Jodel-Restaurierung geht weiter: Neugestaltung der Flugzeugsitze
Die Restaurierung der Jodel D-113 „Baguette“ führt Teresa und Christian in eine Schusterwerkstatt, um sich mit Präzision und Fingerspitzengefühl der Neugestaltung des Interieurs zu widmen.

Flugzeugrestaurierung bedeutet nicht nur Schleifen und Schrauben – manchmal geht es auch um Nadel, Garn und eine ordentliche Portion Fingerspitzengefühl. Besonders, wenn es um die Neugestaltung der Flugzeugsitze geht.
Als gelernte Handwerksmeisterin hatte ich mich auf diesen Teil der Arbeit besonders gefreut: den Besuch einer ganz besonderen Schusterwerkstatt namens „Schuach“ in Ried in Oberösterreich.
Was macht die Schusterwerkstatt besonders?
Ihr Inhaber Michael ist nicht nur ein Meister seines Handwerks, sondern auch selbst Pilot und ehemaliger Vereinskollege vom Flugplatz Ried/Kirchheim (LOLK). Er kennt die Herausforderungen, die ein neu anzufertigender Flugzeugsitz mit sich bringt. Wobei es bei der Jodel mehr »Sitzkissen« als richtige Flugzeugsitze sind. Michael stattet in der Regel kleinere Flugzeuge individuell aus und hat sich trotz eines vollen Terminkalenders Zeit für unser Jodel-Projekt genommen.
„Resi, das schaffst Du bestimmt auch allein“, meinte er. Immerhin: Schlimmer als zuvor können die Sitze nicht werden. Bevor es mit dem eigentlichen Nähen losgeht, wollten wir alles bis ins Detail besprechen: Welches Obermaterial, welcher Schaumstoff, welches Schnittmuster soll es werden? Die Materialauswahl ist essenziell. Die Polster sollen möglichst dünn, bequem und natürlich aus flammhemmenden Material sein. Mir ist bewusst, dass ich in einem durchaus gut brennbaren Holzflugzeug sitzen werde, aber trotzdem kann man hier einen kleinen Beitrag zur Sicherheit leisten.
Michael musste mir erstmal ein Type Rating auf seiner Sattler-Nähmaschine geben. Beim Nähen zeigte sich dann schnell, dass Präzision nicht nur beim Holzbau, sondern auch bei der Verarbeitung von Stoffen entscheidend ist. Jeder Stich muss sitzen, die Nähte müssen exakt verlaufen. Gewöhnlich nähe ich mit meiner kleineren Maschine Pitot-Cover und Cowl-Plugs, aber diese Sattlermaschinen sind eine andere Dimension. Michael zeigte mir einige Kniffe, um die Polster besonders ästhetisch zu gestalten.
Mit einigen kreativen Lösungen hielten wir am Ende des Tages die ersten fertigen Teile in den Händen. Wie die neue Innenausstattung aussehen wird, bleibt vorerst ein Geheimnis. Doch während die Polsterarbeiten langsam Gestalt annehmen, wartet die nächste Herausforderung am Rumpf der Jodel.
Böse Überraschung am Rumpf der Jodel
Wir hatten eine Entdeckung gemacht: Weitere Stellen am unteren Teil des vorderen Rumpfs waren mit Öl und Bremsflüssigkeit durchtränkt, das Holz also nicht mehr zu retten. Zuerst mussten die betroffenen Bereiche sauber ausgeschnitten und abgeschliffen werden, damit wir eine solide Basis für die Reparatur hatten. Anschließend bereiteten wir das neue Flugzeug-Sperrholz für die Schäftung vor – eine Technik, bei der die Kanten der alten und neuen Holzteile angeschrägt werden, um eine stabile Verbindung zu gewährleisten. Die Schäftung muss exakt verlaufen, damit das neue Holz nahtlos in die bestehende Struktur übergeht.
Für die Verklebung entschieden wir uns für ein luftfahrtzugelassenes Epoxidharz, das sich auch für Holzreparaturen eignet. Damit die Verbindung optimal hält, haben wir das Harz sorgfältig auf die vorbereiteten Flächen aufgetragen und pressten die neuen Holzteile mit Schraubzwingen und Gewichten in Position. Baguette sah aus wie ein Igel!
Mit dem Austausch der betroffenen Stellen steht nun endlich der gesamte Rumpf trocken da. Insgesamt hat uns die defekte Bremse eines der Vorbesitzer 500 Euro sowie zwei Monate Zeit gekostet. Was haben wir daraus gelernt? Sobald die Bremse auch nur etwas schlechter funktioniert als gewöhnlich, gehen wir sofort auf Fehlersuche. Lieber fliege ich ohne Bremse als mit einer dauernd auslaufenden Bremsflüssigkeit.
Die Rumpfreparatur ist geglückt
Nach der Rumpfreparatur widmen wir uns den letzten Aufleimern für das Oratex- Bespannsystem – kleinen Holzleisten, die für eine saubere Oberfläche und eine optimale Basis für die Bespannung sorgen. Was wir als schnellen Arbeitsschritt eingeplant hatten, entpuppt sich als Geduldsspiel: Die Rippen der Jodel sind nicht ebenmäßig gefertigt, sodass wir für jede Position den perfekten Ausgleich finden müssen. Endlich haben wir die letzte Rippe der Tragfläche mit Aufleimern beklebt. Verwendet wurde dafür ein spezieller Kleber von Oratex, den wir im Zuge des AERO-Gewinns bekommen haben.
Ich erinnere mich noch gut an die erste Reihe Aufleimer, die wir an der Tragfläche angebracht hatten. Dabei hatten wir schnell festgestellt, dass uns das Ergebnis nicht gefallen würde: unschöne Wellen bei jeder Klemme, mit der wir die Aufleimer auf den Rippen fixiert hatten. Chris hatte sofort eine Idee und schickte mich zum Baumarkt. Wir haben über die Aufleimer nochmals eine Holzleiste gelegt, um einen perfekten Bogen zu erzeugen und Druckstellen der Klemmen zu vermeiden.
So ungeduldig war ich schon lange nicht mehr, aber: Das Ergebnis sieht sehr gut aus. Wir sind gespannt, wie es nach der Bespannung aussehen wird. Mit frischem Rumpf und neuem Interieur rücken die nächsten Aufgaben näher: die Neugestaltung des Haubenrahmens und die Vorbereitung der Kleinteile. Wer das Ergebnis live sehen möchte, sollte unbedingt die AERO in Friedrichshafen besuchen. Denn dort wird unsere Jodel in Halle B1 am Stand der Lanitz-Prena Folien Factory GmbH ausgestellt.
Text: Teresa Staudinger
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