Unfallakte

Gefangen im Tal: Baumkollision eines Motorseglers in der Schweiz

Respekt vor den Bergen heißt auf Flügen in den Hochalpen vor allem: ausreichend Abstand zum Gelände zu halten! Ein Pilot aus der Schweiz verschätzte sich.

Von Redaktion
Bitte wenden: Vor allem beim Einflug in Täler sollte man genau wissen, was man tut – und daran denken, dass zum rechtzeitigen Umkehren oft nur sehr wenig Platz bleibt. Zeichnung: Helmut Mauch.

Dieser Crash liegt schon ein wenig in der Vergangenheit, doch ist nach wie vor tragisch: Am 28. Oktober 2001 startet ein Pilot mit seiner Fournier RF 4D vom schweizerischen Platz Birrfeld bei gutem Wetter zu einem Rundflug. Augenzeugen beobachten später, wie der Motorsegler in geringer Höhe über Grund vom Gotthardgebiet in Richtung Klausenpass fliegt. Das Schächental gilt in Fliegerkreisen als „kabelverseucht“.

Nahe der Ortschaft Spiringen sieht man den Einsitzer in etwa 1100 Meter über Null ostwärts in Richtung Klausenpass (südöstlich des Vierwaldstätter Sees) tief fliegend; wenige Minuten später macht die Maschine kehrt und passiert Spiringen in etwa 1200 Meter Richtung Westen.

Motorsegler-Pilot: Kontrollverlust in geringer Höhe über Grund

In Anbetracht der sehr bescheidenen Triebwerkleistung des Motorseglers und der Topographie ist so eine geringe Flughöhe unüblich. Nahe der Ortschaft verliert ein Augenzeuge die Maschine kurz aus dem Blickfeld, zuletzt nimmt er bezüglich des Motors wahr, dass „… dieser … einen dumpfen Ton erzeugte, wie wenn der Motor verreckt“. Über einem Weiler kippt der Motorsegler nach links in eine enge Kurve und sackt steil nach vorn ab. In einer Messerfluglage nach rechts kollidiert die Fournier mit einem Ahornbaum – für den 39-jährigen Piloten kommt jede Hilfe zu spät. Die Unfallstelle liegt 1130 Meter über Null.

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Während ihrer Untersuchungen finden die Experten der schweizerischen Unfalluntersuchung weder technische Mängel noch machen sie gesundheitliche Probleme des Piloten als Ursache für den Crash aus. Dafür das: Unmittelbar vor dem Absturz kurz vor der Ortschaft Spiringen stand die Sonne aus Sicht des Piloten links in der Neun-bis Zehn-Uhr-Position. Beim Eindrehen in den Spiralsturz knallte die Sonne dem Piloten sogar frontal ins Gesicht. Noch etwas: Die Maschine war mit 34 Kilogramm überladen. Ihre höchstzulässige Abflugmasse beträgt laut Datenblatt 390 Kilogramm, rekonstruiert wurden 424 Kilo zum Unfallzeitpunkt.

Pilot aus der Schweiz war nicht besonders erfahren

Und das Cockpit der RF 4 ließ dem 1,78 Meter großen und 132 Kilo schweren Piloten nur wenig Bewegungsraum. So sehen die Untersucher die Ursache für den Absturz darin, dass der Pilot in geringer Höhe über Grund die Kontrolle verlor und das Flugzeug anschließend mit einem Baum kollidierte. Gewiss war der Schweizer mit 200 Stunden Gesamterfahrung, davon 38 Stunden auf der RF 4, nicht sonderlich erfahren. Warum er aber entgegen dem Gelernten nur sehr geringen Abstand zum Gelände hielt, darauf konnten die Unfallexperten keine Antwort geben.

Text: Markus Wunderlich

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