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Recht: Beschränkungsgebiete
Die Freiheit am Himmel hat durchaus Grenzen. Wer durch Unachtsamkeit in Sperrgebiete einfliegt, riskiert empfindliche Strafen
Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema Beschränkungsgebiete:
Ende Mai/Anfang Juni diesen Jahres hatten wir wieder das Vergnügen, dass im Süden der Republik der Luftverkehr stark eingeschränkt wurde. Während in Dresden beim Treffen der G7-Innen- und Finanzminister Radio Mandatory Zones eingerichtet wurden, hat man für das G7-Gipfeltreffen in Elmau ein riesiges Flugbeschränkungsgebiet eingerichtet: Der Luftraum von Ingolstadt bis Garmisch-Partenkirchen und von Augsburg bis fast zum Chiemsee konnte an zwei Tagen praktisch nicht genutzt werden. Auch über Nord- und Ostsee, der Lüneburger Heide und einigen anderen Stellen finden sich etliche Gebiete, die in der ICAO-Karte mit ED-R oder ED-D plus einer Zahlenkennung bezeichnet sind und die für VFR-Flieger tabu sind.
Wie verhalten sich eigentlich diese Gebiete zueinander? Können solche Zonen einfach festgelegt werden, obwohl der Luftraum über der Bundesrepublik nicht eben üppig ist? Was erwartet Piloten, wenn sie aus Unachtsamkeit (NOTAM nicht abgefragt) oder gar Orientierungsverlust in ein solches Gebiet hineinfliegen? So wie ich die Luftraumüberwachung kenne, dürften derartige Ereignisse den Behörden eher nicht verborgen bleiben.
Dr. Roland Winkler antwortete
Es stimmt, insbesondere die ED-R-Gebiete sind, sofern sie nicht inaktiv sind, für Durchflüge absolut tabu. Doch schauen wir uns die Sache systematisch an. Der Luftraum über der Bundesrepublik ist vielfach unterteilt. Oberster Grundsatz ist jedoch, dass die Nutzung des Luftraumes durch Luftfahrzeuge frei ist. Dies bestimmt § 1 Abs. 1 LuftVG. Auch diese Freiheit hat Grenzen, denn die Bedürfnisse anderer Teilnehmer am Luftverkehr und die Interessen der Bewohner des Lands sind zu berücksichtigen. Das Gebot der Rücksichtnahme konkretisiert sich etwa in der Sicherheitsmindesthöhe oder der Reiseflughöhe. Auch gibt es Überflugverbote über Kraftwerken oder anderen Industrieanlagen, die aus Gründen der Sicherheit von den zuständigen Behörden angeordnet werden. Nicht zuletzt gibt es noch die Lufträume C und D, in die man erst nach Freigabe einfliegen darf.
All diese Vorschriften regeln das „Wie“, sie untersagen die Benutzung des Luftraums aber nicht grundsätzlich. Weitere Beispiele dafür sind die Einrichtung einer RMZ wie in Dresden Ende Mai/Anfang Juni oder nach SERA anstelle der früheren Lufträume F. Ganz anders die mannigfachen Lufträume ED-R, nicht nur am Beispiel Elmau in Oberbayern. In den Gebieten „ED-R Schloss Elmau“ und „ED-R Elmau gesamt“ waren übrigens alle Flüge einschließlich des Betriebs von Flugmodellen und Drohnen untersagt. Dass hier wie auch bei anderen (meist militärisch genutzten) Lufträumen Aktivierungszeiten festgesetzt wurden, ändert nichts daran, dass zu diesen Zeiten nicht geflogen werden darf. Und das wiederum ist der massivste Eingriff in die Freiheit des Luftraums. Er ist nach gängigem Verständnis nur gerechtfertigt, wenn es darum geht, schwerste Gefahren für die Luftfahrt oder sonst schützenswerte hohe Güter abzuwehren.
Beschränkungsgebiete: Verbotene Zonen
Die Einschätzung von Gefahren obliegt dabei den zuständigen Behörden – dies muss man als Bürger tatsächlich akzeptieren. Um diesen Verboten auch das entsprechende Gewicht zu geben, hat sich der Gesetzgeber entschieden, Zuwiderhandlungen gegen Luftsperrgebiete und Gebiete mit Flugbeschränkungen nicht als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat zu qualifizieren (§ 62 LuftVG). Dies wurde vom Bundesverfassungsgericht bereits 1973 gebilligt. Ein Verstoß gegen § 62 LuftVG kann somit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. Bei fahrlässiger Begehensweise droht zudem noch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen. Ein Tagessatz entspricht dem dreißigsten Teil des monatlichen Nettoeinkommens.
Wer sich darauf hinausreden möchte, man habe ja nicht gewusst, dass etwa der Überflug des Münchener Oktoberfests verboten sei, kommt nicht ungeschoren davon. Der Fahrlässigkeitsvorwurf kann bereits daraus hergeleitet werden, dass man die Flugvorbereitung nicht ordentlich gemacht hat. Auch die Ausrede der Windabdrift hilft aus genau diesem Grund nicht weiter. Doch in aller Regel kommt es nicht zu Haftstrafen, die ohnedies zur Bewährung ausgesetzt werden müssten. Die Geldstrafen sind allerdings empfindlich: Der „Oktoberfestbesuch“ schlägt immerhin mit gut 750 Euro zu Buche. Anders die ED-D-Lufträume: Hier handelt es sich um Warnungen, die kein Flugverbot beinhalten. Beim Durchflug durch ein aktives Schießgebiet muss man sich allerdings sehr wohl im Klaren darüber sein, bei einem Zwischenfall zivilrechtlich in der Haftung zu stehen.
fliegermagazin 7/2015
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