Unfallakte

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Motorausfall beim Durchstarten mit der Katana

Unmittelbar nach dem Start stottert der Motor ! Zum Glück hat der Flugschüler seinen Lehrer mit an Bord – die Notlandung gelingt.

Von Redaktion
DA20-C1
Die DA20 von Diamond ist wieder da Foto: Diamond Aircraft Industries

Was für ein herrlicher Augusttag für einen Schulflug, den ein 35-jähriger Flugschüler mit seinem Lehrer in einer Diamond DA-20-A1 Katana unternahm. Über zehn Kilometer Sicht, kaum Wolken und Wind, 30 Grad am Boden. Nach einem kurzen Flug vom Ausgangsplatz Burg Feuerstein nach Kulmbach und einigen Landeübungen dort ging’s zurück, um am Heimatplatz noch eine Ziellandung zu trainieren. Es hätte der Abschluss eines ganz gewöhnlichen Ausbildungsflugs sein können. Aber es kam anders.

Nachdem diese letzte Übung zur Zufriedenheit des Lehrers durchgeführt worden war, entschloss sich der Schüler spontan – die Einmot rollte gerade auf der „09“ aus –, noch eine Platzrunde dranzuhängen. Warum nicht? Der Fluglehrer ließ ihn gewähren. Der PPL-Aspirant, der mit 28 Stunden und 220 Landungen bereits den Großteil seiner Ausbildung hinter sich hatte, setzte die Klappen auf Startstellung, schob den Gashebel vor und die Vergaservorwärmung rein. Der Motor, ein Rotax 912 F3 mit 80 PS, sprach sofort an, die Drehzahl schnellte nach oben. Sodann ließ die Katana die Runway unter sich. Später erinnerte sich der Fluglehrer, dass in 15 bis 20 Meter Höhe die Triebwerkleistung langsam gen Leerlauf zurückging.

Motorausfall in 15 Metern Höhe

Was folgte, war eine lehrbuchmäßige Notlandung: Der Lehrer setzte einen Notruf ab, übernahm das Steuer und drückte augenblicklich nach, um für ausreichend Fahrt zu sorgen. Rasch scannte er das Gelände und entschied sich, die lahme Maschine auf einem Getreidefeld 300 Meter hinter der Piste aufzusetzen. Das hätte auch funktionieren können, wäre da nicht ein bewachsener Erdwall im Weg gestanden, der nicht mehr überwunden werden konnte: Das Fahrwerk des Tiefdeckers streifte das zwei Meter hohe Hindernis, die Katana schlug hart auf.

Dabei verletzte sich der Schüler schwer am Rücken, er musste ins Krankenhaus gebracht werden. Sein Lehrer kam mit Blessuren davon, die Maschine wurde schwer lädiert. Experten der Flugunfalluntersuchungsstelle nahmen das Wrack in Augenschein. Am Auspuff stellten sie äußerlich nichts Verdächtiges fest. Doch nach dem Aufschneiden zeigte sich ein gravierender Materialverschleiß sowie Brüche an den inneren Rohren durch Korrosion. Zudem stellten die Untersucher fest, dass die Wandstärke eines Rohrs, das nach außen führt, von einem Millimeter stellenweise auf unter 0,1 Millimeter reduziert worden war.

Was sagte die Wartungsgeschichte der Einmot? Der Abgassammler wurde bei der letzten Grundüberholung des Vierzylinders im Mai 2001 mit neuen Innenrohren ausgerüstet; irgendetwas hatte mit den Auspuffgeräuschen nicht gestimmt. Seitdem vergingen 1150 Flugstunden. Einen Hinweis, den Schalldämpfer nach Flug- oder Kalenderzeit auszutauschen, sucht man im Flughandbuch der DA20-A1 vergeblich. Das Teil ist alle 200 beziehungsweise 100 Stunden zu kontrollieren, eine simple Sichtprüfung auf Risse im Abgastopf. Gegebenenfalls kann noch eine Kohlenmonoxyd-Messung durchgeführt werden, damit kein CO über den Wärmetauscher ins Cockpit gelangt.

Nachdrücken und nur wenige Richtungsänderungen


Soviel ließ sich zum Unfallablauf rekonstruieren: Die Besatzung konnte nicht unterscheiden, ob das Triebwerk komplett ausgefallen war (aufgrund des beschädigten Propellers wiesen die Experten nach, dass der Boxer bis zum Aufschlag im Leerlauf drehte). Das war für die Notlandung auch nicht weiter von Belang. Dramatischer wirkte sich da schon die geringe Höhe aus. Sie diktierte, was zu tun war – Geradeausflug, Nachdrücken und nur wenige Richtungsänderungen – und ließ keinen Spielraum für die Notlandeplanung. Deswegen gab es vor dem Erdwall auch keine Ausweichmöglichkeiten. Was die Triebwerkstörung betrifft, gehen die Experten davon aus, dass der interne Schaden im Abgassammeltopf den Austritt der Verbrennungsgase verhinderte. Der Abgasdruck dürfte das extrem dünnwandige Rohr verformt haben, zumal die Festigkeit durch die Hitze des laufenden Motors stark reduziert war. Den starken Verschleiß der Rohrwandstärke begründen die Untersucher mit Korrosion infolge heißer Abgase.

Hätte sich der Schaden aber nicht irgendwie ankündigen können? Die Frage ist schwierig zu beantworten, denn für die Unfallspezialisten ist der vorliegende Verlauf nicht typisch. Grundsätzlich führt eine innere Beschädigung im Abgassammeltopf durch heiße Abgase zum freien Durchströmen; spätestens durch erhöhten Lärm wird man auf den Schaden aufmerksam und tauscht das defekte Teil aus. Im vorliegenden Fall hat sich der Defekt offensichtlich weder vor dem Unfall durch abnormale Geräusche angekündigt noch war er bei Inspektionen oder Wartungsarbeiten zu erkennen gewesen. Wie auch? Die Wartungshinweise bezogen sich ja nur auf eine Sichtinspektion. Auch wenn der noch unerfahrene Schüler schwere Verletzungen davontrug – nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn er während der Störung solo unterwegs gewesen wäre. Hätte er auch so geistesgegenwärtig wie sein Lehrer reagiert?

Text: Markus Wunderlich, fliegermagazin 12/2004

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