WISSEN

Fliegen ohne Betriebsleiter in Deutschland: Guido Frey zieht eine Bilanz

Zum Jahresbeginn 2025 zieht Guido Frey eine gemischte Bilanz, was das Fliegen ohne Betriebsleiter in Deutschland angeht. Durch regionale Unterschiede ergibt sich ein Flickenteppich an unterschiedlichen Herangehensweisen. Er plädiert für Geduld.

Von Thomas Borchert
Vorreiter
Guido Frey fliegt am Flugplatz Paderborn-Haxterberg – auch ohne Betriebsleiter Bild: Guido Frey

Mit zwei neuen Vorschriften in Form von NfLs haben die Behörden im vergangenen Jahr das Fliegen ohne Betriebsleiter in Deutschland eingeführt. Auch der neue Name als Ersatz für „Flugleiter“ entstand so. Dessen Befugnisse sind nun klar eingegrenzt – das Leiten von Flügen gehört nicht dazu. Flugplätze können das Fliegen ohne Betriebsleiter beantragen, müssen dazu aber ein Betriebskonzept bei ihrer Landesbehörde einreichen und genehmigen lassen.

Guido Frey ist Gründer der „Interessengemeinschaft Fliegen ohne Flugleiter“. Dort bündelt er Erfahrungen von Flugplätzen bei der Umstellung, sorgt für einen Austausch, hilft mit Informationen und veröffentlicht einen E-Mail-Newsletter. Kontakt zu Guido Frey ist unter 0178/404 43 32 oder newsletter@fliegenohneflugleiter.org möglich.

fliegermagazin: Wie steht es zu Saisonbeginn und ein Jahr nach der Veröffentlichung der ersten NfL um das Fliegen ohne Betriebsleiter in Deutschland? 

Guido Frey: Sehr gemischt. Und zwar auf allen Seiten. Es gibt Plätze, die haben den Winter genutzt und sich hervorragend vorbereitet. Die haben sich ihre Genehmigung besorgt, ihren Platz vorbereitet, die Homepage aufgefrischt – perfekt.

fliegermagazin: Und auf Behördenseite? 

Auch da: Manche Behörden, zum Beispiel die in Nordrhein-Westfalen oder Sachsen, geben richtig Gas. Sie sehen zu, dass sie die Genehmigungen schnell erteilen, geben eigene Handreichungen heraus und unterstützen das Fliegen ohne Betriebsleiter voll und ganz. Man spürt richtig, dass denen das Thema wichtig ist, weil sie etwas fördern wollen, das die Luftfahrt voranbringt.

fliegermagazin: Das hört sich an, als ginge es auch anders.

Leider. Es gibt eben auch Plätze, die wollen das Fliegen ohne Betriebsleiter nicht, weil sie es für Teufelszeug halten.

LESEN SIE AUCH
Eggersdorf
News

Fliegen ohne Flugleiter: Die NfL ist da!

fliegermagazin: Flugplätze, nicht Behörden?

Ja, genau. Ich finde das schade – dass es funktioniert, ist ja nun weltweit hinreichend bewiesen. Aber gut, wenn es nicht gewünscht wird, muss es ja auch nicht sein. Diese Flexibilität ist ja auch gewollt.

fliegermagazin: Und die Behörden?

Auch da gibt es Landesluftfahrtbehörden, die das sehr zögerlich angehen. Eine genehmigt immer noch nur befristeten Probebetrieb. Das kann ich in Ansätzen noch verstehen. Aber eine andere erteilt keinerlei Genehmigungen, weil es noch internen Abstimmungsbedarf gäbe. Da kann ich nur sagen: Leute, die NfL ist ein Jahr alt, jetzt ist aber mal gut.

fliegermagazin: Ist das nicht auch eine Chance zum Bürokratieabbau?

 Es gibt Behörden, die setzen im negativen Sinn ganz eigene Schwerpunkte, von denen in der NfL keine Rede ist. Eine zum Beispiel besteht darauf, dass vor Beginn des Flugbetriebs täglich eine bodenseitige Kontrolle der Verkehrsflächen stattfindet. Begründung: Es könnten ja über Nacht Wildschweinschäden entstanden sein. Absurd wird es, wenn die Behörde dieses auch bei Plätzen mit Asphaltbahn verlangt.

fliegermagazin: Das bringt die Sache nicht voran.

Nein. Und wenn es dann heißt: „Es dauert noch mit der Genehmigung, aber wenn Ihr die tägliche Inspektion akzeptiert, dann geht es schnell“ – ich finde das nicht fair. Dadurch weicht die Behörde der Pflicht aus, für ihr Handeln auch eine entsprechende Rechtsgrundlage anzugeben.

fliegermagazin: Wie lösen das denn andere Behörden?

 Die überlassen dies den Platzhaltern. Ich kenne einen Platz mit regelmäßigen Wildschweinschäden. Jetzt haben sie einen Elektrozaun, das Problem ist gelöst. Die vor Ort wissen selbst am besten, wie oft die Bahn kontrolliert werden muss.

fliegermagazin: Kann das Bundesverkehrsministerium nicht für eine Harmonisierung des Vorgehens der Landesbehörden sorgen?

