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Praxis-Tipp: Bodenreferenzmanöver

Übungen um Orientierungspunkte am Boden herum schulen die exakte Flugzeugbeherrschung über alle Achsen. Man kann sie allein oder mit Lehrer trainieren.

Von Redaktion
Steilkurve
Steilkurve: Durch die g-Belastung steigt die Überziehgeschwindigkeit an. Foto: Helmuth Mauch

Man muss es den Amerikanern schon zugute halten: Bei der Ausbildung von Piloten legen sie besonders viel Wert auf die Beherrschung des Fluggeräts. Neben den auch hierzulande geforderten Manövern wie Steilkurven und Langsamflug beinhalten die Prüfungen zur Privat- oder Berufspilotenlizenz in den USA auch „ground reference maneuvers“, also Manöver mit Bezug auf Bodenmerkmale.

Die dabei verlangten Figuren mit geringen positiven g-Belastungen sind eine hervorragende Koordinationsübung. Sie lassen sich auch mit Flugzeugen  fliegen, die nicht für Kunstflug zugelassen sind – und von Piloten ohne Akro-Berechtigung. In vielen Flughandbüchern sind die Bedingungen für die jeweiligen Manöver genau angegeben, etwa vom Normalbetrieb abweichenden Beladungslimits oder Geschwindigkeiten, mit denen die Figuren begonnen werden.

Bodenreferenzmanöver: Keinesfalls mit Passagieren an Bord durchführen

Obwohl diese Manöver als „soft“ gelten, sollte man sie keinesfalls mit Passagieren an Bord durchführen, die nicht ausdrücklich ihr Einverständnis gegeben haben und wissen, worauf sie sich einlassen. Empfehlenswert ist es dagegen, zunächst einen Fluglehrer mit an Bord zu nehmen. Bei allen Übungen sollte man eine sichere Höhe einnehmen – das könnten zum Beispiel mindestens 1500 Fuß über Grund sein. Trotz Konzentration aufs Fliegen und auf die Referenz am Boden darf die Luftraumbeobachtung auch unter dem Flugzeug nicht vernachlässigt werden.

VollkreisVollkreis
Turn around a point: Die Schräglage ist bei der höchsten Groundspeed mit Rückenwind am größten.

Schon ein einfacher Vollkreis mit gleichbleibendem Abstand um einen Referenzpunkt am Boden kann sehr anspruchsvoll sein. Nicht umsonst sind „turns around a point“ fester Bestandteil der US-amerikanischen Prüfung zum Privatpiloten. Bei ruhiger Luft noch recht trivial, wird die Übung mit zunehmender Windstärke immer anspruchsvoller. Dann gilt es nämlich, die Schräglage so anzupassen, dass der Flugweg über Grund ein gleichmäßiger Kreis wird. Geeignete Referenzpunkte sind etwa Straßenkreuzungen oder einzeln stehende Bäume, von denen man genug Abstand halten muss, um sie in der Kurve stets im Blick behalten zu können. Weil sich die Geschwindigkeit über Grund durch den Windeinfluss während des Kreises stetig ändert, muss die Querneigung angepasst werden: Je höher die Groundspeed, desto mehr Schräglage ist nötig, um den Radius zum Bodenmerkmal konstant zu halten. Mit Rückenwind ist die Querneigung somit am größten.

Steilkurve: Abstand zum Kurvenmittelpunkt nicht entscheidend

Bei der einfachen Steilkurve ist der Abstand zum Kurvenmittelpunkt dagegen nicht entscheidenend. Hier gilt es, einen Vollkreis mit einer vorgewählten Schräglage – das können 45 oder bis zu 60 Grad sein – ohne Geschwindigkeitsverlust und vor allem mit gleichbleibender Höhe zu fliegen. Eine Referenz am Boden, wie etwa eine Straße, ist dennoch hilfreich, um nach exakt 360 Grad den Kurvenflug im richtigen Moment auszuleiten.

