Rettungswesten selbst warten: So wird es gemacht!
Rettungswesten selbst warten? Wir zeigen, wie das geht und worauf besonders zu achten ist. Außerdem klären wir die Frage, ob es ein „Rettungswesten-Gesetz“ gibt?
Mit Rettungswesten verhält es sich ein wenig wie mit Versicherungen: Solange man sie nicht braucht, sind sie nichts als teurer Ballast. Aber wenn man sie braucht, dann sind sie wirklich, wirklich wichtig. Piloten privater Flüge haben eine Menge Freiheiten, wenn es um Sicherheitsausrüstung für sie selbst und ihre Passagiere geht. Doch bei Rettungswesten gibt es keine Zweifel: Sie müssen bei Überwasserflügen immer an Bord sein – selbst auf dem Weg zu den beliebten Nordseeinseln.
In der Enge einer Kleinflugzeug-Kabine gibt die Vernunft zudem vor: Diese Westen müssen vor dem Flug über Wasser von allen Insassen angelegt werden. Deshalb ist unsere Empfehlung, nicht die Passagierwesten aus der Großluftfahrt zu verwenden. Sie sind nicht zum dauerhaften Tragen gedacht und auch sehr unbequem. Besser sind die auf diesen Seite zu sehenden Kragenwesten, wie sie im Wassersport üblich sind. Und wie sieht es mit der Wartung aus? Wir klären in diesem Artikel, ob man Rettungswesten selbst warten kann
Welche Rettungswesten eignen sich fürs Cockpit?
Preislich ist nicht wirklich ein Unterschied festzustellen: Ab etwa 100 Euro sind brauchbare Rettungswesten zu bekommen. Teurer sind Westen, die zwei separate Luftkammern haben und damit mehr Redundanz bieten. Wichtige Anforderungen an eine Weste für das Cockpit: Sie sollten ein durch Seewasser aktiviertes Notlicht und einen Schrittgurt haben. Auf keinen Fall dürfen sie sich vollautomatisch bei Wasserkontakt aufblasen, was bei „Mann über Bord“ in der Schifffahrt dagegen erwünscht ist. Doch im Flugzeug ist das gefährlich: Aus der sich mit Wasser füllenden Kabine kommt man mit aufgeblasener Weste kaum heraus.
Halbautomatische Westen, also solche, die sich nach dem manuellen Zug an einem Auslöser mit Hilfe von CO2-Gas aus einer Druckpatrone aufblasen, sind die richtige Wahl. Für Westen aus dem Wassersport bieten viele Hersteller Zubehör an, mit dem sich die vollautomatische Auslösung durch Wasser deaktivieren lässt: Die wasserlösliche Tablette im Auslöser kann der Besitzer dann selbst durch ein Kunststoffteil ersetzen – und bei Nutzung auf einem Boot auch wieder zurückwechseln.
Wie oft muss ich eine Rettungsweste warten?
Wo wir schon bei den oft empfehlenswerten Westen aus dem Wassersport sind: Ihnen fehlt oft das Notlicht, das aber als Zubehör nachgerüstet werden kann. Auch eine durchsichtige Kopfhaube zum Schutz vor Gischt, eine sogenannte Sprayhood, kann ein nützliches Zubehör sein. Besonders wichtig: Für Rettungswesten in der privaten Fliegerei ist keine Luftfahrtzulassung vorgeschrieben. Die Hersteller empfehlen eine regelmäßige Überprüfung und Wartung der Rettungswesten – oft ist ein Ein-Jahres-Intervall vorgegeben. Hier kommt nun ein wenig die persönliche Einstellung zum Umgang mit Risiken ins Spiel: Natürlich kann man die Westen zum Hersteller oder zu einem Service-Zentrum schicken, wo sie dann überprüft werden. Allerdings können die Kosten dafür nach wenigen Jahren die Anschaffungskosten der Weste übersteigen.
