweiten Fall noch unter strafrechtlicher Bewährung stand.“ Auch dass der Strafrichter Bewährung gewährt hatte, machte keinen Unterschied, denn der strafgerichtlichen Bewährungsentscheidung liegt die Erwartung zugrunde, dass der Verurteilte künftig keine Straftaten mehr begehen wird, während jedoch von den Personen im Sinne von § 7 Abs. 1 LuftSiG ein höheres Maß an Zuverlässigkeit erwartet werden muss.

Die Sünden der Jugend

Damit nicht genug: Das Gericht erkennt in diesem Fall eine üble Gesinnung des Klägers, denn er „hat wiederholt Gesetzesverstöße in der qualifizierten Form einer Straftat begangen, wodurch er dargetan hat, dass er nicht fähig oder willens ist, die Rechtsordnung – selbst die strafbewehrte – stets zu respektieren.“ Dieses Verhalten belegt laut Verwaltungsgericht „anschaulich die Gleichgültigkeit des Klägers gegenüber der Rechtsordnung und seinen staatsbürgerlichen Pflichten.“ Laut Gericht ist es nicht erforderlich, zwischen Straftaten, die einen besonderen Bezug zu eventuellen Gefahren für den Luftverkehr aufweisen, und sonstigen Straftaten zu differenzieren. Das heißt: Die Behörden müssen die mögliche Gefährdung von Sicherheitsinteressen nicht detailliert und lückenlos darlegen, sondern dürfen in durchaus pauschalisierender Betrachtung von der Begehung jedweder Straftat von einigem Gewicht auf die luftverkehrsrechtliche Unzuverlässigkeit des Betroffenen schließen.

Bereits ein geringer Zweifel an dessen Rechtstreue genügt dabei im Hinblick auf das außerordentlich hohe Gefährdungspotenzial des Luftverkehrs, da bereits geringste Nachlässigkeiten und Unregelmäßigkeiten katastrophale Folgen haben können. Doch auch bei der ZÜP gilt natürlich, dass die Zeit Wunden heilt. Eintragungen im Bundeszentralregister werden nach Ablauf gestaffelter Fristen gelöscht und dürfen dann nicht mehr verwertet werden. Bei den geringeren Strafen (Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten auf Bewährung beim Ersttäter oder Jugendstrafe bis zu zwei Jahren) wird nach fünf Jahren gelöscht, allerdings nur, wenn nichts Neues hinzugekommen ist. Sonst muss man warten, bis die Frist für die letzte Eintragung abgelaufen ist. Bei Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr sind es zehn Jahre, die maximale Wartefrist ist 15 Jahre, bei Sexualdelikten allerdings 20 Jahre. Man hat also die Chance, wieder ein zuverlässiger Mensch zu werden.

fliegermagazin 11/2010

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