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Recht: Ärger mit ZÜP

Die Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) ist ein deutsches Unikum. Mehr denn je ist die Absurdität dieses Konstrukts offensichtlich

Von Redaktion

Frage an Dr. Roland Winkler zum Thema ZÜP-Ärger:

Alle fünf Jahre kommt der Ärger wieder: die ZÜP. Soweit ich weiß, hält die AOPA dieses Verfahren für verfassungswidrig und kämpft dagegen an. Nur kenne ich keinen Piloten, der erfolgreich dagegen vorgegangen wäre, denn wir stecken ja alle in der gleichen Zwickmühle: Verweigern wir die Mitarbeit in Form der Antragstellung, wird die Lizenz nicht verlängert. Wirken wir mit, weil wir unsere Lizenz brauchen oder weil wir unser wunderschönes Hobby eben weiter ausüben wollen, ist doch der ganze Protest sinnlos. Warum müssen Piloten unter Generalverdacht stehen?

Es gibt doch wirklich nur eine verschwindend geringe Zahl von schwarzen Schafen. Sind denn nicht wenigstens unsere Gerichte so vernünftig einzusehen, dass die Piloten der Allgemeinen Luftfahrt gar nicht so schlimme Sachen anstellen können, insbesondere wenn man fast ausschließlich auf unkontrollierten Plätzen fliegt? Ist es im Übrigen zutreffend, dass man bei Geldstrafen im unteren Bereich, ich glaube bis zu 90 Tagessätzen, relativ sicher vor einer negativen ZÜP-Beurteilung ist, wenn es sich nicht um Trunkenheitsdelikte im Straßenverkehr gehandelt hat?

Dr. Roland Winkler antwortete

Durch die ZÜP wurden bislang kaum wirkliche „Gefährder“ des Luftverkehrs aussortiert. Vielmehr entsteht manchmal der Eindruck, dass das Luftsicherheitsgesetz Tür und Tor öffnet für eine Art „Gesinnungsstrafrecht“, das man an anderer Stelle bekämpft. Erst jüngst ist diesbezüglich eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) ergangen, die leider wenig Hoffnung macht. Zugrunde lag der Fall eines Piloten, der als ausgebildeter Krankenpfleger und Inhaber einer Physiotherapiepraxis über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg als „Dr. med.“ auftrat, obwohl ihm dieser Titel nicht verliehen worden war. Um sein Ansehen bei seinen Patienten zu fördern, fälschte er noch eine Approbationsurkunde und einige Fortbildungszertifikate. Der Schwindel flog auf, der Pilot wurde bestraft.

Das Amtsgericht verhängte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 40 Euro wegen Missbrauchs von Titeln und vier Fällen der Urkundenfälschung. Daraufhin widerrief das zuständige Luftamt die Feststellung der Zuverlässigkeit des Piloten. Seine Klage hiergegen vor dem Verwaltungsgericht (VG) blieb nach fünf Monaten erfolglos, sein Antrag auf Zulassung der Berufung zum VGH München wurde 25 Monate später abgelehnt. Dabei schloss sich der VGH voll den Ausführungen des VG an – die es wirklich in sich haben! Im Einzelnen lässt sich Folgendes lesen: Zuverlässig im Sinne des Luftsicherheitsgesetzes ist nur derjenige, der die Gewähr bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu tun. Im Rahmen des § 7 LuftSiG ist ein strenger Maßstab anzulegen und die Zuverlässigkeit schon bei relativ geringen Zweifeln zu verneinen.

Zulässigkeitsüberprüfung: Wie schlecht ist der Mensch?

Eine strafrechtliche Verurteilung ist Anlass genug, die luftrechtliche Zuverlässigkeit in Frage zu stellen, unabhängig davon, ob die Verfehlung einen luftverkehrsrechtlichen Bezug hat. Die Tatsache, dass der Kläger den Doktor-Titel sowohl beruflich als auch privat führte, lässt folgern, dass er sich Vorteile im Rechtsverkehr verschaffen wollte und dass er ein gesteigertes Geltungsbedürfnis habe, welchem er das Wissen um die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens unterordnete. Wörtlich: „Damit hat der Kläger (der Pilot) das in der Bevölkerung enthaltene Grundvertrauen in die Werte des Arztberufs und dessen bedeutende Funktion für die Erhaltung von Leben und Gesundheit der Menschen untergraben – und zwar nur, um seiner Geltungssucht zu genügen.“ Der Unglückliche hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem VG mitgeteilt, dass seine damalige Lebensgefährtin auf sein Tun Einfluss genommen hätte.

Leider ging die Strategie nach hinten los: „Auch dies lässt sein Verhalten in keinem milderen Licht erscheinen. Vielmehr hat er sich (…) als beeinflussbar und gegenüber der Rechtsordnung als gleichgültig erwiesen, soweit dies der Wahrnehmung seiner eigenen Interessen diente.“ Damit bestünden Bedenken, dass er auch künftig aus eigenem Antrieb oder aufgrund fremder Manipulation die Sicherheit des Luftverkehrs beeinträchtigen könne. Auch die Tatsache, dass der Pilot nur einmotorige Flugzeuge bis zwei Tonnen MTOM führen könne sowie seine langjährige Flugerfahrung halfen nicht weiter. Schließlich war auch noch bedeutungslos, dass das Amtsgericht nur 90 Tagessätze verhängt hatte. Die einschlägige Empfehlung des Bundesministers des Innern für diesen „Grenzwert“ bei Tagessätzen beruhe möglicherweise auf einer behördlichen Nachlässigkeit, so das VG.

fliegermagazin 4/2016

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