Unfallakte

/

Fehlende Sicherheitstechnik: Tödlicher Unfall einer Mooney M20 E

Beim Landetraining geraten zwei Piloten in bodennahe Dunstschwaden. Der Anflug bei schlechter Sicht bringt beide in Gefahr – am Ende ist es
aber die veraltete Sicherheitsausrüstung der Maschine, die beide das Leben kostet

Von Redaktion

Vergleicht man die Autos auf einem Flugplatzparkplatz mit den Flugzeugen nebenan, fällt auf: Das Durchschnittsalter in den Hangars ist deutlich höher als auf dem Parkplatz. Das spricht für Langlebigkeit und Qualität beim Flugzeugbau. Dafür ist unter Umständen die Sicherheitstechnik im Cockpit von gestern. Oder erst gar nicht vorhanden.

Sportlich: Die Mooney M20 (baugleiches Muster) wird für ihre Geschwindigkeit geschätzt (Foto: Archiv)

Der 21. Oktober 2012 ist ein warmer Herbsttag. Durch die Inversionswetterlage und eine feuchte Luftschicht in Bodennähe bilden sich in den Tälern der oberfränkischen Mittelgebirge bereits einige Dunst- und Nebelfelder, so auch auf dem Sonderlandeplatz Speichersdorf. Um 14.59 Uhr starten dort zwei Piloten mit einer Mooney M20 E. Sie wollen mit dem schnellen Viersitzer Anflüge und Landungen trainieren. Zwei Wochen zuvor hat der Pilot auf dem linken Sitz die Maschine vom zweiten, rechts sitzenden Piloten gekauft. Der 48 Jahre alte PIC ist mit 364 Flugstunden nicht unerfahren, der 53 Jahre alte Vorbesitzer hat bereits mehr als doppelt so viele Flugstunden im Cockpit verbracht und kennt das Muster gut. Die Beiden üben bis in den späten Nachmittag hinein.

Vom Sonderlandeplatz Speichersdorf startet die Mooney zu Trainingsflügen

Nach 16 Platzrunden wollen sie noch zweimal abheben. Per Funk informiert der Pilot den Flugleiter über die letzte Trainingseinheit, dann hebt die Mooney von der 750 Meter langen Asphaltpiste 09 ab. Im Gegenanflug bemerken die Piloten, dass sich die Sicht in Bodennähe deutlich verschlechtert hat. Sie beschließen umzudrehen und in der Gegenrichtung zu landen. Der Pilot meldet dem Flugleiter das Vorhaben, dann fliegt die Mooney eine 180-Grad-Kurve und dreht kurz darauf in den Queranflug zur Piste 27 ein. Doch auch in dieser Richtung ist die Sicht schlechter geworden, noch dazu steht die Herbstsonne im Westen direkt über dem Horizont.

Trügerisch: das Wetter 20 Minuten vor dem Crash. Am oberen Bildrand ist rechts die Nebelwand zu erkennen, die den Flugplatz bald einhüllt (Foto: BFU)

Dunst und das blendende Sonnenlicht bringen den Piloten jetzt vermutlich in starke Bedrängnis. Er dreht zu spät in den Endanflug ein, bemerkt den Fehler und versucht, die Piste durch eine Steilkurve mit hoher Sinkrate noch zu erreichen. Sekunden später kracht der Tiefdecker in flachem Winkel in Horizontalfluglage auf eine Wiese rechts neben der Anfluggrundlinie. Trotz der flachen Kollision mit dem Boden auf hindernisfreiem Gelände verletzen sich beide Piloten so schwer, dass sie beim Aufschlag ums Leben kommen.

Mooney M20 E: Der Crash war überlebbar

Die Ersthelfer finden das Wrack zirka 500 Meter vor der Schwelle zur Piste 27, etwa 130 Meter neben der Anfluggrundlinie. Die Aufprallspuren im Gras sind nur wenige Zentimeter tief, führen 26 Meter weit und kreuzen eine asphaltierte Landstraße. Ein großer Teil der Aufprallenergie wurde demnach auf dieser längeren Rutschstrecke abgebaut. Nach den Spuren am Wrack und der langen Rutschstrecke zu urteilen, hatten die Insassen durchaus Überlebenschancen, jedoch waren sie lediglich mit einfachen Bauchgurten angeschnallt, sodass die Verletzungen im Kopf- und Brustbereich erheblich waren.

Deformiert: Die konkaven Verformungen zeigen die Wucht, mit der beide Piloten auf das Panel geprallt sind. Ihre Kopfverletzungen sind tödlich (Foto: BFU)

Die Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) stellen bei den folgenden Ermittlungen fest, dass die Nachrüstung moderner Schultergurte schlicht am Fehlen einer technischen Beschreibung für eine solche Nachrüstung in den siebziger Jahren gescheitert war. Die Befreiung von der Nachrüstung war seither in der Ergänzenden Musterzulassung nicht korrigiert worden. Somit war die Mooney, Baujahr 1965, mit Sicherheitsgurten nach dem technischen Stand der sechziger Jahre ausgestattet.

Fatale Fehlentscheidung: Kein Durchstarten trotz schlechter Sicht

Trotz ihrer fatalen Fehlentscheidung, bei diesen schlechten Sichtbedingungen im Endanflug nicht durchzustarten, hätten die beiden Piloten mit zeitgemäßer Sicherheitstechnik deutlich bessere Überlebenschancen gehabt: Ein Drei- oder Vierpunktgurt hätte die beiden sicher im Sitz gehalten und verhindern können, dass sie mit Kopf und Brust auf das Instrumentenbrett prallen. Offensichtlich wäre in diesem Fall etwas mehr Regulierung bei der Musterzulassung sicherer gewesen.

Text: Samuel Pichlmaier, fliegermagazin 6/2017

Schlagwörter
  • Unfallakte
  • Inversion
  • M20E
  • M-20E Chaparral
  • M-20E Super 21
  • Anflüge
  • Landungen
  • Mooney M20 E
  • Oberfranken
  • ‎EDQP
  • Speichersdorf
  • Nebelfeld
  • M20 E
  • Sicherheitstechnik
  • Alter
  • Durchschnittsalter
  • Rettungsausrüstung
  • Schlechte Sicht
  • Landetraining
  • Sicherheitsgurt
  • Sicherheitsgurte
  • Ersthelfer
  • Schultergurte
  • Nachrüstung
  • Fehlentscheidung
  • Musterzulassung
  • Vierpunktgurt
  • Dreipunktgurt
  • Verletzungen
  • Bauchgurte
  • Überlebenschancen
  • Aufprallspuren
  • Steilkurve
  • flache Kollision
  • Sinkrate
  • hohe Sinkrate
  • Trainingsflüge
  • Viersitzer
  • Nebel
  • Endanflug
  • Flugzeugbau
  • Platzrunde
  • fliegermagazin
  • Rettungssystem
  • Europa
  • Deutschland
  • Herbst
  • PIC
  • Bayern
  • BFU
  • Ermittlungen
  • Kollision
  • Bodennähe
  • Aufprall
  • Crash
  • Ermittler
  • Durchstarten
  • Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung
  • Wrack
  • Franken
  • Pilot in Command
  • Sonderlandeplatz
  • Training
  • Unfall