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Luftraumbeobachtung
Kollisionen in der Luft sind eher selten, gefährliche Begegnungen leider nicht: Wer regelmäßig rausschaut und sich mit Umsicht auf andere Maschinen einstellt, ist sicherer unterwegs
Besonders im Luftraum E um den Flughafen Bremen gab es in den beiden vergangenen Jahren häufiger gefährliche Annäherungen zwischen IFR- und VFR-Verkehr – Grund genug für die Deutsche Flugsicherung, Sichtflieger in diesem Frühjahr um erhöhte Aufmerksamkeit zu bitten. Und gleich ein paar Sicherheitstipps zu geben: Piloten sollen möglichst den Fluginformationsdienst in Anspruch nehmen, den Transponder auf Mode C und den Code 7000 setzen, die An- und Abflugsektoren meiden und schließlich das Prinzip „Sehen und Gesehen werden“ befolgen.
Für die richtige Reaktion bleiben oft nur wenige Sekunden
Was simpel klingt, ist die Grundlage des Sichtflugs – hinausschauen. Wie wichtig das ist, zeigt ein einfaches Rechenbeispiel: Eine tote Fliege auf der Frontscheibe bedeckt nur wenige Quadratmillimeter. Der vermeintliche Insektenrest kann sich jedoch in kurzer Zeit als Maschine auf Gegenkurs herausstellen: Man kann eine andere Einmot ab etwa drei Nautischen Meilen Entfernung erkennen. Fliegen beide Flugzeuge 100 Knoten schnell, bleiben bei direktem Gegenkurs gerade 54 Sekunden zum Erkennen und Ausweichen.
Dabei sollten nahe Begegnungen bei solider Flugplanung und Einhaltung von Halbkreisregeln oder Sicherheitsmindesthöhen unwahrscheinlich sein. Wer sich dann noch bei FIS anmeldet, wähnt sich oft in trügerischer Sicherheit: Nie darf man sich allein auf die FIS-Lotsen verlassen, denn weder dürfen noch können sie VFR-Flugverkehr. Tatsächlich werden in keinem der in Deutschland verwendeten Lufträume der Klassen C bis G VFR-Flugzeuge voneinander gestaffelt. Dafür sind die Piloten allein verantwortlich. Wenn die Lotsen Verkehrshinweise geben, ist das guter Wille – verpflichtet sind sie dazu nicht. Nur im Luftraum C wird VFR von IFR-Verkehr ferngehalten.
Faktor Wetter
Wenn der GAFOR mit der Einstufung M7 droht, weiß jeder Pilot, dass er maximal eineinhalb Kilometer weit sehen können wird und die Wolkenuntergrenze bei 2000 Fuß liegt – schlechte Bedingungen für eine rechtzeitige Wahrnehmung anderer Flugzeuge. Bei so einem Wetter drängeln sich die Sichtflieger dicht unter der Wolkenbasis drängeln und sehr wahrscheinlich auf gleicher Höhe fliegen. Doch statistisch betrachtet ist erstaunlicherweise bei bestem Wetter die Kollisionsgefahr am größten – denn dann sind meist viele Flugzeuge unterwegs.
Besonders in der Platzrunde drängeln sie sich in gleicher Höhe auf einem vorgegebenen Flugweg. Hier ist neben dem Hinausgucken auch Kommunikaton entscheidend – jede Richtungsänderung verdient eine Positionsmeldung. Auch in der Nähe von Funknavigationshilfen wie einem VOR muss man mit mehr Verkehr rechnen, ebenso entlang einer schnurgeraden GPS-Linie von Platz A nach B – am besten versetzt neben dieser optimalen Bahn fliegen. Vor einem Platzüberflug hilft das Hineinhören in die Frequenz, überraschenden Begegnungen vorzubeugen – ob mit Segelfliegern oder Fallschirmspringern. Und allein das Verfolgen der Meldungen auf FIS vermittelt ein gutes Bild der Flugbewegungen in der Nähe.
Beobachtungsschemata
Im Zentrum bleibt allerdings das Erkennen anderer Flugzeuge – die Luftraumbeobachtung gehört bereits zum Cockpit-Management jedes Flugschülers. Wichtig für einen genauen Scan sind regelmäßige Blickbewegungen, damit man nicht nur einen Punkt fixiert. Wer in Zehn-Grad-Schritten von links nach rechts und zurück guckt und den Himmel jeweils eine Sekunde beobachtet, kann näher kommende Objekte gut erkennen. Da Holme oder Streben den Blick auf manche Bereiche versperren, sollte man ab und an bewusst daran vorbeigucken. Allerdings: Ein anderes Flugzeug, mit dem eine Kollision droht, bewegt sich relativ zur eigenen Maschine gar nicht oder sehr langsam – man hat eine „stehende Peilung“.
Auch über und unter der eigenen Flughöhe können Maschinen unbemerkt zu nahe rücken: Ein Tiefdecker, der etwas höher fliegt, sieht einen Hochdecker unter sich schlecht, wenn er auf parallelem Kurs oder in spitzem Winkel dazu unterwegs ist. Schaut man auf den Schatten des eigenen Fliegers am Boden, kann ein zweiter Fleck in der Nähe die unglückliche Konstellation verraten. Die niedergehende Tragfläche eines Hochdeckers in der Endanflugkurve kann andere Maschinen verdecken – ein kurzes Anheben vor dem Einleiten hilft. Der Pilot eines Tiefdeckers kann beim Einkurven unter dem angehobenen Außenflügel eventuell ein Flugzeug im langen Endteil übersehen – auch hier gibt ein prüfender Blick Sicherheit.
Korrektes Ausweichen ist im Notfall entscheidend, damit die Reaktion des anderen vorhersehbar bleibt. Die gesetzlichen Regeln (rechts vor links, rechts überholen, nach rechts ausweichen) bilden die Grundlage. Oft erfordert eine schnelle Annäherung durchaus extreme Reaktionen. Bei einer frontalen Begegnung hat jeder Pilot mit einer Rechtskurve auszuweichen. Die Kurve kann so abrupt und steil erfolgen, dass aerodynamische und strukturelle Grenzen überschritten werden. Unter Umständen bleibt auch keine Zeit dazu, die Vorflugrechte nach Luftfahrzeugkategorien zu befolgen.
Technik nicht blind vertrauen
Die Installation von Kollisionswarngeräten, die bei Annäherung optisch und akustisch Alarm geben, kann eine deutliche Entlastung für Piloten sein (siehe Seite 42). Allerdings sind für diese technischen Hilfen nicht alle Maschinen sichtbar: Segelflugzeuge oder Maschinen ohne Transponder können meist nur mit dem Auge erkannt werden. Auch die immer noch weit verbreitete Unsitte, den Transponder bei VFR-Flügen nicht grundsätzlich und auch in der Platzrunde mit dem Code 7000 zu aktivieren, führt dazu, dass Kollisionswarner solche Flugzeuge nicht wahrnehmen. Wer den Transponder deaktiviert, gefährdet folglich sich und andere. Die übliche Ausrede zieht nicht: Für die Verfolgung eventueller Regelverstöße ist auch ein Flugzeug ohne Transponder immer noch gut aufzuspüren.
Text und zeichnungen: Helmut Mauch, Illustrationen: Eric Kutschke fliegermagazin 07/2011
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