Ausbildung

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Ausbildung aus Schülersicht


Sehr persönlich beschreibt unsere Autorin, die zurzeit kurz vor der Prüfung steht, 
ihre Erfahrungen mit drei Fluglehrern. Angehende Piloten und vor allem deren 
Ausbilder können daraus viel lernen. Nachvollziehbar ist, dass die Autorin anonym bleiben möchte – damit sie auch künftig in ihrem Verein gern geschult wird

Von Redaktion
Typ Cowboy: 
unerschütterliches Selbstvertrauen Foto: Christina Scheunemann

Eigentlich wollte ich fliegen lernen. Aber statt dessen zeigte mir mein Fluglehrer in der ersten Stunde, wie man richtig abstürzt. Meine Ohren rauschten, eine Tröte quäkte, dann heulte der Motor auf. Mein einziger Gedanke: Warum? Warum muss ich jetzt schon sterben? Warum muss ich es mir mit Ende 30 unbedingt noch selbst beweisen und fliegen lernen – auch wenn das ein lang gehegter Wunsch ist, für den ich bisher zu wenig Zeit oder Geld hatte? Da saß ich nun neben meinem ersten Fluglehrer, der unbedingt einen Clean Stall vorführen musste. Das soll ein guter Fluglehrer sein?

Der perfekte Fluglehrer

Aber kann es ihn überhaupt geben, den perfekten Trainer? Und wie sieht er aus? Ist er nett, sachlich, rigoros, besser wissend, wild, ungestüm oder alles zusammen? Als ich vor einem Jahr die Ausbildung begann, war ich die perfekte Flugschülerin: Ich wusste überhaupt nichts vom Fliegen und war ein unbeschriebenes Blatt – ein 59-Kilo-Klumpen Mensch mit großem Enthusiasmus, viel Energie und einer unbändigen Leidenschaft. Mein Fluglehrer konnte nun alles aus mir formen. Egal, was er sagte, ich würde es machen. Zumindest dachte ich das am Anfang meiner Ausbildung. Dann kam die erste Flugstunde und die Forderung, Dinge zu tun, die mir lebensgefährlich erschienen. Ich sollte einen Schalter namens „Fuel Pump“ bedienen. Das bedeutet doch so was wie Explosion! Ich wollte mich lieber ums „Beacon“ kümmern, das klingt total niedlich und hat bestimmt Fell. Der Uhrenladen und auch das komplizierte Abflugverfahren eines großen Verkehrsflughafens überforderte mein Büro-Gehirn.

Typ Lederjacke: 
Strömungsabriss in 
der ersten Stunde – 
das geht gar nicht!

Rechts neben mir ertrug die „Lederjacke“ stoisch meine nassgeschwitzten Finger an seinem Ärmel. Mit beiden (!) Händen krallte ich mich an seinem Arm fest, die Augen starr vor Schreck nach vorne gerichtet. Okay, ich bin keine coole Testpilotin – aber muss man einem Neuling denn einen Strömungsabriss vorführen? Merke: Ein Lehrer sollte sich dem Gemüt des Schülers anpassen. Im Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass die „Lederjacke“ ein Super-Pilot ist, mit VFR- und IFR-Lizenzen und tausend Flugstunden auf dem Buckel. Er beherrscht das Fluggerät, und man kann sehr viel von ihm lernen. Meine Checkflüge werde ich auf jeden Fall mit ihm machen, außerdem mag ich ihn – er hat sich nie über meine fehlende Gesichtsfarbe lustig gemacht.

Die Ruhige variante eines Fluglehrers

Nach den stressigen ersten Stunden nahm ich an einem zweiwöchigen Trainingscamp teil und traf IHN. Er war für meine emotionale Verunsicherung zu diesem Zeitpunkt perfekt. Er war der „Kragenbär“. Während sich die „Lederjacke“ morgens ein Flugzeug überstülpt und einen doppelten Rittberger vorführt, trottet der Kragenbär gemütlich ins Cockpit und macht erstmal ein inneres Nickerchen. Ich hatte sofort großes Vertrauen. Ich wusste: Sollte das Flugzeug beschließen abzustürzen, würde der Kragenbär es mit seiner ruhigen, brummigen Stimme dazu überreden, es nicht zu tun und so sicher an den Boden quatschen.

