Praxis

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Atemsauerstoff

Zusätzlicher Sauerstoff aus einer portablen oder eingebauten Anlage kann sich für Piloten schon in erstaunlich niedrigen Flughöhen lohnen

Von Redaktion
Höhenabhängig: Die traditionelle Sauerstoffmaske (links) ist erst ab 18 000 Fuß vorgeschrieben. Darunter genügt die Oxymizer-Kanüle (rechts), die den Verbrauch wesentlich senkt und viel bequemer ist

Wenn es um Höhenflüge geht, stellen die Vorschriften sicher, dass man nicht bewusstlos wird: Zwischen 12 000 und 13 000 Fuß Höhe muss die Besatzung zusätzlich mit Sauerstoff versorgt werden, wenn länger als 20 Minuten in dieser Höhe geflogen wird; oberhalb von FL130 müssen alle Personen an Bord für die gesamte Zeit Sauerstoff erhalten. Das besagt die Dritte Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (3. DV LuftBO).

Doch immer mehr Piloten entdecken, dass es ihnen und ihren Passagieren sehr viel besser geht, wenn sie sich schon früher mit Sauerstoff versorgen. Das verhindert zum Beispiel die häufig auftretenden Kopfschmerzen nach einem Streckenflug in 9000 Fuß – und es sorgt dafür, dass man als Pilot so aufmerksam und „bei Sinnen“ ist wie nur möglich. Das in Flugplatzkneipen immer wieder zu erlebende Angebertum darum, wer ohne Sauerstoff möglichst hoch fliegen kann, ist schlicht gefährlich. Viele Piloten ebenso wie Mediziner berichten, dass bei längerem Verbleib in Höhen ab 8000 Fuß eine Zusatzversorgung bewirkt, dass ein Flug als weniger anstrengend empfunden wird. Unbestritten ist, dass die Nachtsichtfähigkeit schon ab 5000 Fuß leidet, weil das Auge sehr schnell unter Sauerstoffmangel leidet.Zudem bietet das Fliegen in großer Höhe einige Vorteile: Oft ist es oben ruhiger, weil die Thermik nicht so hoch reicht; die True Airspeed ist größer; mit Glück weht dort auch ein stärkerer Rückenwind.

Top-Gun-Feeling

Die Vorstellung, stundenlang mit einer Maske fliegen zu müssen, ist allerdings sicher nur für extreme „Top Gun“-Fans attraktiv. Hinzu kommt, dass einfach Masken zwar nur wenige Euro kosten, solche mit Mikrofon aber einige hundert Euro teuer sind.

Portabel: Dieses Kit von Mountain High umfasst eine Flasche 
mit Druckminderer sowie Masken und Kanülen

Zum Glück gibt es inzwischen wesentlich bequemere Alternativen, die zudem auch noch weniger Sauerstoff verbrauchen. So werden portable Anlagen mit Zwei- oder Vier-Liter-Flaschen zu einer guten Versorgungsmöglichkeit – denn eingebaute Sauerstoffanlagen bieten nur wenige Flugzeuge, vor allem solche mit Turbolader. Masken sind erst ab 18 000 Fuß unvermeidbar, dann gibt es keine zulässige Alternative mehr. Die einfachste und preiswerteste ist die Oxymizer-Kanüle, die wie ein Schnurrbart über dem Mund hängt (siehe Foto oben links). Zwei Versorgungsschläuche über den Ohren halten die Kanüle, die über zwei offenen Röhrchen kontinuierlich Sauerstoff in die Nasenlöcher bläst. Das Spargeheimnis ist eine flexible Vorratskammer, in der sich beim Ausatmen der Sauerstoff sammelt. Beim Einatmen wird der Vorrat zusätzlich zum Sauerstoff aus der Leitung angesaugt. Diese Doppel-Dosis macht es möglich, den Durchfluss zu drosseln. Ein Schraubventil wird entsprechend der Flughöhe justiert. Ab etwa 600 bis 800 Euro sind solche Anlagen samt Schläuchen, Reglern und Ventilen zu haben, die mit einer Zwei-Liter-Flasche zwei Personen schon bis zu sieben Stunden versorgen. Die Kanülen stören kaum, das Headset-Mikro lässt sich normal benutzen, man kann essen und trinken.

Rotes Blut ist gut versorgt

Luxuriöser – und mit etwa 1300 Euro auch teurer – ist der elektronische Durchflussregler von Mountain High namens EDS oder sein mechanisches Pendant von Precise Flight. Dabei fließt der Sauerstoff nicht mehr kontinuierlich, weil die Geräte erspüren, wenn der Benutzer einatmet. Nur dann geben sie einen kurzen Stoß Sauerstoff ab. Das ermöglicht einen erheblich niedrigeren Verbrauch. Außerdem wird die Vorratskammer in der Kanüle überflüssig: Vor die Nase führen nur dünne Schläuche.

Einbauanlage: Im Rumpf dieser Cirrus ist ein Vorratstank mit elektrischem Ventil eingebaut, der vom Gepäckraum aus befüllt wird

Alle Systeme sollte man in Kombination mit einem Finger-Oximeter verwenden. Die etwa 150 Euro teuren Geräte werden bei Höhenflügen ab und zu auf einen Finger gesteckt und durchleuchten diesen. Anhand der Rötung des Bluts messen sie dessen Sauerstoffgehalt. So ist sicher, dass die Versorgung des Körpers ausreichend ist.

Text: Thomas Borchert, Fotos: Peter Wolter, Christina Scheunemann, Andreas Haller (3), Hertsteller

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