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Professionalität in der Privatfliegerei – ein wichtiger Aspekt?

Was bedeutet Professionalität in der Privatfliegerei? Wie viel braucht man davon und was lässt sich von Berufspiloten lernen? Ansichten eines Fluglehrers, der für PPL und ATPL schult.

Von Michael Fröhling
Der Traum vom Fliegen
Der Traum vom Fliegen: Im offenen Doppeldecker durch die Herbstsonne – das ist die große Freiheit! Auch wenn es mancher nicht glauben mag: Solche Erlebnisse lassen sich mit Professionalität kombinieren, ohne dass sie entzaubert werden. Foto: Christina Scheunemann

„Das ist ein echter Profi“, hört man schon mal jemanden über einen anderen urteilen. Ein großes Kompliment, keine Frage. In unserem Metier kann es nur heißen, dass der Betreffende ein guter Pilot ist. Oft kommt auch der Begriff „good airmanship“ ins Spiel, der zu beschreiben versucht, dass ein Pilot in den wichtigen Dingen des Fliegens gute Angewohnheiten hat. Viele glauben, Professionalität habe damit zu tun, dass man wie ein beruflich Tätiger handelt. Das reicht mir nicht. Mein Vorschlag: Professionell handelt derjenige, der sich, bevor er etwas tut, gründlich über den gesamten Sachverhalt informiert und sich bei seinem Tun bewährter Mechanismen und Prozesse bedient. So ist das Gegenteil von Professionalität Ignoranz und Improvisation.

Manche Piloten fühlen sich davon eingeengt. Fliegen solle doch in erster Linie Spaß machen, sagen sie. Was soll der Zwang zur Professionalität und das hehre Ziel, ein Top-Pilot zu sein? Die Qualität eines Piloten kann doch eh an den unterschiedlichsten Dingen gemessen werden. Und Fliegen soll eine entspannende Freizeitbeschäftigung sein, bei der man die Fortbewegung in der dritten Dimension erleben, die Natur von oben genießen und das Gefühl von Freiheit auskosten möchte. Jeder übertriebene Ehrgeiz und jedes unnötige Hineinpressen in Verfahren würde dieses Erlebnis nur schmälern.

Professionalität in der Privatfliegerei: Verschiedene Motivationen

Es wird klar: Der eigene Anspruch an die fliegerischen Qualitäten hat viel mit der Motivation zu tun, warum man sich überhaupt an einen Steuerknüppel setzt. So verschieden die Menschen, so verschieden sind auch die Gründe. Während manche von Natur und Freiheit schwärmen, gibt es andere, die an komplexer Technik und deren Beherrschung Spaß haben und mit möglichst schnellen Maschinen in kürzester Zeit von A nach B gelangen wollen. Der eine träumt davon, im offenen Doppeldecker bei schönstem Wetter einem malerischen Küstenstreifen zu folgen. Der andere findet tiefe Befriedigung darin, mit seiner Bonanza bei Minimum-Wetter mit 120 Knoten den ILS-Approach eines geschäftigen Verkehrsflughafens zu meistern.

Natürlich schließen sich diese Ziele nicht gegenseitig aus. Also erstmal Schluss mit der Schwarz-Weiß-Malerei und dem Aufzählen von Extremen. Denn was die Professionalität angeht, treffen sich alle Piloten an genau drei Stellen: bei den Themen Sicherheit, Rechtsbewusstsein und Sozialverhalten. Niemand wird ernsthaft in Frage stellen, dass ein Minimum an Professionalität, so wie oben definiert, für jeden Piloten gelten muss, wenn es darum geht, für die Sicherheit des Flugs zu sorgen, die Gesetze einzuhalten und sich anderen Piloten gegenüber ordentlich zu verhalten.

