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Touch & Go Flugplatz Dresden: Florenz an der Elbe

Sie ist ein wahres Schmuckstück: Die Landeshauptstadt Sachsens zieht Besucher mit zahlreichen Prachtbauten rasch in ihren Bann. Ein Reisebericht.

Von Redaktion
Europas Balkon: Blick über Elbwiesen und Elbe auf die Brühlsche Terrasse und die Altstdt Dresdens. Foto: Sylvio Dittrich

Unbeeindruckt dreht der Autopilot seine Vollkreise und ermöglicht es mir, den Anblick unter mir förmlich aufzusaugen. Die goldene Juli-Abendsonne bescheint das Dresdner Altstadt-Ensemble mit seinen Bauten aus Renaissance, Barock und 19. Jahrhundert: Semperoper, Zwinger, Brühlsche Terrasse, daneben die Elbe – und mittendrin das alles überragende Herzstück, die Frauenkirche mit ihrer steinernen Kuppel.

Zum ersten Mal war ich 1994 in Dresden, da war ich zwölf Jahre alt. An wenig nur kann ich mich erinnern, aber eins hat sich mir eingeprägt: die Ruine der im Zweiten Weltkrieg zerstörten barocken Frauenkirche und davor lange Reihen nummerierter Originalsteine, aus denen das Gotteshaus wiederaufgebaut werden sollte. Die Steine würden genau an ihrer jeweiligen Originalstelle wieder eingesetzt und wo nötig durch neues Material ergänzt werden. Ein wahnwitziges Puzzle, das tatsächlich gelöst wurde! 

Seit 2005 erscheint die Frauenkirche in Dresden wieder in alter Pracht

1743 an der Stelle eines älteren Kirchenbaus errichtet und schon damals ein architektonisches Meisterwerk, wurde die Kirche in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs völlig zerstört. Nach dem Krieg ließ man die Überreste als Mahnmal stehen, in den achtziger Jahren wurde es zu einem Symbol der Friedensbewegung in Ostdeutschland und einem Ort des gewaltfreien Protests. Erst nach der Wende setzte sich eine Bürgerinitiative für den Wiederaufbau ein und schaffte es, die notwendige Finanzierung zu sichern.

Angekommen: Für Privatpiloten ist der Dresdner Airport eine gute Adresse. An Wochenenden und Feiertagen sind die Gebühren fürs Landen und Parken besonders günstig.

Grundsteinlegung war im Mai 1994; seit 2005 steht die Frauenkirche wieder in ihrer alten Pracht auf dem Neumarkt, einschließlich der freitragenden Sandsteinkuppel. Die bewegte Geschichte der Kirche erkennt man heute äußerlich am Mosaik aus dunklerem Originalmaterial und neu hinzugefügtem helleren Sandstein.

Der Flugplatz Dresden liegt neun Kilometer vom Stdtzentrum entfernt

Genug gekreist, wir möchten uns die Stadt Dresden am Boden anschauen! Die Lotsen, die uns auch die Vollkreise in der Kontrollzone genehmigt haben, schicken uns direkt in den langen Endanflug der »04«.

Dresden International liegt neun Kilometer nördlich des Stadtzentrums, im Stadtteil Klotzsche. Am Boden ist die Abwicklung so, wie man sie sich an einem internationalen Verkehrsflughafen wünscht – freundlich und zuvorkommend. Von der Parkposition bringt man uns zum General Aviation Terminal (GAT), das sich direkt ans Hauptterminal anschließt. Nur wenige Schritte sind es bis zur S-Bahn, mit der man in 20 Minuten in der Innenstadt ist.

Ein Wochenendtrip nach Dresden lohnt sich besonders: Von Freitagnachmittag bis Montagmorgen und über Feiertage fällt für Flugzeuge bis zwei Tonnen MTOM nur die halbe Landegebühr an, die Parkgebühren werden ganz erlassen.

Dresden wird oft auch als Florenz an der Elbe betitelt

Als Erstes steht natürlich ein Spaziergang durch die Altstadt an. Dresden war eine der strahlendsten Residenzstädte der Barockzeit in ganz Europa. Zu verdanken ist das zum großen Teil Kurfürst Friedrich August I.,
der später König August II. von Polen wurde und vor allem als »August der Starke« bekannt ist. Während seiner Regentschaft 1694 bis 1733 erlebte Sachsen eine Zeit der wirtschaftlichen Blüte, und in Dresden entstand eine Vielzahl barocker Prachtbauten. Auch die weltberühmten Kunstsammlungen gehen auf August den Starken zurück. Dresdens Beiname »Elbflorenz« gilt als Würdigung des Umfangs dieser Sammlungen und der architektonischen Parallelen beider Städte.

Im 19. Jahrhundert prägte der Baumeister Gottfried Semper Dresdens Stadtbild, er entwarf unter anderem die nach ihm benannte Semperoper. Gleich nebenan befindet sich der Zwinger. Dieser Gebäudekomplex mit Gartenanlage, entstanden ab 1709 als Orangerie und repräsentatives Festareal, gehört zu den bekanntesten Bauten des Barock und ist ein Gesamtkunstwerk aus Architektur, Skulpturen und Malerei. Der pittoreske Innenhof mit seinen Wasserspielen, Orangenbäumchen und reich verzierten Pavillons, umringt von Balustraden, Figuren und Vasen-gesäumten Galerien, lädt zum Flanieren ein und ist ein beliebtes Fotomotiv.

