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Recht: Kunstflug mit Ultraleicht
Weiterführende Qualifikationen wie Kunstflug sind eine gute Sache. Doch nicht nur das Können des Piloten entscheidet darüber, was auch legal ist
Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Kunstflug:
Neulich war ich zu Besuch bei Fliegerfreunden in Italien. Dabei habe ich gesehen, wie einer meiner Freunde mit einem baugleichen UL, das ich selbst auch fliege, Kunstflug durchgeführt hat. Ich muss erwähnen, dass ich nicht nur im Besitz einer SPL bin, sondern auch eine PPL (A) mit Eintrag „Aerobatic“ habe. Zuhause fliege ich nicht nur mit meinem UL, sondern regelmäßig auch mit einer Echo-Maschine, mit der ich die Kunstflugfiguren immer wieder übe, um fit zu bleiben. Nun ist es ja leider so, dass ich in Deutschland mit dem UL keinen Kunstflug machen darf, weil es halt verboten ist. Mein Gedanke wäre, dass ich mit meinem UL nach Italien reise, wo offenbar auch mit ULs Kunstflug erlaubt ist. Mit einer entsprechend ausgestatteten Maschine würde ich dann eben dort Kunstflug machen. Bevor ich jetzt aber Geld in die Hände nehme, möchte ich doch wissen, ob das alles legal ist.
Dr. Roland Winkler antwortete
Sie sprechen ein Problem an, das in dieser Form bisher noch nicht gerichtlich oder sonst verbindlich gelöst worden ist. Zunächst die Grundlagen: Es stimmt, dass gemäß § 8 Absatz 1 Satz 2 Luftverkehrsordnung Kunstflug mit Luftsportgeräten (also ULs) verboten ist. Des Weiteren können Sie gemäß § 92 Abs. 1 Luftverkehrszulassungsordnung mit Ihrem UL aus dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne Genehmigung ausfliegen. Der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz nach ist ein UL ein Luftfahrzeug, kein Flugzeug. Die Kunstflugberechtigung ist in Anhang I der VO (EU) Nr. 1178/2011 geregelt. Dort heißt es, dass die Rechte einer Kunstflugberechtigung auf die Luftfahrzeugkategorie beschränkt sind, in der die Flugausbildung absolviert wurde. Üblicherweise finden Sie in Ihrer EASA-Lizenz unter XII den Eintrag „Aerobatic (A)“.
Aus der Erläuterung in Ihrer Lizenz ergibt sich, dass das (A) für Flugzeuge (Aeroplanes) steht. Die Begriffsbestimmungen in der VO (EU) 1178/2011 definieren Flugzeug als ein von einem Triebwerk angetriebenes Starrflügelflugzeug schwerer als Luft, das durch die dynamische Reaktion der Luft an seinen Tragflächen in der Luft gehalten wird. Allerdings kennt die Verordnung auch den Begriff des „Luftfahrzeugs“, das jegliche Maschine bezeichnet, die durch die Reaktionen der Luft, die keine Reaktionen der Luft gegenüber der Erdoberfläche sind, in der Atmosphäre gehalten werden kann. Man kann nun argumentieren, dass die Kunstflugberechtigung nicht an ein bestimmtes Muster gebunden ist, sondern an die Person des Lizenzinhabers. Die Frage ist dann allerdings, ob die mit Echo-Maschinen erworbenen Berechtigungen auf andere Luftfahrzeuge übertragen werden können. Der Eintrag in der PPL ist ja ein so genannter Sammeleintrag, nämlich „SEP“.
Weiterführende Qualifikationen: Schein und Sein
Klar ist zumindest, dass der Inhaber einer PPL (A) damit kein Luftsportgerät führen darf. Hat er aber die entsprechende Berechtigung: Dürfte er dann auch vorhandene zusätzliche Qualifikationen, die ja nicht an ein bestimmtes Muster gebunden sind, im Rahmen der UL-Lizenz nutzen? Das Verbot aus § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVO wurde mit den vereinfachten Anforderungen an das Luftsportgerät wie auch zum Teil an seine Führer begründet. Dies liegt allerdings 22 Jahre zurück; die Entwicklung der ULs ist nicht auf dem Stand von 1993 stehengeblieben. Sollten andere europäische Länder Kunstflug mit ULs zugelassen haben, weil es jetzt entsprechend geeignete ULs gibt, dann fehlte dem Verbot im deutschen Recht der sachliche Grund.
Man könnte dann zum Schluss kommen, dass Kunstflug mit ULs bei entsprechender Berechtigung des Piloten und für diesen Zweck geeigneter Ausrüstung des Luftsportgeräts zulässig sein müsste, zumindest wenn für den Luftraum, in dem geflogen wird, kein entsprechendes Verbot gilt. Doch Vorsicht: Sollte beispielsweise das italienische Recht den Kunstflug mit ultraleichten Luftsportgeräten nicht explizit verbieten, heißt das ja noch lange nicht, dass es dort auch wirklich erlaubt ist. Eine ganz entscheidende Frage ist außerdem, wie mein Kasko-Versicherer reagiert, wenn dann doch etwas passiert und mein UL beschädigt oder zerstört ist. Wenn ich kein finanzielles Risiko eingehen will, muss ich mir vom Versicherer die Zusage geben lassen, dass er sich im Schadensfall nicht auf Leistungsfreiheit wegen fehlender Berechtigung beruft. Abschließend kann ich daher nur zur Vorsicht raten, denn die Rechtslage ist ungeklärt.
fliegermagazin 10/2015
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