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Recht: Gemeinsame Nutzung von Flugzeug und Startplatz

„Es wird schon gut gehen“ – mit dieser Einstellung sind in der Fliegerei die Probleme nicht weit. Wer sich dann auch noch auf mündliche Abmachungen verlässt, hat vor Gericht ganz schlechte Karten

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Gemeinsame Nutzung von Flugzeug und Startplatz:

Zwei Freunde, B. und J., teilen die gemeinsame Leidenschaft fürs Fliegen. B. ließ sich von J. auf einem Ultraleichtflugzeug mit einer ausländischen Kennung schulen und erwarb schließlich die Lizenz für Luftsportgeräte. Für seine Flüge nutzt er weiterhin einvernehmlich das UL seines Freundes J., das auf einem Gelände stationiert ist, für das die zuständige Behörde eine Erlaubnis zum Starten und Landen erteilt hat. In dieser Erlaubnis ist allerdings nur J. als Pilot genannt. Trotzdem startet und landet auch B. eigenständig dort und nimmt hin und wieder Passagiere mit; J. weiß davon und ist einverstanden.

Da J. knapp bei Kasse ist, würde er das UL gern an B. verkaufen. Abgemacht wird, dass J. erst noch eine deutsche Kennung besorgt und sich um die Formalitäten kümmert. Doch dazu kommt es nicht mehr, weil B. das UL bei einer Notlandung stark beschädigt. Es kommt zum Streit, die ehemaligen Freunde treffen sich vor Gericht. J. kann im Zivilverfahren jedoch nicht erreichen, dass er den Schaden von B. ersetzt bekommt. Fünf Jahre später flattert B. ein Strafbefehl ins Haus, wonach er sich eines gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr nach § 315 a StGB schuldig gemacht habe.

Dr. Roland Winkler antwortete

Die Geschichte zeigt in mehrfacher Hinsicht, wie wichtig auch in der Fliegerei Dokumentation und Präzision sind, oder umgekehrt: wie wenig man sich im Zweifel auf mündliche Absprachen verlassen kann. Um das Ganze zu krönen, kommt in diesem Fall auch noch die falsche Entscheidung eines Gerichts dazu. Doch der Reihe nach. J. hatte nach dem Unfall in einem langwierigen Rechtstreit durch zwei Instanzen im Ergebnis erfolglos versucht, den ihm entstandenen Schaden von B. ersetzt zu bekommen. Letztendlich konnte er jedoch nicht den Beweis dafür erbringen, dass B. einen Bedienungsfehler gemacht hatte. Auch dass B. angeblich ohne sein Wissen und Wollen das UL in Betrieb genommen hat, half ihm nicht weiter. B. hatte sich im Zivilverfahren so geäußert, dass beim Start der Motor zu stottern begonnen hatte und er deswegen und wegen der Geländegegebenheiten eine Umkehrkurve flog, die auch gelang – allerdings war die Landung zu hart für das Luftsportgerät.

In zweiter Instanz wurde noch versucht, eine Schadensersatzpflicht von B. daraus herzuleiten, dass er entgegen der allgemeinen Flugregel ohne Motorleistung eine Umkehrkurve geflogen habe. Dieses Argument wurde allerdings vom Oberlandesgericht aus prozessualen Gründen nicht mehr gehört. Doch wie kam nun die Staatsanwaltschaft auf den Plan? J. war natürlich ziemlich sauer darüber, dass er den Zivilprozess verloren hatte. Er erstattet daher Anzeige gegen seinen ehemaligen Freund B. mit der Begründung, dieser habe das Ultraleichtflugzeug gesteuert, ohne im Besitz einer entsprechenden Genehmigung zu sein. Insbesondere hatte er keine Außenstart- und Landeerlaubnis für das Gelände, auf dem das später zerstörte UL stationiert war. Nach einigem Hin und Her sah die Staatsanwaltschaft den Tatbestand eines Vergehens nach § 315 a StGB erfüllt und beantragte beim zuständigen Amtsgericht einen Strafbefehl über 15 Tagessätze à 30 Euro, insgesamt also 450 Euro, den dieses Amtsgericht auch noch erließ.

Das Ende einer wunderbaren Freundschaft

§ 315 a StGB enthält zwei Alternativen:

  1. Führung eines Luftfahrzeugs im Zustand der Fluguntüchtigkeit, sei es durch Alkohol oder aufgrund geistiger oder körperlicher Mängel, und
  2. grob pflichtwidriges Verhalten des Führers eines Luftfahrzeugs, der damit gegen Rechtsvorschriften zur Sicherung des Luftverkehrs verstößt. Voraussetzung der Strafbarkeit ist, dass Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert gefährdet werden.

Die Staatsanwaltschaft stellte lapidar fest, dass B. durch den Start die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Satz 1 LuftVG grob verletzt habe, weil er in der Außenstart- und Landeerlaubnis nicht eingetragen war. Nähere Ausführungen dazu, warum diese Verletzung grob gewesen sein soll, finden sich nicht. Viel schlimmer ist aber ein entscheidender Rechtsfehler, den das Amtsgericht dann zuletzt noch erkannt hat: Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung seit dem Jahr 1976 ausgesprochen, dass das benutzte Luftfahrzeug nicht selbst Schutzobjekt des § 315 a StGB sein kann, weil dieses ja das notwendige Mittel für die Verwirklichung des Tatbestandes ist. Sprich: Die allgemeine Sicherheit des Luftverkehrs wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Täter ausschließlich das von ihm geführte Fahrzeug gefährdet oder beschädigt, sodass es auf die Frage, ob eine Verletzung des § 25 LuftVG vorgelegen hat, überhaupt nicht mehr ankommt.

Das Amtsgericht hob den Strafbefehl zu guter Letzt auf, B. wurde freigesprochen. Zwei Möglichkeiten gibt es, um erst gar nicht in eine solche Situation zu kommen: Entweder die Beteiligten schließen gleich am Anfang einen rechtsverbindlichen Vertrag, in dem auch kleinlich scheinende Einzelheiten klipp und klar geregelt sind – oder man lässt beim leisesten Zweifel die Finger von einer Vereinbarung mit Partnern, denen man nicht absolut und zu hundert Prozent vertraut. Steht man erst einmal vor Gericht, ist es für eine Einsicht oft genug zu spät.

fliegermagazin 1/2010

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