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Recht: Grenzverkehr – Muss der Zoll wirklich sein?

Flüge in die Schweiz sind reizvoll. Doch seit dem Schengener Abkommen erscheinen die nötigen zollrechtlichen Bestimmungen lästig. Welche Konsequenzen drohen, wenn man sie umgeht – oder umgehen muss?

Von Redaktion

Kleiner Grenzverkehr

Frage an Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler:

Fliegen innerhalb Europas ist ja ziemlich liberalisiert. Bei vielen Trips ins Ausland braucht man nicht mal mehr einen Flugplan. Anders die Schweiz: Unser südlicher Nachbar ist so etwas wie eine Zoll-Exklave und erinnert an alte Zeiten.

Wer von der Bundesrepublik in die Schweiz fliegen will, muss einen Flugplan aufgeben, von einem Zollflugplatz starten und in der Schweiz auf einem landen.

Für Flüge in die Schweiz benötigt man einen Flugplan und einen Zollflugplatz als Start- und Ankunftsort

Schon am Ausgangsflugplatz wartet man aber oft trotz rechtzeitiger Anmeldung vergeblich auf die Zöllner und fliegt letztlich ohne Kontrolle ab. Dasselbe Spiel kann sich am Zielort wiederholen: Dort taucht schlicht und einfach kein Zöllner auf.

Ein Bekannter gab mir nun den Tipp, in Absprache mit der Verkehrsleitung des deutschen Zollflugplatzes (die man beispielsweise über Funk treffen kann) von dort nach einem Touch and Go direkt in die Schweiz zu fliegen. Dies wäre doch sinnvoll, wenn man lediglich einen Kaffeeflug vorhat und keine zollpflichtigen Güter an Bord sind. Wie ist die Rechtslage?

Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler antwortet zum Thema Zoll und Grenzverkehr:

Auf den ersten Blick eine verlockende Vorgehensweise! Und vielleicht auch logisch, schließlich wollen Sie in der Schweiz ja nur Berge und Seen bei einer Tasse Kaffee genießen. Sie führen nichts ein und auch nichts aus, sodass es dem Zoll doch eigentlich egal sein könnte. Weit gefehlt.

Nach dem deutschen Zollverwaltungsgesetz wird vor allem der Warenverkehr über die Grenzen des Zollgebiets der europäischen Gemeinschaft zollamtlich überwacht; Waren dürfen nur auf sogenannten Zollstraßen ins beziehungsweise aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft befördert werden. Was nicht bedeutet, dass der reine Personenverkehr (ohne Güter) von dieser zollamtlichen Überwachung unberührt bleibt.

Waren dürfen nur auf Zollstraßen in oder aus einem Zollgebiet befördert werden

Der Paragraph 2 II des Zollverwaltungsgesetzes schreibt für einfliegende Maschinen einen Zollflugplatz zur Landung und für ausfliegende einen für den Start vor. Im Gesetz ist allerdings auch eine Ermächtigung enthalten, die dem Bundesfinanzministerium Ausnahmen von dieser Zollflugplatzpflicht erlaubt, um es dem Verkehr leichter zu machen.

Ohne solche Ausnahme bleibt einem nichts anderes übrig, als den geplanten Abflug rechtzeitig (in den meisten Fällen zwei Stunden vorher) anzumelden und dann für eine eventuelle zollamtliche Kontrolle Gewehr bei Fuß zu stehen. Es versteht sich von selbst, dass bei einem Touch and Go keine zollamtliche Überwachung und gegebenenfalls Kontrolle möglich ist. Wer so verfährt, begeht eine so genannte Steuerordnungswidrigkeit nach Paragraph 31 Zollverwaltungsgesetz, die nach Paragraph 382 I Nr. 1 der Abgabenordnung mit einer Geldbuße bis zu 5000 Euro belegt wird.

Bei einem Touch and Go ist keine zollamtliche Überwachung möglich, es kann zu Geldbußen bis zu 5000 Euro kommen

Noch etwas: Der Flugleiter des betroffenen Zollflugplatzes gerät in eine prekäre Situation, wenn er von dieser Vorgehensweise Wind bekommt. Verhält er sich still, macht er sich gegenüber der Zollverwaltung zum Mittäter. Dies würde eventuell zu einem Bußgeld und sicher dazu führen, dass dem Flugplatz der Status Zollflugplatz entzogen würde. Ihm bleibt also fast nichts anderes übrig, als den Piloten bei der Zollverwaltung anzuzeigen. Das hat nichts mit Denunziation zu tun, sondern bedeutet korrektes Handeln.

Die Eidgenossen halten es übrigens ähnlich mit den Bestimmungen: Wer in die Schweiz einfliegt, muss auf einem Zollflugplatz landen, um dort die entsprechenden Einreiseformalitäten zu erledigen. Für die Rückreise gelten die gleichen Regeln.

Wer in die Schweiz ein-oder ausfliegt, muss für die Ein- oder Ausreiseformalitäten auf einem Zollflugplatz landen

Was aber, wenn der Funk ausfällt? Stellen wir uns vor, im Flugplan steht als Einreiseflugplatz Friedrichshafen, und kurz vor dem Ausflug herrscht plötzlich Schweigen im Äther (siehe auch „Refresher“, fliegermagazin 9/2006, sowie Seite 54).

Einen Flugplatz mit Flugverkehrskontrolle, also mit Kontrollzone, darf man ohne Funk nicht anfliegen. Andererseits kann man sich auf einem nichtkontrollierten Flugplatz, der als Zollflugplatz zugelassen ist, wegen des Ausfalls nicht anmelden. Oder wenn der Weiterflug zum nächsten unkontrollierten Zollflugplatz dazu führt, dass man die vorgesehene Landezeit überschreitet und Such- und Rettungsdienste alarmiert werden. Dann gilt es abzuwägen, welcher der Verstöße der geringste ist:

  • Ein Einflug in eine Kontrollzone ohne Funk ist bei VFR/IFR-Mischverkehr sehr gefährlich – bleiben lassen! Diese Möglichkeit scheidet also grundsätzlich aus.
  • Eine Überschreitung der im Flugplan angegebenen Landezeit mit der Folge, dass SAR-Maßnahmen anlaufen, ist zwar weniger gravierend, kann aber unter Umständen teuer werden.
  • Der mildeste „Verstoß“: auf einem unkontrollierten Flugplatz landen, auch wenn er kein Zollflugplatz ist. Dann sollte man sich jedoch sofort bei der Flugleitung melden und dafür sorgen, dass der Flugplan rechtzeitig geschlossen wird. Wer dann unverzüglich die Polizei informiert, ermöglicht der Zollverwaltung, ihren Pflichten nachzukommen; dies führt normalerweise nicht zu einem Bußgeld- oder gar Strafverfahren.

(aus fliegermagazin 10/2006)

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