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Während im Geradeausflug der Auftrieb des Flugzeugs senkrecht wirkt, neigt sich der Vektor im Kurvenflug mit der Flugzeug-Hochachse. Der Anteil des Auftriebs, der der Gewichtskraft entgegenwirkt, reduziert sich somit. Folge: Um die Höhe zu halten, muss der Anstellwinkel erhöht, also am Höhenruder gezogen werden. Das vergrößert jedoch nicht nur den Gesamtauftrieb, sondern auch den Widerstand. Um die Geschwindigkeit für das Manöver beizubehalten, braucht es deshalb mehr Motorleistung.

Erhöhte Stallspeed in der Kurve

Wegen des erhöhten Lastvielfachens in der Steilkurve sollte die Manövergeschwindigkeit Va die höchste Speed sein. Bei 45 Grad Schräglage betragen die g-Kräfte bereits das 1,41-fache. Bei 60 Grad sind es 2 g. Aber Achtung: Gleichzeitig steigt die Stallspeed an, nämlich mit der Quadratwurzel aus der g-Belastung. Beträgt die Geschwindigkeit für den Strömungsabriss im Geradeausflug 48 Knoten,sind es bei einer 60-Grad-Kurve dann schon 67 Knoten. Diese Grundregel der Physik führt immer wieder zu Unfällen beim Eindrehen in den Endanflug: Wer mit geringer Geschwindigkeit die Querneigung zu stark erhöht, etwa beim Überschießen der Anfluggrundlinie, nähert sich rasch der Stallspeed.

Die Steilkurve ist für viele Piloten eine der unbeliebtesten Prüfungsfiguren beim Lizenzerwerb. Die meisten machen es sich schwerer, als es eigentlich sein müsste. Wer beispielsweise versucht, im Steep Turn dem Höhenmesser oder Variometer zu folgen, wird ständig den Zeigern hinterhereilen und hat keine Chance, die Ausgangshöhe zu halten. Stattdessen sollte der Blick bei der Steilkurve nach draußen gerichtet sein, genauer gesagt auf den Punkt, wo der Horizont die Cowling schneidet. Oft lässt sich dafür eine Nietreihe als Referenz nutzen. Hält man dieses Bild während der gesamten Kurve konstant, klappt der Steep Turn problemlos – besonders, wenn man den Steuerdruck mittels Trimmrad reduziert.

Steilkurven üben: Geschwindigkeitsabweichung und Höhentoleranz gering halten

Üben sollte man Steilkurven, bis man sie mit einer maximalen Geschwindigkeitsabweichung von fünf Knoten und einer Höhentoleranz von plus/minus 50 Fuß hinbekommt – das ist die Hälfte der in Prüfungen geforderten Präzision.

HorizontHorizont
Am Horizont geführt: Der Abstand zwischen Nase und Horizontlinie bleibt in der Kurve konstant.

Die Chandelle (zu Deutsch: Kerze) belässt es nicht beim Fliegen mit gleichbleibender Höhe. Sie ist ein Wendemanöver, bei dem das Flugzeug nach einer 180-Grad-Kurve mit Höhengewinn bei Mindestfahrt endet. Segelflieger nutzen sie, um nach dem schnellen Geradeausflug ins langsame Thermikkreisen überzugehen. Den Motorflieger schult die Übung vor allem im Energiemanagement seines Flugzeugs. Auch für die Chandelle ist ein Referenzpunkt am Boden notwendig, und zwar genau 90 Grad zur Startrichtung der Figur.

Chandelle: Erst Quer-, dann Längsneigung verändern

Im Gegensatz zur später beschriebenen Lazy Eight werden bei der Chandelle die Querneigung (bank) und Längsneigung (pitch) nacheinander verändert. Aus dem Horizontalflug wird zunächst die Schräglage kontinuierlich auf etwa 30 Grad erhöht, in Richtung des zuvor gewählten Orientierungspunkts. Mit Vollgas erhöht der Pilot nun bei gleichbleibender Schräglage die Längsneigung, und zwar gerade soviel, dass sie nach 90 Grad ihr Maximum erreicht hat. Wie groß die pitch ist, hängt vom Flugzeug und dessen Motorisierung ab: Die Längsneigung bleibt für den Rest der Übung konstant, am Ende soll die dadurch reduzierte Speed etwa fünf bis zehn Knoten über der Stallspeed liegen.

