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Crash nach Motorausfall: Rans S-10 Sakota nahe Saarbrücken
Viele Luftsportbegeisterte verwirklichen ihren Traum vom Fliegen in der UL-Klasse, ohne große bürokratische Hürden. Und während die „Großen“, wenn’s mal hakt, immer gleich zum LTB müssen, lässt sich am UL einiges ganz legal selbst erledigen – Fachkunde vorausgesetzt. Die hat allerdings nicht jeder Schrauber
Wenn man als Pilot von interessierten Laien gefragt wird, was denn eigentlich bei der Fliegerei das Gefährlichste sei, fallen einem gleich einige mehr oder weniger originelle Antworten ein. „Die Erde“, lautet so eine; „die Gefahr zu verhungern“ eine andere, die einem Stunt-Piloten kurz nach dem Ersten Weltkrieg zugeschrieben wird. Sachlicher könnte man argumentieren: „Wenn man erstmal oben ist, ist die sonntägliche Radtour gefährlicher.“ Flugschüler lernen früh, dass die meisten Unfälle in der Start- und Landphase passieren, denn hier ist die Maschine in einem Zustand, den sie eigentlich nicht mag: tief und langsam. Kritisch und gefürchtet ist vor allem ein Motorausfall während des Starts, der deswegen auch in der Ausbildung geübt wird – hoffentlich gründlich.
„Power weg! Was nun?“ Schon an diesem Punkt gehen die Meinungen auseinander. Viele raten von einer Umkehrkurve, wie man sie instinktiv machen will, kategorisch ab und predigen das sture Gradeausgleiten, allenfalls mit leichten Kurskorrekturen und stets mit dem Ziel einer möglichst sanften Außenlandung. Andere sagen: „Kommt ganz darauf an …“ – nämlich auf die aktuelle Höhe beim Triebwerksausfall und die Art des Luftfahrzeugs. Denn mit einem schnellen UL, das mühelos über acht Meter pro Sekunde steigen kann, liegt es durchaus im Bereich des Möglichen, auch nach einem Motorausfall beim Start den sicheren Flugplatz wieder zu erreichen und vielleicht sogar ohne Bruch aufzusetzen.
Kurz nach dem Start: Triebwerksausfall einer Rans S-10 Sakota
Das mag sich auch der Pilot einer Rans S-10 Sakota gedacht haben, als ihm kurz nach dem Start das Triebwerk versagt. Gestartet ist er in den frühen Abendstunden eines Januartags vom Flugplatz Bexbach bei Saarbrücken, von einer der beiden Graspisten mit Ausrichtung 220 und 240 Grad. Der Wind weht mit bis zu acht Knoten aus westlicher Richtung, der Himmel ist wolkenlos, die Sicht gut. Doch lange kann der 37-Jährige diese Flugbedingungen nicht genießen, denn der Motorstillstand erwischt ihn in einer Höhe von zirka 150 Metern – jetzt muss er sich rasch entscheiden, wie er mit der Notsituation umgehen will.
Er leitet eine Umkehrkurve ein. Doch es klappt nicht wie geplant: Zeugen sehen, wie der kleine wendige Mitteldecker mit einer Bahnneigung von 30 Grad und Schräglage nach links auf den Boden prallt, nur 100 Meter vom Flugplatz entfernt und in Verlängerung der Piste 06. Das UL trifft mit der linken Tragfläche und dem Propeller zuerst auf, das Fahrwerk reißt ab, der linke Flügel wird eingeknickt, das gesamte Flugzeug gestaucht. Motor- und Rumpfverkleidung sowie Kabinenverglasung – nichts bleibt heil, der linke Flächentank platzt auf, Treibstoff tritt aus. Zu einem Brand kommt es glücklicherweise nicht. Der Pilot überlebt den Absturz schwer verletzt.