Gründliche Vorbereitung: Die Sicherheit hängt von der Flugvorbereitung ab

Die Sicherheit etwa hängt ab von einer gründlichen Flugvorbereitung vor allem in Sachen Wetter, dem Nutzen von Checklisten sowie dem Bewegen des Flugzeugs innerhalb seiner im Handbuch vorgegebenen Betriebsgrenzen. Zum Rechtsbewusstsein gehört beispielsweise die Beachtung von Lufträumen und Mindesthöhen. Und ein professionelles Sozialverhalten zeigt sich vor allem in der Funkdisziplin und einem umsichtigen Verhalten in der Platzrunde oder beim Rollen.

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Damit wäre ein Mindestmaß an Professionalität definiert, das für Piloten gilt. Aber was können Privatpiloten von denen lernen, die von Beruf aus professionell fliegen?

Instrumentenflug: Brücke zur Verkehrsfliegerei

Die größten Überschneidungen gibt es wohl beim Thema Instrumentenflug. Für den Privatpiloten spannt es praktisch eine Brücke zur Verkehrsfliegerei, da viele Verfahren dort gleich ablaufen – vom Sprechfunk über die Navigation bis zu den Handlungen im Cockpit. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass es natürlich einen himmelweiten Unterschied gibt zwischen IFR-Flügen als einzelner Pilot am Steuer einer kleinen, minimal ausgerüsteten Maschine oder solchen, bei denen zwei Experten in einem hochautomatisierten Airliner sitzen.

ArbeitsplatzArbeitsplatz
Arbeitsplatz für Profis? Die ausgefeilte Technik, die Berufspiloten gut kennen, kann man auch ganz privat als fliegerische Herausforderung genießen.

Doch jeder Privatpilot kann, wenn er denn möchte, von der beruflichen Fliegerei lernen. Das zeigt sich ganz deutlich in der Unfallstatistik. Es führt kein Weg an dieser Erkenntnis vorbei: Sobald professionelle Abläufe und Verfahren ins fliegerische Spiel kommen, sinken die Risiken der Luftfahrt erheblich.

Procedures: Verfahren die immer wieder gleich ablaufen

Da sind zunächst die sogenannten Procedures: Es geht um Verfahren, die in einer bewährten und festgelegten Form immer wieder gleich ablaufen und die bei Bedarf individuell variiert werden. Beispielsweise sollte die Abfolge der erforderlichen Handlungen nach einem Take-off abhängig vom Muster immer gleich und folglich auch klar im Kopf sein. Beispiel: Einfahren von Fahrwerk und Klappen, Anpassung der Leistung, Landelicht und Treibstoffpumpe aus, Einfahren der Kühlklappen, Anpassen der Steiggeschwindigkeit, Drehen in die erste Flugrichtung, Frequenzwechsel.

Dabei geht es nicht nur um die Erledigung all dieser Punkte, ohne etwas zu vergessen. Es geht um Prioritäten und den richtigen Zeitpunkt. So ist es etwa sinnvoll, das Landelicht im Bereich der Platzrunde und vielleicht sogar bis zum Erreichen der Reiseflughöhe noch eingeschaltet zu lassen. Die Zusatz-Benzinpumpe dagegen kann vielleicht schon kurz nach dem Start abgeschaltet werden. Wichtig ist: Man macht es immer gleich, nach einem standardisierten, bewährten Verfahren. Und es ist ratsam, solche Abfolgen auch für Anflug und Landung im Kopf zu haben und umzusetzen.

Briefings: kurzgefasste Ansagen für kommende Aktivitäten

Das bringt uns zu den Briefings. Das sind  kurzgefasste Ansagen für kommende Aktivitäten. Schon bevor es überhaupt in die Luft geht, bieten sich drei an. Das Departure Briefing bestätigt die Startbahn und welche Richtungen und Höhen nach dem Abheben unter Nutzung welcher Navigationseinrichtungen geflogen werden. Das Take-off Briefing definiert die Klappen-Konfiguration sowie die Rotations- und Steiggeschwindigkeit für den Start. Hier kann man auch die berechnete Start- und Startrollstrecke einbeziehen.