Im zweiten Teil der Chandelle wird nun die Längsneigung beibehalten und die Querneigung wieder reduziert. Weil im Steigflug die Geschwindigkeit kontinuierlich abnimmt, muss immer mehr gezogen werden. Hat der Pilot alles richtig gemacht, befindet sich das Flugzeug am Ende der Figur auf Gegenkurs und nahe der Überziehgeschwindigkeit. Dann wird das Höhenruder nachgelassen, um die Höhe zu halten – und die Leistung angepasst. Wer mag, kann nun ein wenig Langsamflug üben.

Seitenruder bedienen!

Natürlich ist während der gesamten Übung das Seitrenruder so zu bedienen, dass der Flug koordiniert bleibt – und die Kugel des Lots in der Mitte. Je langsamer das Flugzeug in der Steigflugkurve wird, desto stärker machen sich die Propellereffekte bemerkbar. Mit den üblichen Drehrichtungen amerikanischer Flugmotoren ist  spätestens beim Übergang in den Geradeuausflug ein Ausschlag nach rechts erforderlich.

LangsamflugLangsamflug
Langsamflug: Nahe der Mindestfahrt machen sich asymmetrische Propellerkräfte besonders deutlich bemerkbar.

Auch die Lazy Eight gehört zu den Manövern, die jeder US-amerikanische Berufspilot beherrschen muss. Sie besteht aus zwei aufeinanderfolgenden hochgezogenen 180-Grad-Umkehrkurven, die dem Piloten  besondere Koordination abverlangen: Das Flugzeug fliegt dabei in keinem Moment im unbeschleunigten Geradeausflug (straight and level); die Figur erfordert ständige Änderung aller drei Rudereingaben, Die Lazy Eight wird am einfachsten rechtwinklig zu einem Geländemerkmal – etwa einer Straße – geflogen. Bezugspunkte bei 45, 90 und 135 Grad sind notwendig, um die Orientierung zu behalten – je weiter entfernt diese am Horizont sind, um so präziser lässt sich die Figur fliegen.

Lazy Eight: pitch und bank gleichzeitig erhöhen

Im Gegensatz zur Chandelle beginnt die Lazy Eight, indem der Pilot pitch und bank gleichzeitig erhöht. Die maximale Längsneigung ist nach den ersten 45 Grad der Figur erreicht, die maximale Schräglage bei 90 Grad. Da sollte sich die Geschwindigkeit rund fünf bis zehn Knoten über der Stallspeed befinden und die Flugzeugnase bereits wieder an die Horizontline gefallen sein. Bei 135 Grad ist die Nase am tiefsten gesenkt. Auf Gegenkurs ist das Flugzeug schließlich in derselben Höhe wie beim Beginn des Manövers angelangt und die Figur wird gleich in die Gegenrichtung fortgesetzt. Daher auch der Name: Der Flugweg erinnert an eine Acht (wenn auch ohne die Überkreuzung in der Mitte), und die geringen g-Belastungen vermitteln das Gefühl eines gemütlichen, entspannten Manövers. Bis 30 Grad Bank ist das auch so. Darüber hinaus ist das Koordinieren der Steuereingaben eine deutlich anspruchsvollere Aufgabe.

Lazy EightLazy Eight
Lazy Eight: Die Übung erfordert vom Piloten ständige Korrektur mit allen Rudern.

Für manch einen liegt genau darin der Reiz. So ist es nicht verwunderlich, dass die Koordinationsübungen schon oft der Ausgangspunkt einer Kunstfluglaufbahn wurden.

Text: Christof Brenner, Zeichnungen: Helmut Mauch, Illustration: Eric Kutschke

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