Touch & Go Wilhelmshaven: Was Sie hier erleben können
Der Verkehrslandeplatz an der Nordseeküste hat eine lange Geschichte – und eine frisch sanierte Piste. Verewigt wurde der JadeWeserAirport zudem in einem Lied, das so gut wie alle Piloten kennen dürften.
Wind Nordost, Startbahn Null-Drei … – fast jeder kennt das Lied von Reinhard Mey. Doch wer weiß, dass diese Piste wirklich existiert? Inzwischen heißt sie allerdings Null-Zwei und liegt am westlichen Stadtrand von Wilhelmshaven. Mey machte hier Anfang der siebziger Jahre die Privatpilotenlizenz und setzte dem damals noch bescheidenen Platz ein musikalisches Denkmal.
1927 von Enthusiasten und ehemaligen Marinefliegern gegründet, gehörte die Graspiste bald zum Lufthansa-Streckennetz zwischen Hamburg, Bremen und den Ostfriesischen Inseln. Nach der Zwangspause im Krieg ging es in den fünfziger Jahren weiter. Der heutige Flugplatz Wilhelmshaven, genannt JadeWeserAirport, ist mit zwei Bahnen, IFR- und Nachtbetrieb, Hubschrauberbasis und Wartungswerft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Region. Auch die Freizeitfliegerei kommt nicht zu kurz: Stolz blickt die traditionsreiche Motorfluggruppe Wilhelmshaven-Friesland auf über fünf erfolgreiche Jahrzehnte zurück.
Vom Flugplatz Wilhelmshaven ist man schnell am Südstrand
Der Anflug von Südosten führt über den Jadebusen vorbei an Strandpromenade und Hafen zum Platz. Flieger abstellen, Fahrrad mieten – ruckzuck ist man am Südstrand von Wilhelmshaven, einem beliebten Touristenziel. Am Weg liegt der historische Fliegerdeich, von dem aus die Kaiserliche Marine ihre Doppeldecker starten ließ. In den alten Backsteingebäuden der Umgebung lagerten einst Segel und Seekarten, Maschinen und Waffen. Heute kann man in schicken Lokalen und urigen Kneipen den schönen Blick aufs Wasser genießen.
Nahe der ehrwürdigen Kaiser-Wilhelm-Brücke von 1907, dem Wahrzeichen Wilhelmshavens, liegen die imposanten Schiffe des Marinemuseums, einer in Deutschland einmaligen Einrichtung. Hier erfährt man alles über die deutsche Marine-Geschichte und über den hiesigen Kriegshafen, der erst in den sechziger Jahren des vorletzten Jahrhunderts auf angekauftem Gebiet des Großherzogtums Oldenburg angelegt wurde. Wilhelmshaven ist noch heute wichtigster Marine- und größter Bundeswehr-Standort Deutschlands.
In Wilhelmshaven wechseln sich unschöne und schöne Ecken ab
Vom Südstrand ist es über die „KW“-Brücke nur ein kurzer Weg zu den alten Straßenzügen der Kaiserzeit und zur Innenstadt mit ihrer Fußgängerzone. Im Krieg wurde Wilhelmshaven zu sechzig Prozent zerstört und ist auf den ersten Blick keine schöne Stadt. Neben unattraktiven Straßen mit leerstehenden Läden finden sich aber gerade in Wassernähe, rund um die Parks und in den erhalten gebliebenen älteren Wohngebieten sehr schöne Ecken.
Zu den imposantesten Gebäuden der Stadt zählt das Rathaus von Fritz Höger, dem Architekten des Hamburger Chile-Hauses. Im Küstenmuseum bekommt man ein Bild vom früheren Glanz der Stadt, die seit Kaiserzeiten in Anspielung auf das ehemalige chinesische Schutzgebiet Tsingtau den Spitznamen „Schlicktau“ trägt.
Wilhelmshaven lockt besonders junge Familien
Nach Jahrzehnten des wirtschaftlichen Niedergangs wird die Stadt mit der renommierten Jade-Hochschule, den wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, den Sportmöglichkeiten und einem breiten kulturellen Angebot besonders für junge Familien und Investoren wieder interessant geworden, entlang der Häfen entstehen neue Wohnungen und Hotels. Rings um Kaiser-Wilhelm-, Deich- und Nassau-Brücke findet sich Gastronomie für jeden Geschmack, vom Trendlokal mit Freiterrasse und Hafenblick bis zur kultigen Fischkneipe.
Im Kulturzentrum Pumpwerk treten weltbekannte Künstler auf, und das im Sommer stattfindende „Wochenende an der Jade“, eine maritime Großveranstaltung mit Musik und Unterhaltung, gehört zu Norddeutschlands Top-Events. Lohnenswert ist eine Hafenrundfahrt durch die größte Seeschleuse Deutschlands über den Marinestützpunkt „4. Einfahrt“ zum 2012 eröffneten JadeWeserPort, dem tideunabhängigen Containerterminal am Tiefwasserhafen. Pipelines verlaufen bis ins Rhein-Ruhr-Gebiet und nach Hamburg.
Im Nordwesten nimmt man alles etwas lockerer
Pilotenforen berichten vom guten Service und dem lockeren Umgangston in EDWI; ein „Moin“ reicht bei Tag und Nacht als Begrüßung. Vielleicht ist es die Entfernung zum nächsten großen Airport, der Mangel an Bodenhindernissen oder die frische Luft: Im Nordwesten ist die Privatfliegerei nicht so bürokratisch ernst. Es gibt viele kleine Flugplätze und Vereine an Land und auf den Inseln, die Niederlande sind auch nur wenige Flugminuten entfernt. Der JadeWeserAirport profitiert davon, auch wenn er aus Sicht eines Süddeutschen am Ende der Welt liegen mag.
Die Landegebühren sind bezahlt, der Snack ist verspeist. Und die „Luftaufsichtsbaracke“, wo in Reinhard Meys Lied dauernd „irgendjemand Kaffee“ kocht? Besucher finden eine gemütliche Kneipe und ein respektables Backstein-Turmgebäude vor. Der beliebte Barde, der nach bestandener Flugprüfung hier ein kleines Charterunternehmen aufbaute, hat wohl ein wenig untertrieben. Doch „Über den Wolken“ ist noch immer ein Hit, und die Wilhelmshavener Flieger sind darauf so stolz, als hätten sie ihn selbst geschrieben.
Der Flugplatz: JadeWeserAirport Wilhelmshaven
- Kennung: EDWI
- Frequenz: 129,255 Mhz
- Lage: 2,2 NM SW Wilhelmshaven
- Höhe: 19 ft
- Pisten: 02/20, 1459 m Asphalt; 16/34, 615 m Asphalt
- Treibstoff: Avgas, Jet A-1, Super Plus (alk.-frei!)
- Zugelassen für: Motorflugzeuge bis 14 t, Helis bis 20 t, Motorsegler und ULs; IFR/VFR
- Betriebszeiten: Sommerzeit: 9 Uhr bis Sonnenuntergang + 30 Minuten, max. 19.30 Uhr MESZ; Winterzeit: 9 Uhr bis Sonnenuntergang + 30 Minuten, max. 18.00 Uhr MEZ.
- Zoll: 2 h vorab PPR
- Adresse: JadeWeser Airport GmbH, Luisenstr. 8, 26382 Wilhelmshaven
- Telefon: 04421/20 10 85 (Tower), 0171/405 34 37 (PPR)
- Internet: www.edwi.info
Text & Fotos: Rolf Stünkel
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- Motorfluggruppe Wilhelmshaven-Friesland