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Recht: Modellflug
Sind Modellflugzeuge rechtlich gleichgestellt mit manntragenden Luftfahrzeugen? Und gelten dann auch für sie die Sichtflugregeln?
Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Modellflug:
Ich bin nicht nur CPL-Inhaber, sondern auch Modellflieger und seit Jahren darum bemüht, diesen Teilnehmern am Luftverkehr die sie betreffenden Regelungen bezüglich LuftVG und LuftVO zu vermitteln. Ein immer wieder auftauchendes Thema beziehungsweise Problem ist die meiner Meinung nach irrige Ansicht, Modellflug würde den Sichtflugbedingungen unterliegen. Leider habe ich bisher noch nirgendwo eine eindeutige und klare Aussage gefunden, dass der Modellflug nach Sicht nichts mit dem Sichtflug der übrigen Luftfahrt zu tun hat. Vielleicht können Sie mir da etwas Argumentationshilfe geben, ich würde mich freuen. Natürlich auch, wenn Sie mir darlegen müssen, dass meine Sicht der Sachlage falsch ist.
Dr. Roland Winkler antwortete:
Die erste Frage, die sich im Zusammenhang mit Ihrer Anfrage stellt, ist, inwieweit Modellflugzeuge überhaupt Luftfahrzeuge im Sinne des Luftverkehrsrechts sind. Das Gesetz sagt uns selbst, was es unter Luftfahrzeugen versteht. Man nennt dies „Legaldefinition“. Paragraf 1 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) führt Luftfahrzeuge in elf Ziffern auf. In Ziffer 1 finden wir Flugzeuge, in Ziffer 2 Helikopter; Flugmodelle in Ziffer 9. Ein unbezifferter Absatz am Schluss beschäftigt sich mit „Unmanned Aircraft Systems“. Unbemannte Luftfahrtsysteme sind mit einer hochentwickelten Elektronik ausgerüstet und damit in der Lage, selbstständig Flugmanöver auszuführen. Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal zu Flugmodellen ist, dass letztere ausschließlich der Freizeitgestaltung oder zu sportlichen Zwecken dienen. Erstes Zwischenergebnis ist, dass Flugmodelle Luftfahrzeuge im Sinne des Luftverkehrsrechts sind.
Doch damit ist noch nichts darüber ausgesagt, ob diese Luftfahrzeuge nach Sichtflugreglen betrieben werden können. Zur Erinnerung: Vor SERA bestimmte Paragraf 28 Abs. 1 Satz 1 LuftVO in der bis Oktober 2015 geltenden Fassung, dass Flüge nach Sichtflugregeln so durchzuführen sind, dass die Mindestwerte für Flugsicht und Abstand von Wolken nicht unterschritten werden. Die Legaldefinition für Flugsicht fand sich anschließend in Satz 2: Flugsicht ist die Sicht in Flugrichtung aus dem Führerraum eines im Flug befindlichen Luftfahrzeugs. In der neuen LuftVO steht hierzu nichts mehr. Die Sichtflugregeln finden sich jetzt in Anhang Abschnitt 5 SERA. Tabelle S5-1 definiert die Voraussetzungen für Flüge nach Sichtflugregeln, und hier stößt man wieder auf den Begriff „Flugsicht. Sie wird in Art. 2 Ziff. 80 SERA (VO 923/2012) so definiert: Sicht in Flugrichtung aus dem Cockpit eines im Flug befindlichen Luftfahrzeugs.
Modellflug: Gleiches Recht für alle – oder?
Nachdem die Steuerer von Flugzeugmodellen nicht im Cockpit sitzen (können), haben sie folglich auch keine Flugsicht. Damit steht fest, dass die Sichtflugregeln für Flugzeugmodelle nicht gelten. Für den Aufstieg von Flugmodellen gelten weitere Regeln: Gemäß Paragraf 20 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO (Erlaubnisbedürftige Benutzung des Luftraums) bedarf der Aufstieg von Flugmodellen mit einer Gesamtmasse von mehr als fünf Kilogramm der vorherigen Genehmigung der zuständigen Behörde. Unabhängig vom Gewicht brauchen Flugmodelle mit Verbrennungsmotor diese Erlaubnis, wenn sie in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometer von Wohngebieten aufsteigen. Die Erlaubnis ist generell nötig für Modelle aller Art, die in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometer von der Begrenzung von Flugplätzen betrieben werden. Auf einem Flugplatz müssen außerdem noch Luftaufsichtsstelle oder Flugleitung zustimmen.
Auch unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten gibt es einiges zu beachten: Man könnte ja versucht sein, mit dem mit einer Kamera ausgestatteten Flugmodell in Nachbars Garten zu schauen oder das eigene Wohnviertel aus niedriger Höhe zu betrachten – niedriger, als es mit dem „richtigen“ Flieger möglich wäre. Hier muss man sich im Klaren sein, dass man in Rechte anderer eingreift und auf Unterlassung und gegebenenfalls Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann. Paragraf 905 BGB bestimmt etwa, dass sich das Recht eines Grundstückseigentümers auf den Raum über der Oberfläche erstreckt. Auch Bildaufnahmen können gerichtlich untersagt werden, weil sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.
fliegermagazin 12/2016
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