Typ Kragenbär: 
Immer mit der Ruhe!

Ich habe bei ihm viel Wichtiges gelernt: Genauigkeit, Ruhe, Perfektion und mein Standard-Anflugverfahren. Seitdem kann ich sehr gut landen und höre beim Anflug seine sonore Stimme. Ich kann unbeeindruckt von Wind und Tower-Beschallung ganz automatisch alles abspulen. Und ich kann aufgrund dieser Sicherheit auch flexibel und spontan vom Gelernten abweichen. Der „Kragenbär“ verlangte viel: Ich lernte, meine Ungeduld zu zähmen. Je hektischer ich wurde, desto gemütlicher verhielt er sich. Das hat mich oft wahnsinnig gemacht. Aber er war gradlinig und genau. Ich musste pünktlich und perfekt vorbereitet sein. Jede Stunde wurde detailliert vor- UND nachbereitet. Hatte ich eine Frage beim Fliegen, schrieb er sie auf und beantwortete sie am Boden. Er ließ sich durch nichts ablenken – auch nicht durch mich. Das gab mir Sicherheit. Er hat meine Schwächen analysiert und seinen Unterricht darauf abgestimmt. Durch den „Kragenbär“ überwand ich meine Furcht und flog zum ersten Mal alleine. Ich werde das Gefühl nie vergessen, als der Platz außer Sichtweite war, und ich auf mich allein gestellt in der Maschine saß: ICH beherrsche einen komplizierten Metall-Kasten, ich kann fliegen, ich bin ein weiblicher Jesus und natürlich auch schon prüfungsreif. Wie kann man sich irren! Das Camp endete, der Kragenbär trollte sich und mein neuer und letzter Fluglehrer kam: der „Cowboy“.

Der Cowboy bringt einem Selbstvertrauen bei

Der „Cowboy“ ist komplett flugverliebt, PPL-Prüfer, hat alle Lizenzen dieser Welt und arbeitet nebenbei als Privat-Jet-Pilot. Ich nenne ihn „Cowboy“ wegen der Stiefel, und weil es einfach zu ihm passt. Er ist lässig, isst Hähnchen mit den Fingern und hat einen Kofferraum voller Werkzeug. Der „Cowboy“ brachte mir Selbstvertrauen bei. Vorher ließ ich mich schnell durch ruppige und drängelnde Lotsen aus dem Konzept bringen. Er blieb entspannt: „Die fliegen ihren Tower und Du fliegst Dein Flugzeug, also triff Deine eigenen Entscheidungen.“

 Der „Cowboy“ ertrug auch mein Flugzeug-Tourette: „Bei dem Wind kannst du selber fliegen“, „Oh Gott, jetzt regnet es auch noch“, „Ich glaube, die Tragflächen sind eingefroren“, „Ich hab kein Bock mehr – lass mich in Ruhe“. Oder er hörte einfach nicht hin. Ich beschwerte mich, wenn er mir nicht half – er behauptete, er würde ja eingreifen, aber dafür bestünde keine Veranlassung. Seine Sprechzeiten: 24 Stunden am Tag. Als er spürte, dass ich mit dem VOR und der Kreuzpeilung nicht klar kam, setzte er sich mit mir an einem Sonntag um 21 Uhr zwei Stunden lang ins Cockpit. Mit dem „Cowboy“ reite ich zur Prüfung und wenn ich sie geschafft habe, rufe ich „Yeah-ha!“.

Der perfekte Fluglehrer ist die Summe aus Lederjacke, Braunbär und Cowboy

Und was macht ihn nun aus, den perfekten Fluglehrer? Jeder wünscht sich einen anderen, aber für mich war der Dreiklang aus Lederjacke, Cowboy und Kragenbär genau richtig. Der Erste hat mich stressfest gemacht, der Zweite lehrte mich alle technischen Rafinessen, und der Dritte ließ mich am Himmel souverän werden. Jeder hatte seine Stärken und Schwächen. Alle zusammen haben mich das Fliegen gelehrt. Das macht sie perfekt – und mich glücklich.

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