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Wetterquellen für die Flugvorbereitung
Wie wird das Wetter? Und welche Quellen sind zur meteorologischen Flugvorbereitung legal? Über richtige Antworten wird immer wieder gern diskutiert
Bei kaum einer Frage gibt es unter Piloten und Flugschülern mehr Meinungen: Wie kommt man am besten an Infos zum Flugwetter? Braucht man zwingend einen Online-Account beim DWD? Reicht es aus, sich die GAFOR-Einstufung anzusehen? Geht auch ein Briefing vom Flugleiter, der sich vorher die Wetterlage angesehen hat? Und was möchte der Beauftragte für Luftaufsicht bei einer Kontrolle sehen, was darf er fordern? Was meint die Staatsanwaltschaft beim Einflug in Schlechtwetter, und was sagt die Versicherung im Schadenfall? Wie so oft lautet die erste Antwort eines Juristen: Es kommt darauf an.
In der Basic-Regulation VO(EU) Nr. 2018/1139 Anhang V – Grundlegende Anforderungen an den Flugbetrieb – ist zur Flugvorbereitung unter anderem zu lesen: Ein Flug darf nur angetreten werden, wenn mit allen nach vernünftigem Ermessen verfügbaren Mitteln festgestellt worden ist, dass für einen Flug nach Sichtflugregeln die Wetterbedingungen entlang der Flugstrecke eine Einhaltung dieser Flugregeln ermöglichen.
Nur wenig konkreter werden da die europäischen Rules of the Air – SERA.2010 aus der VO(EO) Nr. 923/2012. Hier heißt es unter anderem: Die Flugvorbereitung für Flüge, die über die Umgebung eines Flugplatzes hinausgehen, und für alle Flüge nach Instrumentenflugregeln hat eine sorgfältige Zurkenntnisnahme der verfügbaren aktuellen Wetterberichte und -vorhersagen zu umfassen. Auch in nationalen Regeln ist keine weitere Konkretisierung zu finden. Es bleibt also bei unbestimmten Rechtsbegriffen wie „nach vernünftigem Ermessen“, „alle verfügbaren Mittel“, „alle verfügbaren aktuellen Wetterberichte“ und „sorgfältige Zurkenntnisnahme“. Ein unbestimmter Rechtsbegriff heißt jedoch nicht, dass dazu ein besonders weiter Ermessensspielraum bestehen würde. Es heißt vielmehr, dass ganz konkret bezogen auf die individuelle Situation alles in das Ermessen einbezogen und abgewogen werden muss, was Piloten benötigen, um eine nachvollziehbare Entscheidung zu treffen, ob der Flug so durchgeführt werden kann oder eben nicht.
Ist es tagelang schön, reicht schon mal das TV-Wetter aus
Wenn die Sicht nur durch die Erdkrümmung begrenzt ist, GAFOR nur hellblau leuchtet und „Charlie“ verspricht, und es seit Tagen in den Nachrichten heißt, dass es nichts Neues zum Wetter zu erzählen gibt, dann reicht in der Flugvorbereitung auch genau der Verweis auf diese Mittel. Dann will auch allenfalls die „für die Wahrnehmung der Luftaufsicht zuständige Person“ nach § 27 LuftVO bei der Prüfung der Flugvorbereitung nicht mehr als so einen Hinweis, denn ein Einflug in Schlechtwetter findet erst gar nicht statt, und Versicherungen und Staatsanwaltschaften haben keinen Anlass, sich damit zu beschäftigen.
Diese Einrichtungen treten genau dann in Erscheinung, wenn etwas schiefgegangen ist. Wie ein Lemming immer weiter geradeaus in Richtung Zielflugplatz, obwohl die Sicht immer schlechter und die Wolkenuntergrenze immer tiefer wird – solche Fälle gibt es. Bei einem extremen Tiefflug entlang der Autobahn nach „IFR“ (hier im Sinne von „I follow road“) konnte ein sehr erfahrener Pilot tatsächlich nachweisen, dass die Wetterprognosen beim Start den Flug möglich erschienen ließen und sogar Besserung versprochen war. Er kam mit dem sprichwörtlichen blauen Auge davon – letztlich hätte er den Flug eventuell früher abbrechen müssen. Aber der Vorwurf der Staatsanwaltschaft zur Luftverkehrsgefährdung nach § 315 a StGB wurde letztlich eingestellt. Im Raum stand zunächst ein Strafbefehl mit 90 Tagessätzen – also ein Tag unter der Vorstrafe – bei bedingt vorsätzlicher Begehungsweise. Die Folge wäre zwingend der Verlust der Zuverlässigkeit (ZÜP).
Versicherungen – in allen Bereichen, also auch bezüglich Passagierhaftung, vor allem aber bei Kaskoschäden – lehnen regelmäßig beim Unterschreiten der Wetterminima die Deckung ab oder wollen vom verantwortlichen Luftfahrzeugführer Regress- Oft mit Erfolg. Eben dann, wenn objektiv die Wettersituation vorhersehbar schlecht war, anderslautende Prognosen auch nicht vorhanden oder dokumentiert waren. Ergo: Je marginaler die Wetteraussichten, desto höher die Anforderung an die Vorbereitung und desto wichtiger die „Beweise“. Der Account beim DWD hilft nichts, wenn er nicht genutzt wurde. Der Flugleiter ist auch nur dann das Maß der Dinge, wenn er bekanntermaßen großen Sachverstand über das Wetter hat und er seinerseits verlässliche Quellen nutzt – und der Pilot die zu erwartenden Wetterdaten auch wirklich notiert hat.
Frank Dörner, Rechtsanwalt und Luftfahrtsachverständiger
fliegermagazin 04/2019
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