Da gibt es aktuell sehr löbliche Bemühungen, aber man stößt wohl auch an die Grenzen des Föderalismus. Ich habe manchmal das Gefühl, dass jeder vom anderen ein Handeln erwartet – und deshalb Stillstand herrscht. Das Ministerium sagt „Wir können ja den Landesluftfahrtbehörden nicht vorgeben, wie sie arbeiten sollen“ – und die Landesbehörden sagen „Ja, wenn wir keine klaren Vorgaben haben …“

Vereinsamt: Am Platz von Guido Frey ist der "Tower" nicht mehr durchgehend besetztVereinsamt: Am Platz von Guido Frey ist der "Tower" nicht mehr durchgehend besetzt
Vereinsamt: Am Platz von Guido Frey ist der „Tower“ nicht mehr durchgehend besetzt. Bild: Guido Frey

fliegermagazin: Dort, wo Fliegen ohne Betriebsleiter umgesetzt wird – wie sieht das dann aus?

Sehr unterschiedlich. Es gibt Plätze, die bewusst entscheiden: Wir machen das nur für unsere Leute. Andere bestehen für Externe auf PPR. Diese Idealvorstellung vom Platz, der von 9 Uhr bis Sunset einfach so anfliegbar ist – das findet man momentan in Deutschland noch gar nicht. Ich hoffe, das wird sich entwickeln. Ein großer Schritt wird sein, wenn nicht nur Sonderlandeplätze ohne Betriebsleiter fliegen, sondern auch die ersten Verkehrslandeplätze das während ihrer veröffentlichten Betriebszeiten einführen.

fliegermagazin: Warum macht das einen Unterschied?

 Sonderlandeplätze haben ja keine veröffentlichten Betriebszeiten, die haben im Prinzip sowieso dauerhaft PPR. Verkehrslandeplätze haben veröffentlichte Betriebszeiten – und außerhalb dieser oft PPR. Es steht wohl bevor, dass die ersten Verkehrslandeplätze während ihrer veröffentlichten Betriebszeit keinen Betriebsleiter haben. Dann wäre gewerblicher Verkehr nur mit PPR-Voranmeldung möglich, weil ja eventuell niemand zur Gewährleistung des für gewerblichen Verkehr vorgeschriebenen Rettungswesens da ist.

fliegermagazin: Es geht also langsam voran?

Ja. Die Notwendigkeit, auch die wirtschaftliche, wird bei immer mehr Plätzen und auch Behörden erkannt. Was mir ein bisschen Sorgen macht, ist das, was ich von manchen Piloten höre. Einige tun sich sehr schwer damit, keine Rückmeldung vom Boden zu bekommen und dann zur Landung weder eine Bahnrichtung noch eine Windansage hören.

fliegermagazin: Das ist sicher eine Frage von Schulung und Gewöhnung.

Das andere Extrem ist viel schlimmer: Leute, die ohne Rücksprache einfach an Plätzen mit PPR-Regelung landen und wieder wegfliegen, ohne PPR-Genehmigung, ohne sich um die Zahlung der Landegebühren oder den Eintrag ins Hauptflugbuch zu kümmern.

fliegermagazin: Das ist wirklich kaum zu glauben! Wie löst man dieses Thema?

Wir müssen den Piloten offenbar nochmal beibringen, wie man einen Flug vorbereitet. Der Blick in die AIP und in die NOTAMs sollte selbstverständlich sein, ebenso ein Besuch der Flugplatz-Homepage. Das mit den NOTAMs ist auch nochmal kurz vor Abflug wichtig, nicht nur ein paar Tage vorher. Und dann müssen wir uns alle an die NfL halten, die die Funkverfahren vorgibt. Wie gebe ich Meldungen ab? Wie spreche ich mich mit anderen Piloten am Platz ab? All diese Fragen müssen wir uns alle bei Flügen zu Plätzen ohne Betriebsleiter nochmal in Erinnerung rufen.

fliegermagazin: Da sind dann auch die Lehrer gefragt.

Ganz klar. Ich möchte gerne auch die Verbände mit einbeziehen. Die AOPA plant bereits eine Kampagne. Vielleicht können wir auch die Behörden einbinden, sodass das Thema zum Saisonstart nochmal richtig ins Bewusstsein aller Beteiligten rückt. 

fliegermagazin: Ist es nicht ein Problem, dass kein Pilot sicher sein kann, wo er die Infos findet?

Ja. Darüber reden wir regelmäßig mit den Behörden und den Plätzen. Ich würde mir wünschen, dass das über die AIP und NOTAMs geregelt wird, nicht auch noch über Webseiten oder per Telefon.

fliegermagazin: Von manchen Betriebsleitern hören wir, dass sie große Angst um ihren Job haben. Konntet Ihr das bei Euch in Paderborn-Haxterberg lösen?

Wir haben einen hauptamtlichen Flugleiter gehabt. Auch der machte sich natürlich große Sorgen um seine Zukunft. Wir haben uns ganz bewusst dagegen entschieden, diesem Menschen zu kündigen. Es gibt mehr als genug Aufgaben am Flugplatz. Er hat nun auch einen Vertrag als Platzwart, hilft beim Betanken, fährt sogar mal Crews ins Hotel. Wenn währenddessen noch einer landen will, geht das ja dann auch ohne Betriebsleiter. Die Flexibilität ist höher, die Einsetzbarkeit vielseitiger.

fliegermagazin: Manchmal hat man das Gefühl, es geht kaum voran mit Fliegen ohne Betriebsleiter. Wie lange wird es noch dauern?

Ich glaube, wir brauchen noch eine Übergangsphase von zwei Saisons. Dann werden wir an dem Punkt sein, an dem eigentlich alle anderen Länder der Welt jetzt schon sind. 

LESEN SIE AUCH
Fliegen ohne Flugleiter AERO 2024
Podcasts

Fliegen ohne Flugleiter – Diskussion auf der AERO 2024

Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

Schlagwörter
  • Flugleiter
  • Fliegen ohne Flugleiter
  • Landesluftfahrtbehörde
  • AIP
  • NOTAM
  • AOPA