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Action-Cam installieren: GoPro am Flugzeug richtig befestigen
Viele Piloten befestigen GoPro & Co. außen an ihrem Flugzeug, um besondere Aufnahmen zu machen. Zulassungsseitig begeben sich die meisten damit in eine Grauzone. Dass es auch ganz legal geht, hat Oliver Bucher an seiner DA40 durchexerziert.
„Wenn du das offiziell machen willst, wird das ein größeres Projekt“ – Oliver Bucher hatte sich selbst von Anfang an nichts vorgemacht: Eine Actionkamera außen am Flugzeug montieren ist einfach, der Markt bietet hierfür eine Vielzahl von Klebe-, Klemm- oder Schraubbefestigungen. Die Installation so durchzuführen, dass sie am Ende legal ist, erfordert dagegen einen erheblich größeren Aufwand.
Zu Weihnachten 2019 hatte Bucher eine Actionkamera geschenkt bekommen, eine Garmin VIRB 360. Der Einsatzzweck war klar: Filmaufnahmen im Flug, am Besten nicht nur aus dem Cockpit, sondern mit spannenden Perspektiven von außerhalb des Flugzeugs. Schließlich besitzt der Pilot seit 2013 eine eigene Diamond DA40. Für den gelernten Maschinenbauer kam nur eine „richtige“ Montage der Kamera in Frage, fest verschraubt am Flugzeug. „Ich wollte auf alle Fälle vermeiden, dass es irgendwann ein Problem gibt.“ Bei anderen Piloten hatte er es schon miterlebt, wie eine solche Actioncam sich im Flug gelöst hatte und – glücklicherweise ohne jemanden zu verletzen – auf Nimmerwiedersehen in einem Waldstück verschwand. Bucher erzählt, wie er seine GoPro am Flugzeug installiert hat.
GoPro am Flugzeug: Legale Installation erfordert großen Aufwand
Die EASA-Wartungsvorschrift CS-STAN (Certification Specification – Standard Changes and Standard Repairs) ermöglichen die Montage von Actionkameras innen und außen ausdrücklich und definiert in Standard Change CS-SC403a die Bedingungen dafür. Sind alle erfüllt, bestätigt ein nach Part 145 lizensierter Prüfer die Freigabe der Modifikation am Luftfahrzeug – fortan ist die Kamera legal am Flugzeug angebracht.
Die europäische Regel orientiert sich dabei an einer Richtline, die die britische Civil Aviation Authority 2016 erarbeitet hat und der EASA als Grundlage dient: In der „policy and guidance on mounting cameras on aircraft“ erklärt die CAA detailliert die Anforderungen, unter denen eine Kameramontage zu erfolgen hat. Die Checkliste hierfür enthält 15 Punkte! Der wichtigste: Erlaubt sind nur Kameras, die eine eigene Stromversorgung haben und ohne externe Verkabelung auskommen.
Eigene Konstruktion: Bucher entwickelt zwei Halterungen
Bucher arbeitet sich in die Vorschriften ein und beginnt mit der Konstruktion: Er plant eine formschlüssige Verbindung, die die im Flug auftretenden Kräfte optimal in die Flugzeugstruktur einleitet. Die Aufgabe löst er am Heck mit einer Manschette, die sich kurz unter dem Höhenruder um die Seitenflosse legt. Das Teil laminiert er aus glasfaserverstärktem Kunststoff, Kohlefaser-Stränge sorgen für zusätzliche Festigkeit. Ein Aluminium-Distanzstück schafft die Verbindung zum Kamerafuß. Die Vorschriften erlauben, maximal zwei Kameras außen am Flugzeug anzubringen. Deswegen baut der Pilot und Videofan noch eine weitere Halterung, die er am Randbogen der Tragfläche montieren kann.