250 Stunden Flugerfahrung, davon 45 Stunden auf der Rans S-10 stehen in seinem Flugbuch. Er besitzt darüber hinaus die Berechtigungen für Flüge mit Passagieren und zum Schleppen sowie eine Segelfluglizenz mit Klassenberechtigung für Motorsegler. Außerdem ist er anerkannter Luftfahrt-Sachverständiger und arbeitet freiberuflich als Sachverständiger in einem Ingenieurbüro für Kraftfahrzeuge und Maschinenwesen. Seine Rans hatte er knapp ein halbes Jahr zuvor aus Großbritannien nach Deutschland geholt. Nach einer Stückprüfung durch den Deutschen Aero Club erhielt sie vom Luftsportgeräte-Büro des DAeC die Verkehrszulassung. Der Motor wurde grundüberholt, die Betriebszeit lag bis zum Unfall bei 14 Stunden.
Bei der Untersuchung des Wracks durch die Ermittler der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BfU) zeigt sich, dass es widersprüchliche Angaben darüber gibt, was eigentlich unter der Rans-Cowling steckt: Eingetragen ist ein Rotax-Zweitakter vom Typ 582, so steht es jedenfalls im Protokoll der Stückprüfung des DAeC. Am Motorgehäuse ist allerdings ein Typenschild mit einer Seriennummer für einen Rotax 532 angebracht. Wie kann das sein?
Ermittlungen des BFU: Diverse Mängel an der Rans S-10
In den britischen Papieren der Unfallmaschine ist ein Motor-Umbau dokumentiert, eine „532 conversion to 582“, für die es von Rotax keine offizielle Erlaubnis gibt. In der letzten Nachprüfung in Großbritannien ist nach wie vor ein Rotax 532 eingetragen; bei der Stückprüfung in Deutschland wird der Motor dennoch als Rotax 582 deklariert, entgegen dem anders lautenden Typenschild. Äußerlich gleicht der 582 dem 532, letzterer ist allerdings für den Betrieb in der Rans S-10 nicht zugelassen – zumindest nicht in Deutschland.
Die Untersuchung der BfU fördert weitere Mängel zu Tage; manche davon scheinen zunächst einmal trivial: Nicht ordnungsgemäß angebrachte Kennzeichen, keine Warnhinweise an der Ausschussöffnung des Rettungssystems, fehlende Beschriftungen für die maximale Zuladung des Gepäckfachs, aber auch falsche Sicherheitsgurte. Doch dann geht’s ans Eingemachte: Der montierte Membran-Vergaser von Mikuni entspricht nicht den von Rotax geforderten Spezifikationen und hat keine Zulassung für den Betrieb in Deutschland. Noch dazu ist die Kraftstoffpumpe des Vergasers in einer falschen Position montiert: vertikal statt horizontal. Die beiden Tanks entsprechen nicht den Vorgaben des Herstellers, ihnen fehlt die erforderliche Wasserdrainage.
Nachträglich eingebaut sind auch die beiden neuen Tankdeckel und die Einfüllstutzen, die Spritschläuche hat der Halter ebenfalls ausgetauscht. Das ist nicht verboten, doch es zeigt sich, dass hier nach dem Grund für das Motorversagen zu suchen ist: Im Benzinfilter schwimmen einige rote Partikel, die sich der Tankbeschichtung zuordnen lassen, dazu nicht wenige weiße Schwebeteilchen. Sie sind aus demselben Material, aus dem auch die Kraftstoffbehälter bestehen; das zeigt die Analyse mit einem Infrarotspektroskop. Offenbar sind beim Einbau der neuen Einfüllstutzen GFK- Partikel in den Tank und damit ins Treibstoffsystem geraten. Die Reste im Benzinfilter verminderten schließlich den Benzindurchfluss zum Motor, wofür auch die hellgraue Verfärbung der Zündkerzen spricht: ein Hinweis auf eine magere Verbrennung.
Die Abmagerung des Triebwerks, so heißt es im BfU-Bericht, ist die Ursache für den Motorstillstand. Grund für den Absturz: zu geringe Geschwindigkeit und ein Strömungsabriss beim Versuch, mit einer Umkehrkurve den Platz wieder zu erreichen. Von diesem Manöver – so die BfU-Experten – rate aber das Flug- und Betriebshandbuch der S-10 bei weniger als 150 Metern Höhe ab. Doch in der Hektik und der kurzen Zeit, die dem Piloten für eine Entscheidung blieb, wird er auch das übersehen haben – nachvollziehbar, aber leider folgenreich.
fliegermagazin 2/2009
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