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Recht: Mitnahme von minderjährigen Fluggästen

Für Kinder und Jugendliche ist der Flug in einem Kleinflugzeug ein großartiges Erlebnis. Gibt es juristische Stolperfallen im Umgang mit den jungen Passagieren?

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Mitnahme von minderjährigen Fluggästen:

Frühjahrszeit ist auch die Zeit von Erstkommunion und Konfirmation: Gelegenheiten zuhauf, um auch mit Kindern und Jugendlichen eine Runde in der Luft zu drehen und den Festtag zu bereichern. Bei genauerem Nachdenken stellen sich aber gleich mehrere Fragen:

  1. Welche Art des Einverständnisses ist von den Erziehungsberechtigen einzuholen? Bedarf es der Schriftform? Muss das Flugvorhaben detailliert beschrieben werden?
  2. Gibt es Unterschiede je nach Lebensalter des Fluggasts?
  3. Ist ein Unterschied zu machen zwischen Verwandten (eigene Kinder, Stiefkinder/Nichten/Neffen) und sonstigen?
  4. Gibt es eine „implizierte Genehmigung im Familienkreis“? Man würde zum Beispiel ja auch nicht vor einer Ruderbootsfahrt mit Nichten und Neffen eine Genehmigung einholen.
  5. Welche Haftung hat man speziell bei Minderjährigen zu tragen und wie kann man sich rechtlich dagegen absichern?
  6. Was wären juristische Konsequenzen, wenn man ein nötiges Einverständnis nicht einholt?
  7. Ist im Zusammenhang mit geschenkten Flügen (gegebenenfalls durch Dritte: „Bitte nimm mein Patenkind auf eine Runde mit, ich zahl Dir die Kosten.“) Spezielles zu beachten? Mit wem besteht ein Beförderungsvertrag? Besteht ein Unterschied in der Haftung, wenn man gar kein Geld annimmt beziehungsweise den Flug selbst schenkt?
  8. Muss der Vercharterer seine Zustimmung zur Beförderung von Minderjährigen erteilen?
  9. Gibt es Regeln für Kindersitze?

Dr. Roland Winkler antwortete

Minderjährig sind in Deutschland Personen unter 18 Jahren. Bei Minderjährigen haben die Eltern das Recht zur Personensorge, das heißt: Sie bestimmen den Umgang ihrer Kinder, also auch, ob und mit wem sie einen Rundflug machen. Das Einverständnis bedarf keiner besonderen Form. Auch Angaben zum Flug sind nicht erforderlich, sie wären rechtlich nicht bindend. Insbesondere Abweichungen von einer vorgegebenen Flugroute blieben sanktionslos. Für grenzüberschreitende Flüge braucht man einen Reisepass, den man nur von den Eltern bekommt: Hat man das Dokument, ist davon auszugehen, dass die Eltern auch einverstanden sind. Unerheblich ist, ob Sie ein fünfjähriges Kind oder einen 17-jährigen Jugendlichen befördern – für beide gilt die Personensorge der Eltern. Bei eigenen Kindern brauchen Sie allenfalls das Einverständnis Ihres Ehegatten, bei Stiefkindern das des verwandten Elternteils (also Vater oder Mutter), bei Nichten und Neffen das Einverständnis von deren Eltern.

Bei geschiedener Ehe brauchen Sie sich hinsichtlich des Einverständnisses des anderen Elternteils keine Gedanken zu machen, dieser kann keinerlei Sanktionen herleiten, wenn Sie Ihre Kinder im Flugzeug mitnehmen. Eine implizierte Genehmigung im Familienkreis kennt das Recht nicht. Es gilt vielmehr der Grundsatz, dass Schweigen keine Bedeutung hat. Im Normalfall genügt es allerdings, wenn das Flugvorhaben vor den Eltern des Kindes oder Jugendlichen zur Sprache kommt und dann kein Widerspruch erfolgt. Bei Verletzung oder gar Tötung macht das Gesetz keinen Unterschied zwischen Erwachsenen und Minderjährigen, die Haftung ist die gleiche. Allerdings können den Pilot in Command (PIC) bei Mitnahme von Minderjährigen je nach Alter erhöhte Sorgfaltspflichten treffen. Die Bedienelemente des Luftfahrzeugs oder die nähere Umgebung der Luftschraube sollten für Passagiere generell tabu sein.

Kinder als Fluggäste: Ein ganz besonderer Tag im Leben

Bei jüngeren Kindern muss der PIC auch für die erforderliche Disziplin sorgen, eine Tollerei auf dem Vorfeld ist nicht angebracht. Der PIC steht hier in der Aufsichtspflicht. Der Spruch „Eltern haften für ihre Kinder“ trifft nicht zu. Wenn Sie Minderjährige ohne Einverständnis der Eltern oder gegen deren Willen zu einem Rundflug mitnehmen, hat dies im Normalfall keine rechtlichen Konsequenzen. Zwar gibt es eine Strafnorm für die „Entziehung Minderjähriger“, dieser Fall liegt aber bei einem Rundflug nicht vor. Ein Vertragsschluss mit den Minderjährigen scheidet von vornherein aus. Aber auch mit den Eltern darf kein Beförderungsvertrag geschlossen werden, weil Sie sonst in versicherungsrechtliche Schwierigkeiten kommen (siehe fliegermagazin 5/2005).

Der Vercharterer hat kein Mitbestimmungsrecht. Kinder und Jugendliche sind auch nicht gefährlicher als andere Personen, und luftkrank kann jeder werden. Als Mieter müssen Sie allerdings das Luftfahrzeug in ordnungsgemäßem Zustand, sprich sauber zurückgegeben. Hinsichtlich Kindersitzen gibt es derzeit keine Vorschriften. Allerdings hat die Sicherheit an Bord absoluten Vorrang. Bei Doppelsteuerung wird man besondere Vorsicht walten lassen, wenn jüngere Kinder vorne sitzen. Umgekehrt ist die zivilrechtliche Verantwortung der Kinder nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch bei einem Rundflug stark eingeschränkt. Bei ordnungsgemäßer Flugvorbereitung wird ein Rundflug für die lieben Kleinen sicher ein tolles Geschenk und Erlebnis sein und dies umso mehr, wenn sich auch die Eltern darüber freuen.

fliegermagazin 5/2010

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