Eine Alternative ist es, die Rettungsweste selbst zu warten – und das jährlich. Die Wintermonate, in denen ohnehin weniger geflogen wird, sind dafür optimal geeignet. Wir zeigen und sagen, wie Sie die Weste selbst warten können. Ganz klar: Hierbei muss mit Sorgfalt und Vorsicht vorgegangen werden. Denn am Ende des Prozesses soll wieder ein zuverlässig funktionierendes Rettungsmittel zur Verfügung stehen.
Rettungswesten selbst warten: Anleitung
Wir zeigen den Ablauf hier am Beispiel der Weste eines Hersteller, aber der Aufbau der Kragenwesten ist fast immer gleich. Die einzelnen Schritte sehen Sie in der untenstehenden Bildergalerie. Zentraler Punkt ist natürlich die Dichtigkeitsprüfung der Rettungsweste. Dazu muss eine Entscheidung gleich am Anfang getroffen werden. Auf den Bildern zu diesem Artikel zeigen wir, wie die Weste mit einer Luftpumpe aufgeblasen wird. Sie soll dann über Nacht liegen bleiben und nach 24 Stunden keine Luft verloren haben.
Die Alternative: Legen Sie die Weste an und lösen Sie die Weste wie im Ernstfall durch den Zug am Auslöser aus. Das hat Vorteile: Sie erleben, wie es sich anfühlt, die Weste auszulösen. Außerdem ist dann klar, dass das Material der Beanspruchung durch den plötzlichen Öffnungsstoß standhält. Nachteil: Sie müssen (vorher!) vom Hersteller einen Ersatzteil-Kit gekauft haben, das eine neue Gaspatrone und eventuell vorhandene Sicherungsstifte enthält.
Ansonsten öffnen Sie die Weste wie auf den Fotos gezeigt, blasen Sie mit einer Luftpumpe (nicht mit feuchter Atemluft) auf und überprüfen alle Gurte, Aufkleder und sonstige Komponenten der Weste auf ihren ordnungsgemäßen Zustand. Die Gaspatrone sollten Sie gleich zu Beginn vorsichtig aus dem Auslöser schrauben. Ihr Sollgewicht samt Füllung ist auf der Patrone abzulesen. Es kann mit einer Waage überprüft werden. Auf dem Notlicht ist das Ablaufdatum der Batterie aufgedruckt – meist hält sie fünf Jahre. Ob und wann man das Notlicht zum Preis von etwa 20 bis 30 Euro ersetzt, muss jeder Westenbesitzer selbst entscheiden. Mit Hilfe hoffentlich vieler beim Auseinandernehmen gemachten Handyfotos baut man die Weste nach der Prüfung wieder sorgfältig zusammen – und dann kann es übers Wasser gehen.
Gibt es ein Rettungswesten-Gesetz?
Der Abschnitt NCO.IDE.A.175 der EU-Verordnung 800/2013 gibt vor: Für jede Person ist an Bord eines einmotorigen Landflugzeugs eine Rettungsweste griffbereit zu halten, wenn außerhalb der Gleitreichweite von Land geflogen wird oder bei Start und Landung an Flugplätzen, bei denen im Notfall ein Ditching wahrscheinlich erscheint. In den ergänzenden Acceptable Means of Compliance wird zudem gefordert, dass die Weste ein Licht haben sollte.
Eine Luftfahrtzulassung wird nicht verlangt. Auch wenn es immer wieder diskutiert wird: Es gibt keinen Zweifel, das sämtliche Anflüge auf die beliebten Nordseeinseln klar unter die Vorgaben von NCO.IDE.A.175 fallen. Erstens gibt es in den Anflugprofilen stets Abschnitte der Strecke, die nicht in Gleitreichweite von Land liegen. Und zweitens ist während des An- oder Abflugs bei Motorausfall praktisch überall mit einer Notwasserung zu rechnen. Und auch dies wird immer wieder diskutiert: Zwar erlaubt das Gesetz, die Rettungswesten „griffbereit“ zu haben.
Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.
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