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Recht: Haftung
In der UL-Szene sehen es einige Piloten als Kavaliersdelikt an, mit zu hohem Abfluggewicht zu starten. Das kann sich bei einem Unfall bitter rächen
Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Haftung:
Mich beschäftigt seit langer Zeit eine Frage zu meinem UL-Flugbetrieb, zu der mir sich widersprechende Äußerungen vorliegen: Bei vollen Tanks führt die Mitnahme eines Fluggasts in nicht wenigen Fällen dazu, dass das zulässige Gesamtgewicht von 472,5 Kilogramm überschritten wird. Wenn ich keine riskanten Flugmanöver mache, zeigt sich aber doch in Wahrheit, dass eine Überladung im Bereich von 30 bis 40 Kilogramm keine Probleme verursacht. Ich möchte sogar so weit gehen zu sagen, dass Überladung als Unfallursache praktisch ausgeschlossen werden kann. Viele Fliegerkollegen werden das bestätigen können. Geht doch einmal etwas schief, etwa bei der Landung, ist die Ursache doch viel eher ein Pilotenfehler. Mal angenommen, bei einem solchen Landeunfall stellt der Sachverständige fest, dass der Flieger überladen war, kommt aber zu dem Ergebnis, dass dies nicht die Ursache des Crashs gewesen ist: Kann sich die Versicherung dann um die Regulierung drücken?
Dr. Roland Winkler antwortete
Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Sie haben in dieser Konstellation tatsächlich keinen Versicherungsschutz aus der Kasko-Versicherung. In diesem Fall „drückt“ sich die Versicherung allerdings nicht um die Regulierung, vielmehr hat der Halter und Versicherungsnehmer schlicht und ergreifend keinen Anspruch gegen seinen Versicherer. Die Frage der Ursächlichkeit spielt hier ausnahmsweise keine Rolle. Zwar ist es im deutschen Recht so, dass man nur dann für einen Schaden haftet, wenn man ihn verursacht hat, also eine Handlung kausal für die Entstehung des Schadens war. Doch im Versicherungsrecht gibt es Ausnahmen. In dem von Ihnen geschilderten Fall geht es um den Bereich des Vertragsrechts, denn der Anspruch auf Erstattung der für die Reparatur notwendigen Aufwendungen ergibt sich aus dem Kasko-Versicherungsvertrag.
Dies wiederum ist ein umfangreiches Werk, in dem sich nicht nur Angaben zum Luftfahrzeug, zu dem oder den berechtigten Piloten, zum Verwendungszweck und nicht zuletzt zum Selbstbehalt finden. Darüber hinaus gelten ausdrücklich die Bedingungen der Luftfahrt-Kaskoversicherung, auf die im Vertrag Bezug genommen wird und die dem Versicherungsnehmer beim Abschluss übergeben werden. Sinn und Zweck dieser allgemeinen Bedingungen ist es, den Gegenstand der Versicherung und damit das vom Versicherer übernommene Risiko abzugrenzen. Hier findet sich regelmäßig die Definition des Versicherungsfalls. In der Kaskoversicherung ist dies „jedes auf das Luftfahrzeug einwirkende Schadenereignis, das einen Total- oder Teilschaden zur Folge hat“. Eine weitere Klausel bestimmt den örtlichen Geltungsbereich: Manche Versicherungen gelten weltweit, andere schließen die USA, US-Territorien oder Kanada aus.
Haftung: Versicherung und Kausalität
Die wichtigste Klausel aber, die sich so oder in ähnlicher Form in fast allen Verträgen findet, lautet wie folgt: „Luftfahrzeuge sind nur versichert, wenn ihr Betrieb und ihr Zustand bei Eintritt des Schadensereignisses den gesetzlichen Bestimmungen, behördlichen Auflagen und verbindlichen Herstellervorgaben über das Halten und den Betrieb von Luftfahrzeugen entsprochen hat und/oder wenn behördliche Genehmigungen, soweit erforderlich, erteilt waren; wenn der/die Führer des Luftfahrzeuges bei Eintritt des Schadensereignisses die vorgeschriebenen Erlaubnisse und erforderlichen Berechtigungen oder wetterbedingte Freigabe hatte/n. Das Fehlen der Erlaubnisse und Berechtigungen beeinflusst den Versicherungsschutz nicht, wenn das Luftfahrzeug ohne Wissen, Willen und Verschulden des Versicherungsnehmers geführt wurde.“
Der hier enthaltene Risikoausschluss zielt allein auf den Zustand des Luftfahrzeugs beziehungsweise die Berechtigung des Piloten ab – ohne Rücksicht darauf, ob eine Überladung, die auf jeden Fall „den Herstellervorgaben über das Halten und den Betrieb von Luftfahrzeugen“ widerspricht, für den Schaden ursächlich war. Auch spielt es überhaupt keine Rolle, ob der Pilot vom überladenen Zustand wusste oder nicht; ein Denk- oder Rechenfehler bei der Gewichtsberechnung zählt ebenso wenig als Entschuldigung wie ein vom Passagier falsch angegebenes Körpergewicht. Im Schadensfall wird der Versicherer in einem mehr oder weniger freundlichen Schreiben zum Ausdruck bringen, dass keine Regulierung erfolgen kann, da wegen der genannten Klausel zum Zeitpunkt des Schadenseintritts kein Versicherungsschutz bestanden hat.
fliegermagazin 2/2016
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