Beide Halterungen werden fest mit dem Flugzeug verbunden, über die Schraublöcher, mit denen die Kunststoffverkleidungen der DA40 montiert sind. Das darf dank der vereinfachten Wartungsregeln des Part M Light der Pilot selbst durchführen. Das ist auch deshalb wichtig, weil nach den Vorschriften die Vorrichtung nur zeitweilig für maximal 24 Stunden am Flugzeug bleiben darf.
Belastungstest: Hält die Konstruktion dem G-Kräften Stand?
Schließlich geht es an die Belastungstests: Nach den Richtlinien muss die Konstruktion zum einen den g-Kräften im Flug standhalten, zum anderen dem Luftstrom bis hin zur Vne. Das Neunfache des Kameragewichts muss in Flugrichtung nachgewiesen werden.
Zwar bot das CAA-Dokument eine Beispielrechnung, für die Daten der DA40 waren die darin verwendeten Werte jedoch unbrauchbar. Und um sie verwenden zu können, musste Bucher zudem wissen, welchen Luftwiderstandsbeiwert die Behörde für eine Kamera zugrunde gelegt hat. „Nach rund vier Stunden Rechnerei hatte ich eine Widerstandsformel, die Ähnlichkeit mit der hatte, die man aus der PPL-Theorie kennt.“ Auch der Wert für die Gewichtskraft, mit der man an der Kamera ziehen musste, um die Festigkeit zu belegen, musste errechnet werden: 31,21 Newton, was einer Masse von 3,18 Kilogramm entspricht, waren es für eine GoPro, ein bisschen weniger für die VIRB.
Viel Aufwand: Das Handbuch muss ergänzt werden
Mindestens genauso viel Aufwand wie Bau und theoretische Berechnungen erfordert die Ergänzung des Handbuchs. 23 Seiten mit sieben Kapiteln und 5 Anlagen enthält das Dokument der DA40, das die richtige Benutzung der Kamera samt Befestigung beschreibt.
Aufgeführt sind darin unter anderem die Gesamtmassen für sämtliche Kombinationen aus Anbaukomponenten, Kameragehäusen und Befestigungen aufgeführt. Um unter die Zulassung nach CS-STAN zu fallen, darf die Gesamtmasse 300 Gramm nicht überschreiten.
Mass & Balance unproblematisch: Die Betriebsgrenzen des Flugzeuges ändern sich nicht
Der Gesamtschwerpunkt des Flugzeugs verändert sich selbst im ungünstigsten Fall – bei einer am Seitenleitwerk angebrachten Action Cam und leichter Beladung – maximal um zwei Millimeter. Auch die Flugeigenschaften können allenfalls geringfügig abweichen. Ein Schild im Cockpit weist den Piloten darauf hin, dies bei seinen Planungen zu berücksichtigen. Betriebsgrenzen des Flugzeugs ändern sich dagegen nicht. Auch das ist Voraussetzung für einer Installation nach CS-STAN. Eine weitere Anforderung: Ist die Leistung von WLAN- oder Bluetoothsender der Kamera nicht bekannt oder liegt sie über 100 Milliwatt, müssen die drahtlosen Funktionen zum Schutz der Flugzeugavionik abgeschaltet sein. Sogar eine Notfall-Checkliste hat Bucher erstellt, für den Fall, dass die Kamera am Flugzeug zu brennen beginnt.
Am Ende stand schließlich die Abnahme: 250 Euro hat der Werftbetrieb dafür berechnet, die ActionCam-Installation freizugeben. Gar nicht so schlimm, findet Oliver Bucher, schließlich musste der Prüfer sich erst mal durch mehr als 40 Seiten Berechnungen, Formeln und das Manual arbeiten. Es war das erste Mal, dass er eine solche Kamerahalterung abgezeichnet hat. Trotzdem – oder gerade deshalb – stand der Werftmitarbeiter dem Thema aufgeschlossen gegenüber. Sein Fazit zu der Arbeit war ein großes Lob an den Konstrukteur: „Das hätte ich selbst auch nicht besser hingekriegt.“
Text (Stand 2021): Christof Brenner, Fotos: Oliver Bucher
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