Das Emergency Briefing schließlich nimmt die nötigen Handlungen bei einer Störung auf der Bahn oder einem Motorausfall nach dem Abheben gedanklich voraus. Ebenso wichtig ist natürlich ein Approach Briefing vor dem Anflug. Diese Briefings müssen nicht in einer bestimmten formalen Art erfolgen und auch nicht laut gesprochen werden. Wichtig ist lediglich, dass der Pilot zukünftige Abläufe gedanklich antizipiert.

Checklisten: Gesetzlich vorgegebene Verwendung

Kommen wir zum Thema Checklisten. Deren Verwendung ist sogar gesetzlich vorgegeben. Zwei Arten von Checklisten werden unterschieden: Bei der „Follow-up Checklist“ werden erst die einzelnen Aktivitäten ausgeführt – wenn dann Zeit ist, wird anhand der Checkliste überprüft, ob nichts vergessen wurde. Die zweite Form ist die „Read-and-do Checklist“. Sie wird beim Lesen Punkt für Punkt abgearbeitet – die übliche Form einer Notfall-Checkliste oder für den Fall eines komplexen Vorgangs, bei dem nichts falsch gemacht werden darf, wie das Starten der Triebwerke.

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Ermüdung: Sekundenschlaf am Steuerhorn

Im Zusammenhang mit Checklisten stehen die Memory Items. Das sind zeitkritische Aufgaben bei „Abnormals“, also von der Norm abweichenden Vorfällen, oder Notfällen, die man deshalb auswendig kennen muss. Klassisches Beispiel dafür ist ein Leistungsverlust oder der komplette Motorausfall. Hier muss sofort gehandelt werden. Bleibt Zeit, kann die zugehörige Checkliste später nach dem Prinzip „Follow-up“ gelesen werden.

Typisch für die auszuführenden Aktionen bei Motorstörungen wäre je nach Muster etwa: Leistung und Gemisch nach vorn, Tank umschalten, Benzinpumpe ein, Vergaservorwärmung ein, Zündung prüfen und Magnetkreise separat durchschalten, Primer auf Verriegelung prüfen.

Nützlicher Idiot: Ein guter Pilot muss nicht alles per Hand fliegen

Dass unsere Kollegen im Airliner-Cockpit grundsätzlich fast alles, einschließlich des Anflugs, mit dem Autopiloten absolvieren ist kein Geheimnis. Der ist nicht besonders intelligent, kann aber genauer als jeder Pilot fliegen.

Der Anspruch, dass ein guter Pilot alles von Hand fliegen sollte, wäre absurd. Diesen Assistenten und seine Fähigkeiten zu ignorieren ist selbst für Wenigflieger im gecharterten Flugzeug nicht sinnvoll. Schließlich ist es doch anzustreben, die gesamte im Flugzeug verbaute Technik auch zu beherrschen und zu nutzen. Was bei IFR zwingend ist, gilt ebenso beim Sichtflug: Der Autopilot entlastet den Piloten. So reduziert „George“ viel Stress und erlaubt es, sich auf das zu konzentrieren, was vielleicht gerade wichtig ist. Das ist nicht nur eine Frage des Komforts, sondern vor allem auch der Sicherheit.

Größter Sicherheitsgewinn: Training unter Aufsicht

Von Hand zu fliegen muss dabei ja niemand verlernen. Es gibt genug Gelegenheiten auf jedem Flug, je nach Arbeitsbelastung mehr oder weniger lang selbst zu steuern. Das gilt natürlich auch für Instrumentenanflüge – man weiß ja nie, ob George mal in Streik tritt. Und auch der Prüfer wird sich beim nächsten Checkflug über gute Handarbeit freuen.

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Gehobener Streifendienst? Auch wenn ein Job als „Bus-Fahrer der Lüfte“ für viele Privatpiloten gar nicht erstrebenswert ist, sind die Verfahren von Berufspiloten ein Sicherheitsgewinn.

