Recht

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Eigenverantwortung des Pilot-in-Command

Der Plan eines Piloten geht nicht auf, seine Route ist nicht fliegbar. Er sucht Hilfe bei FIS, scheint aber mit der Alternative überfordert zu sein

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Eigenverantwortung:

Als ich neulich im Flieger unterwegs war, wurde ich auf der FIS-Frequenz Zeuge eines merkwürdigen Funkverkehrs. Ein Pilot erbat vom Lotsen Hilfe für folgendes Problem: Er habe einen Flugplan aufgegeben für einen VFR-Flug, den er nun aber nicht so durchführen könne: Auf seiner Route liege ein Flugbeschränkungsgebiet, und nun habe ihm der dafür zuständige Controller keine Freigabe zum Durchflug erteilt. Er wisse nicht, wie er weiterkomme und ob er seinen Zielflugplatz überhaupt erreichen könne.

Obwohl die Stimme am anderen Ende äußerst geduldig war, ruhig antwortete und eine Alternativroute vorschlug, wurde der Pilot merklich nervöser und ratloser. Irgendwann bat er dann darum, den Flugplan zu schließen, er werde wieder zurückfliegen, denn sein ursprüngliches Vorhaben sei wegen der Weigerung des Controllers nicht mehr möglich. FIS bestätigte die Schließung des Flugplans, nannte dem Piloten noch den Kurs zu seinem Ausgangsflugplatz und riet ihm, weiterhin VFR zu squawken. Danach verabschiedete sich der Pilot von der FIS-Frequenz, und das Gespräch war beendet. Mir erschien der gesamte Vorgang sehr sonderbar, denn so sollte sich ein Pilot doch wohl nicht verhalten.

Dr. Roland Winkler antwortete:

Das klingt in der Tat sonderbar, und mir scheint, dass hier der betreffende Pilot seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Flugvorbereitung verletzt hat. Betrachten wir zunächst die Aufgaben des Fluginformationsdienstes (FIS). Diese sind ist in der Verordnung über die Durchführung der Flugsicherung geregelt. Paragraf 12 der VO definiert die Aufgabe, den Führern von Luftfahrzeugen Informationen und Hinweise zu geben, die für die sichere, geordnete und flüssige Durchführung von Flügen erforderlich sind. Piloten können auf den FIS-Frequenzen also nachfragen, ob ein Gebiet mit Luftverkehrsbeschränkungen aktiv ist oder nicht, man kann einen Transpondercheck machen und auch einen VFR-Flugplan schließen, wenn der Zielflugplatz erreicht ist oder sich das Flugziel geändert hat.

Der Fluginformationsdienst ist bestrebt, die Piloten bei der Durchführung von VFR-Flügen zu unterstützen. Eines ist aber klar: FIS ist keine Flugverkehrskontrolle! Auch wenn ich von FIS aufgefordert werde, den Transponder zu schalten, darf ich nicht davon ausgehen, dass ich ab diesem Zeitpunkt kontrolliert und von anderem Verkehr gestaffelt werde. Sonstige Anweisungen werde ich nicht erhalten. Es ist auch nicht Aufgabe von FIS, einem Piloten mitzuteilen, dass er sich nicht in Sichtflugbedingungen befinden kann, weil der Lotse eventuell weiß, wie schlecht das Wetter in der Gegend ist. Nehmen wir an, ein Pilot fliegt mit IFR-Flugplan, unterliegt damit der Flugverkehrskontrolle (§ 4 der VO) und will trotz schlechten Wetters in VFR wechseln, dann hat der Controller keine Handhabe, den Wechsel zu versagen. Es bleibt also unter allen Umständen dabei, dass allein der Pilot in Command (PIC) für die sichere Durchführung des Flugs verantwortlich ist.

Eigenverantwortung: Unvorbereitet und planlos

Weder die Unterstützung durch FIS noch durch die Flugverkehrskontrolle ersetzen die Flugvorbereitung nach SERA.2010 b) der VO 923/2012. Im von Ihnen geschilderten Fall hat der verantwortliche Luftfahrzeugführer gegen die Forderung im Rahmen der Flugvorbereitung verstoßen, einen alternativen Flugverlauf zu berücksichtigen. Auch wenn Verkehrslotsen an Flughäfen meistens Freigaben zum Durchfliegen der Kontrollzone erteilen, heißt dies nicht, dass ich als VFR-Flieger einen Anspruch darauf habe. Zum einen hängt eine solche Freigabe vom Verkehrsaufkommen ab, das der Controller einzuschätzen hat. Zum anderen liegt es im Ermessen eines Controllers, ob er einen VFR-Flieger, der am Funk bereits Unsicherheit ausstrahlt, überhaupt in seine Kontrollzone einfliegen lässt – seine vorrangige Aufgabe ist es, den Flugbetrieb am Flughafen sicherzustellen. Eine ordnungsgemäße Flugplanung muss also auch alternative Routen berücksichtigen.

Im zweiten Fall hätte der IFR-Pilot gegen seine Verpflichtung verstoßen, die verfügbaren aktuellen Wetterberichte und -vorhersagen zur Kenntnis zu nehmen und sich darüber klar zu werden, ob ein VFR-Anflug am vorgesehenen Landeplatz überhaupt möglich sein wird. Wenn hier Zweifel bleiben, muss ein solcher Anflug unterbleiben, sonst kann es – wie in der Unfallakte in fliegermagazin 10/2017 berichtet – schnell zu Toten kommen. Ob ein Flugbeschränkungsgebiet (ED-R, TRA) oder ein Luftraum D (HX) zum Zeitpunkt des Überflugs aktiv oder inaktiv sein wird, lässt sich bei der Flugvorbereitung klären, etwa durch den Blick in die AIP (dort unter ENR 3-2 ff sowie im Fliegertaschenkalender (ab ENR 57). Wer dann zur Sicherheit noch bei FIS nachfragt, sollte keine große Überraschung erleben.

fliegermagazin 11/2017

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