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Recht: Halter in der Pflicht

Es mag kleinlich klingen – aber wer als Halter oder Vercharterer beim Überprüfen charternder Piloten zu lax ist, risikiert sehr viel

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Halter in der Pflicht:

Vor einiger Zeit ist ein Vereinsmitglied, der ein vom Verein gechartertes UL gesteuert hat, abgestürzt. Bei dem Unfall wurde der Pilot getötet, sein Passagier schwer verletzt. Bei dem UL steht im Betriebshandbuch, dass jeder Sitz nur mit 100 Kilogramm belastet werden darf. Die spätere Untersuchung ergab, dass unser Vereinsmitglied als Pilot deutlich über 100 Kilo gewogen hat, während sein Passagier die Gewichtsbeschränkung eingehalten hat. Zu allem menschlichen Leid und versicherungsrechtlichen Ärger haben wir jetzt auch noch die Staatsanwaltschaft im Haus. Gegen den Flugzeugwart, der nach der Vereinsordnung für den sicheren Betrieb der Luftfahrzeuge verantwortlich ist, wird wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Wir fragen uns natürlich alle, warum unser Flugzeugwart für das grobe Verschulden des Piloten, der sein Gewicht doch kennen musste, verantwortlich gemacht wird und vor allem, warum er dafür auch noch bestraft werden soll. Wie ist die Rechtslage?

Dr. Roland Winkler antwortete

Mit der Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder eines Fliegervereins hatten wir uns zuletzt in fliegermagazin 3/2012 beschäftigt. Ein Gesichtspunkt, der damals nicht in dieser Ausführlichkeit beleuchtet wurde, kommt in Ihrem jetzigen Fall zum Tragen: die strafrechtliche Verantwortung des Flugzeugwartes. Dieser ist ja Vertreter des Flugzeughalters. Natürlich ist die zentrale verantwortliche Person der Pilot in Command (PIC). Ab Übernahme des Flugzeugs hat er die Kommandogewalt und bestimmt, was mit dem Flieger geschieht. Wenn er die Betriebsgrenzen in der Luft überschreitet, kann dies natürlich dem Halter nicht zugerechnet werden. Auch kann der Halter nicht zur Verantwortung gezogen werden, wenn der Pilot etwa bei einer Zwischenlandung Alkohol trinkt und danach verunglückt. Ganz anders sieht die Sache jedoch aus, wenn sich generell oder aus der Eigenart des Luftfahrzeugs qualifizierte Halterpflichten ergeben.

Zunächst ist § 2 Abs. 1 LuftBO zu betrachten, der bestimmt, dass der Halter des Luftfahrtgeräts die Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung und der zu ihrer Durchführung erlassenen Vorschriften trägt. § 24 LuftBO enthält Regelungen über die Betriebsgrenzen für Luftfahrzeuge. Diese dürfen nur in Übereinstimmung mit den im zugehörigen Flughandbuch und den anderen Betriebsanweisungen angegebenen Leistungsdaten und festgelegten Betriebsgrenzen betrieben werden. § 24 Abs. 2 LuftBO bestimmt, dass für jeden Flug zu prüfen ist, ob die Startmasse innerhalb der Grenzen bleibt oder ob der Flug überhaupt durchgeführt werden kann. Hierbei sind alle die Leistung des Luftfahrzeugs beeinflussenden Faktoren zu berücksichtigen. Das heißt: Vor der Übergabe an den späteren Piloten muss der Halter genau prüfen, ob der vorgesehene Flug sicher durchgeführt werden kann.

Vertrauen ist gut …

Wenn es nun bei ULs erhebliche Gewichtsbeschränkungen nicht nur hinsichtlich der Gesamtmasse gibt, sondern wenn auch noch das Flugbetriebshandbuch eine ausdrückliche Gewichtsbeschränkung für Pilot und Fluggast festlegt, so muss sich der Halter vergewissern, dass das UL nur von solchen Personen in Betrieb genommen wird, die die Gewichtsgrenze einhalten. Der Halter muss demnach nicht nur die Lizenz, die Typenberechtigung, das Tauglichkeitszeugnis und die allgemeine körperliche Verfassung des Piloten überprüfen , sondern eben gerade auch das Körpergewicht. Nachdem das Gesetz ausdrücklich von „vergewissern“ spricht, reicht es nicht einmal aus, beispielsweise das Gewicht des Piloten grob zu schätzen. Auch darf der Halter, wenn ein ansonsten brillentragender Pilot eines Tages plötzlich ohne Brille auftaucht, nicht einfach unterstellen, seine Augen werden sich schon gebessert haben, oder dass er nun Kontaktlinsen trägt.

Das Strafgesetzbuch kennt die Unterlassensstrafbarkeit unter dem Gesichtspunkt der Verletzung öffentlich-rechtlicher Verkehrssicherungspflichten, die auch darin bestehen können, dass der Halter dem zu schweren Piloten eben ein bestimmtes Flugzeug nicht zur Verfügung stellen darf (§ 13 StGB). Wenn das trotzdem geschieht, kann nach einem Unfall die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung oder fahrlässiger Körperverletzung, jeweils durch Unterlassen, im Raum stehen. Zwar sieht das Strafgesetzbuch vor, dass die Strafe bei Unterlassungsdelikten gemildert werden kann – dies ist jedoch kein Muss. Sie haben also im Verein und auch sonst als Vercharterer sehr darauf zu achten, dass nur die richtigen Personen den Schlüssel eines Fliegers bekommen.

fliegermagazin 9/2012

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