Vielleicht der größte Sicherheitsgewinn, den man sich bei den Profis abschauen kann, ist dieser: Trainieren Sie regelmäßig und unter Aufsicht! Alle sechs Monate müssen Berufspiloten ihr Können erneut unter Beweis stellen. Manche Privatpiloten unterstreichen ihr Streben nach Professionalität damit, dass sie regelmäßig, zum Beispiel einmal pro Jahr, eine feste Verabredung mit einem Fluglehrer haben. Vielleicht macht man das sogar mit verschiedenen Fluglehrern, mit denen jeweils andere Schwerpunkte geübt werden.

Zusammenarbeit will gelernt sein: Teilen des Cockpits darf nicht zum Sicherheitsrisiko werden

Fliegen soll vor allem Spaß machen, hatten wir am Anfang diskutiert. Das ist bei vielen Piloten vor allem dann der Fall, wenn sie die vorderen Sitze und vielleicht auch die Kosten mit einem netten Fliegerkollegen teilen können. Doch die Zusammenarbeit will gelernt sein, damit die Doppelung von Talenten nicht zum Sicherheitsrisiko wird. Multi Crew Cooperation (MCC) ist nicht umsonst Teil der Ausbildung von Verkehrspiloten. Das Training zielt darauf, aus Solisten Teamplayer zu machen, die sich bei klarer Aufgabenteilung und eindeutiger Kommunikation unterstützen. Auch kontrollieren sie die Arbeit ihres Partners und kommen so zu besseren Ergebnissen und mehr Sicherheit.

Natürlich können sich auch zwei Privatpiloten die Aufgaben im Cockpit teilen. Der eine fliegt, der andere kümmert sich etwa um das Einstellen der Frequenzen, macht den Sprechfunk oder die Navigation und liest die Checklisten. Auch hier muss die Aufgabenteilung aber klar sein, der eine darf dem anderen nicht reinpfuschen. Dazu gehört dann selbstverständlich auch, dass man die Arbeit des Kollegen beobachtet, sie unterstützt und auf möglichen Korrekturbedarf und Fehler freundlich hinweist.

Überhaupt ist es dringend anzuraten, an Bord keine schlechte Stimmung aufkommen zu lassen, und etwaige Streitpunkte auf ein Bier nach der Landung zu verschieben. Das wäre dann ein ebenso guter wie erfrischender Akt von Professionalität.

Beispiel-Briefings

Departure Briefing  Nach dem Start auf der Piste 24 steigen wir zunächst geradeaus, dann drehen wir in den Querabflug Kurs 330 Grad und steigen auf 1400 Fuß. Wir verlassen die Platzrunde vom Ende des Querabflugs Richtung Norden und steigen bei Passieren der Eisenbahnlinie auf 2400 Fuß. Dann rufen wir Langen Information auf 129.875.

Take-off Briefing  Dies ist ein Standard-Take-off ohne Klappen.
Wir rotieren bei 60 Knoten und Steigen mit Vy, das sind 76 Knoten.

Emergency Briefing  Bei einer Störung vor dem Abheben rufen wir „Stopp!“, ziehen das Gas auf Leerlauf und bremsen nach Bedarf. Bei einem Motorausfall nach dem Abheben mit noch ausreichend Piste vor uns drücken wir nach, fahren die Klappen voll aus und landen. Bei einem Motorausfall ohne verfügbare Piste drücken wir nach bis auf die Best Glide Speed von 68 Knoten, suchen eine freie Fläche im Abflugbereich und fahren die Klappen nach Bedarf. Keine Umkehrkurve unterhalb 1000 Fuß AGL! Eventuell slippen. Wenn noch Zeit ist: Gemisch arm, Brandhahn zu, Magnete aus, Hauptschalter aus, Türen entriegeln.

Text: Michael Fröhling

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