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Recht: „Alte“ Verurteilungen und Zuverlässigkeits-Überprüfung (ZÜP)

Sie glauben, eine Verurteilung wegen Waffenschmuggels müsse im Rahmen der ZÜP automatisch zum Lizenzverlust führen? Dann lesen Sie mal, wieviel Mühe sich Behörden tatsächlich bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit von Piloten geben

Von Redaktion

Wann knallt’s richtig?

Frage an Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler:

Bei mir steht die Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) an. Mittlerweile hat sich ja herumgesprochen, dass strafrechtliche Verurteilungen, die weniger als zehn Jahre zurückliegen, dazu führen können, dass einem die Zuverlässigkeit „verweigert“ wird.

Dieser Umstand könnte für mich gefährlich werden. Ich bin vor neun Jahren wegen einfacher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden. Ich war 19 Jahre alt und Türsteher einer Disco. Einmal kam es mit Gästen, die nicht mehr eingelassen werden konnten, zu einer Rangelei. In deren Verlauf ging ein Gast zu Boden.

Kann eine Jugendsünde die ZÜP aufs Spiel setzen?

Leider war ich es, der ihn etwas zu hart angefasst hat. Im Gerichtsurteil steht aber, dass ich mich nur am untersten Rand strafbar gemacht habe, weswegen nur eine geringfügige Geldstrafe verhängt wurde. Muss ich nun damit rechnen, dass mir wegen dieser Jugendsünde, die selbst der Strafrichter nicht als sonderlich gravierend angesehen hat, die Pilotenlizenz entzogen wird?

Rechtsanwalt Dr. Roland Winkler antwortet zum Thema „alte“ Verurteilungen und ZÜP:

Dass die Sache noch mal aufs Tablett kommt, ist klar. Strafrechtliche Verurteilungen innerhalb der letzten zehn Jahre werden für die Überprüfung Ihrer Zuverlässigkeit herangezogen. Dies ergibt sich aus Paragraph 5 I LuftVZÜV.

Der Absatz zwei dieser Vorschrift stellt eine Regelvermutung auf, dass nicht zuverlässig sein kann, wer in den zehn Jahren vor der Überprüfung wegen versuchter oder vollendeter Straftaten rechtskräftig „verdonnert“ wurde. Dabei wird zum Teil auch die Auffassung vertreten, dass bereits eine rechtskräftige Verurteilung ausreicht. Allerdings wird man die Zuverlässigkeit des Betroffenen aufgrund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls beurteilen.

Strafrechtliche Verurteilungen der letzten zehn Jahre werden für die Überprüfung der ZÜP herangezogen

Stellt sich Ihre Verurteilung vor neun Jahren als einmaliger Ausrutscher heraus, haben Sie gute Chancen, den „Segen“ der Zuverlässigkeit zu erhalten. Auch wenn das böse Zungen gelegentlich behaupten: In den Prüfungsbehörden sitzen keineswegs Menschen, die Bürger und Piloten piesacken und schikanieren wollen. Überwiegend bemühen sich die Sachbearbeiter um vernünftige Lösungen, wie am folgenden Fall eines Privatpiloten mit Heli-Lizenz zu sehen ist:

Der Polizeibeamte hatte eine Sammelleidenschaft für Waffen. Allerdings schränkte ihn seine Waffenbesitzkarte auf eine Signalpistole ein. Er durfte keine anderen Waffen besitzen und seine Signalpistole nicht außerhalb seines Hauses und Grundstücks führen. Ende 1996, rund 19 Jahre nach seiner Pensionierung, erfuhr er von der Geschäftsaufgabe eines schweizerischen Waffenhändlers, der günstig Pistolen, Büchsen und Flinten anbot.

Wenn eine Verurteilung sich als einmaliger Ausrutscher entpuppt, kann die ZÜP wahrscheinlich problemlos erworben werden

Der Pensionär konnte der Versuchung nicht widerstehen und kaufte in der Schweiz elf Waffen. Von der Selbstladepistole bis zur Druckluftbüchse versteckte er alles in seinem Kastenwagen unter dem Beifahrersitz. Ein Grenzbeamter kontrollierte seinen Koffer und fand unter der Herrenbekleidung drei Waffenzeitschriften. Das Unheil nahm seinen Lauf: Der Kastenwagen wurde durchsucht und die Waffen gefunden. Für den Pensionär endete der Schmuggelversuch vorm Amtsgericht. Ende 1997 wurde er rechtskräftig wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Das Gericht ordnete auch hier die Strafbarkeit des Pensionärs an der untersten Grenze ein; deshalb auch die Mindeststrafe nach dem Waffengesetz. Im März 2006 stand die ZÜP an. Dabei kam auch die Verurteilung zur Sprache. Sollte man nun dem Mann, der bereits über 70 Jahre alt war und der seine Lizenz im Fall eines Entzuges sicher nicht noch mal neu erwerben würde, die Zuverlässigkeit verweigern?

Die Behörde hatte ein offenes Ohr für die Argumentation, dass die Tat nicht nur über acht Jahre zurücklag, sondern der Pensionär auch „naiv“ handelte, als er auf dem Landweg versuchte, Waffen in die Bundesrepublik zu schmuggeln. Immerhin besaß er bereits damals eine Hubschrauberlizenz. Ein Lufttransport der Waffen wäre sicherlich der leichtere, allerdings auch der kriminellere Weg gewesen. Die Amtsleute ließen sich überzeugen. Dieser Umstand und das fortgeschrittene Alter wären eine unbillige Härte, wenn der Betroffene nun seine Pilotenlizenz verlieren würde.

Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung wirken sich positiv auf die ZÜP aus

Die Behörde nahm die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prüfung sehr ernst. Gewährt die Persönlichkeit des Betroffenen soviel Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung, sich gesetzeskonform zu verhalten, selbst wenn Vorteile winken oder Nachteile drohen? Das Ergebnis war ein entlastendes Schreiben der Behörde: „Das Ergebnis der Prüfung ist, dass ich Sie als zuverlässig im Sinne dieser Bestimmung ansehe.“

In Ihrem Fall wird man ähnlich argumentierten. Bei einem Rahmen der möglichen Tagessätze von fünf bis 360 bedeutete die Verhängung von 60 Tagessätzen ebenfalls, dass die Strafbarkeit an der untersten Ebene anzusiedeln war. Ich würde mir daher nicht allzu große Sorgen machen.

(aus fliegermagazin 11/2006)

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