/
Recht: Haftung für Privatpiloten
Vielen Piloten macht Fliegen erst dann richtig Spaß, wenn sie das Vergnügen mit anderen teilen können. Noch entspannter fliegt es sich, wenn dann der Versicherungsschutz stimmt
Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Haftung für Privatpiloten:
Im fliegermagazin 5/2008 haben Sie umfangreich Haftungsfragen bei Gefälligkeitsflügen und auch die veränderten Bedingungen in Sachen Beförderungsverträge behandelt. Ich habe nun gleich mehrere Fragen, vor allem diese: Kann man davon ausgehen, dass Ihre Antwort den Sachverhalt vollständig und in allen „Lebenslagen“ eines Privatpiloten (Inland, Ausland, Grenzübertritt, Miete, eigenes Flugzeug etc.) gleichermaßen beschreibt? Wenn es schon keinen Sinn hat, einen Luftbeförderungsvertrag abzuschließen: Könnte man denn die Haftung gegenüber dem Fluggast durch eine einvernehmliche, schriftliche Vereinbarung begrenzen? Falls ja, wie kann dies dann geschehen?
Und wie hoch ist die Gefahr, dass eine solche Vereinbarung später vor Gericht eventuell doch wieder ungültig ist? Wie ist die Rechtslage, wenn man im weitesten Sinne keine eigentlichen Fluggäste, sondern Fliegerkameraden mitnimmt, die im Besitz der gleichen oder einer höherwertigen Lizenz sind? Und schließlich: Wie kann ich mich davor schützen, dass mich der Vercharterer, die Kaskoversicherung des Vercharterers, die Krankenversicherungen meiner Passagiere und im schlimmsten Fall sogar die Erben von Passagieren, die bei einem von mir verschuldeten Unfall gestorben sind, in den Ruin treiben?
Dr. Roland Winkler antwortete
Tatsächlich haben wir uns schon des öfteren mit Fragen der Haftung beschäftigt, was zeigt, wie umfangreich diese Thematik ist. Eine Antwort immerhin ist recht einfach: Auch Fliegerkameraden sind Gäste, da es normalerweise nur einen PIC an Bord gibt. Um Ihre weiteren Fragen beantworten zu können, müssen wir zunächst überlegen, welche Schäden auftreten können. In erster Linie wären Personenschäden zu nennen, also Verletzungen. In zweiter Linie können Sachschäden auftreten, das heißt Beschädigungen am gecharterten Luftfahrzeug und Sachschäden am Boden bei einer Notlandung oder gar einem Absturz. Als letzte Kategorie gibt es noch die Vermögensschäden, beispielsweise entgangener Gewinn des Vercharterers während der Reparaturzeit eines beschädigten Luftfahrzeugs.
All diese Schäden müssen natürlich im Zusammenhang mit dem Betrieb des Luftfahrzeugs entstanden sein, wobei es dann für die Fluggäste keinen Unterschied macht, ob der Unfall im Inland, im Ausland, beim Grenzübertritt, mit einem gemieteten oder dem eigenen Flugzeug passiert ist. Oberstes Prinzip für jeden, der ein Luftfahrzeug steuert, muss es sein, dass die vom Gesetz vorgeschriebene Versicherung, nämlich die Halterhaftpflichtversicherung, vernünftig ausgestaltet ist. Dabei ist es völlig egal, ob das Luftfahrzeug gemietet oder das eigene ist. Weil diese Art der Versicherung jedoch nur diejenigen Schäden reguliert, die außerhalb des Luftfahrzeugs entstanden sind, sollte für das Luftfahrzeug noch eine Passagierhaftpflichtversicherung abgeschlossen sein, welche die Ansprüche der im Luftfahrzeug beförderten Passagiere abdeckt.
Gut versichert – beruhigt fliegen
Hinsichtlich beider Versicherungen gilt, dass die optimale Sicherheit nur dann erreicht wird, wenn eine so genannte CSL-Deckung (Combined Single Limit) vereinbart wurde. Sie ist eine Kombination aus Halter- und Passagier-Haftpflichtversicherung mit einer einheitlichen Deckungssumme pro Schadensfall. Die CSL-Versicherung wird manchmal auch als Luftfrachtführer-Haftpflichtversicherung bezeichnet, gilt aber auch für Privatpiloten. Beförderungsverträge mit Passagieren sind ja seit dem 1. Mai 2005 für Privatpiloten nicht mehr zulässig (siehe dazu ebenfalls fliegermagazin 8/2005 und 5/2008). Sachschäden am Flugzeug deckt die für das Luftfahrzeug bestehende Kaskoversicherung ab. Da es üblich ist, dass der Vercharterer mit seinem Versicherer einen Selbstbehalt vereinbart, muss sich ein Mieter vorher erkundigen, welche Maximalbeträge im Schadensfall auf ihn zukommen können. Das sollte unbedingt schriftlich vorliegen, damit nachher keine Beweisprobleme auftreten.
Auch ist es ratsam sich zu erkundigen, wie hoch der Schadensfreiheitsrabatt ist, da im Zweifel auch dieser vom Charterer zu zahlen ist. Die letzte Kategorie stellen die Vermögensschäden dar, die aber ebenfalls durch Vereinbarung der „Besonderen Bedingungen“ in die Halterhaftpflichtversicherung eingeschlossen werden können. Auch hier gilt, dass der optimale Schutz nur dann gegeben ist, wenn es sich wieder um eine CSL-Deckung handelt. Doch wie erkennt man das? Ein Charterer kann den im Luftfahrzeug befindlichen Unterlagen und Papieren nicht entnehmen, ob eine CSL-Deckung vereinbart wurde. Dies muss sich aus dem Chartervertrag ergeben, der vor dem Flug abgeschlossen werden sollte. Ohne schriftliche Vereinbarung, sei es ein Rahmenvertrag oder ein jeweils neuer Chartervertrag, sollte man ein fremdes Luftfahrzeug nicht benutzen.
Wenn für das gecharterte Luftfahrzeug die oben skizzierten Versicherungen abgeschlossen sind, muss man sich auch nicht mehr auf das Glatteis der Haftungsbefreiungsvereinbarung begeben. Niemand kann vorhersagen, wie sich die Rechtsprechung zu Haftungsfreistellungsklauseln des Piloten entwickeln wird. Wenn man die damit verbundenen Risiken ausschalten will, sollte man auf eine solche Regelung besser verzichten.
fliegermagazin 6/2009
- Haftung
- Privatpiloten
- Dr. Roland Winkler
- Luftbeförderungsvertrag
- Fluggast
- Luftrecht
- Luftrechtsexperte
- Rechtsanwalt
- Recht
- Passagiere
- Kaskoversicherung
- Fliegerkameraden
- PIC
- Pilot in Command
- Notlandung
- Vercharterer
- Schäden
- Halterhaftpflichtversicherung
- CSL-Deckung
- Combined Single Limit