Der Zwinger beherbergt gleich drei großartige Museen

An kaum einem Ort lässt sich die barocke Prachtentfaltung und der Machtanspruch August des Starken so wahrnehmen wie hier. Gleich drei bedeutende Museen beherbergt der Zwinger: die Gemäldegalerie Alte Meister (mit Werken von Raffael, Correggio oder Vermeer), den Mathematisch-Physischen Salon (eine historische Sammlung mathematischer und physikalischer Instrumente) und die Dresdner Porzellansammlung. August der Starke hatte 1710 die erste europäische Porzellanmanufaktur in Meißen gegründet und trug tausende Stücke des »Weißen Golds« aus China, Japan und eben Meißen zusammen.

Wenige Schritte weiter erreichen wir das Residenzschloss aus der Renaissance-Zeit. Es war der Sitz des Dresdner Hofs und Residenz der sächsischen Kurfürsten und Könige. Heute enthält es mehrere Museen.

Die Dresdner Altstadt wird durch die Brühlsche Terrasse abgegrenzt

Zentrale Sehenswürdigkeit ist der sogenannte Fürstenzug an der Außenwand des Stallhofs des Residenzschlosses, ein überlebensgroßes Bild eines Reiterzugs. Mit 102 Metern Länge und 23 000 Fliesen handelt es sich bei diesem Kunstwerk um das weltgrößte Porzellanbild. Es zeigt die Ahnengalerie der zwischen 1127 und 1873 in Sachsen herrschenden 34 Markgrafen, Herzöge, Kurfürsten und Könige aus dem Geschlecht des Fürstenhauses Wettin.

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Von der Elbe abgegrenzt wird die Altstadt durch die Brühlsche Terrasse, auch bekannt als »Balkon Europas«. Diese Promenade, ursprünglich Teil der Dresdner Befestigungsanlagen, erstreckt sich über eine Länge von 500 Metern entlang des Elbufers. Durch ihre Höhe von bis zu zehn
Metern bietet sie einen guten Ausblick auf die andere Seite des Flusses und die dort gelegenen Elbwiesen. Der breite Grünstreifen am Ufer zieht sich durch die ganze Stadt. Vor allem im Sommer kann man hier wunderbar eine Picknickpause einlegen, und abends bietet sich ein geradezu magischer Ausblick auf die beleuchtete Altstadt.

Was steckt hinter dem Goldenen Reiter?

Über die Augustusbrücke überqueren wir die Elbe und gelangen ans Neustädter Ufer, das den Rand der Inneren Neustadt markiert. Hier befindet sich das Japanische Palais. 1715 erbaut und einst als königliches Sommerpalais benutzt, ist es heute das Zuhause des Völkerkundemuseums und der Senckenberg Naturhistorischen Sammlung. Im Sommer finden im dazugehörigen Barockpark abends zahlreiche Konzerte und Veranstaltungen vor der Kulisse des wunderschön beleuchteten Palais statt.

Etwas weiter nordöstlich passieren wir den Goldenen Reiter. Der hat nichts mit Joachim Witts Neue-Deutsche-Welle-Hit zu tun, sondern ist ein mit Blattgold verziertes Reiterstandbild von – wem wohl? – August dem Starken. Unweit dahinter beginnt die Äußere Neustadt, eines der größten Gründerzeitviertel Deutschlands und Dresdens Szene- und Ausgehviertel.

In der Dresdner Altstadt gibt es viel Street Art zu bestaunen

Der Kontrast zur Altstadt könnte größer nicht sein: Hier reiht sich Kneipe an Bar an Nachtclub, dazwischen zahlreiche Galerien und ausgefallene kleine Läden. An den Hauswänden, häufig auch versteckt in den Innenhöfen, lässt sich jede Menge Street Art bewundern, und an den Wochenenden füllen sich die Straßen mit Nachtschwärmern und Feiernden. Trotz der auch hier nicht zu übersehenden Gentrifizierung ist die Äußere Neustadt, auch bekannt als Antonstadt, Heimat einer lebhaften Subkultur. 

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Als Protest gegen die politischen Weichenstellungen nach der Wende wurde 1990, kurz vor der Währungsunion, von links-alternativen Kreisen die halb scherzhaft gemeinte »Bunte Republik Neustadt« ausgerufen, eine Mikronation mit eigener Währung (Neumark), Flagge (ein Micky-Maus-Kopf mit Ährenkranz auf schwarz-rot-goldenem Grund), Reisepässen und einer »provisorischen Regierung«, die den Anschluss an den Vatikan forderte. Der Fantasiestaat löste sich 1993 wieder auf, überdauert hat die Bunte Republik Neustadt jedoch als jährliches Straßenfest im Juni.

Pflicht ist ein Besuch im Deutschen Hygiene-Museum

Nicht fehlen darf für uns auch ein Besuch im Deutschen Hygiene-Museum, das einen ganz eigenen Charakter hat. Der Name des 1912 gegründeten Museums ist dabei etwas irreführend, denn um Gesundheitspflege geht es hier weniger. Die Dauerausstellung »Abenteuer Mensch« untersucht vielmehr alle Aspekte des menschlichen Lebens, wie etwa Ernährung, Bewegung oder Sexualität. 

Einen Katzensprung von der Frauenkirche entfernt, legt das Dresdner Verkehrsmuseum in seinem Luftfahrtbereich den Schwerpunkt auf die kurze und wechselvolle Geschichte des DDR-Flugzeugbaus. Im Mittelpunkt steht die Baade 152, das erste deutsche strahlgetriebene Verkehrsflugzeug.

Die »152« wurde am Dresdner Flughafen konstruiert

Die »152« war das Vorzeigeprojekt einer geplanten DDR-Luftfahrtindustrie und wurde am Dresdner Flughafen konstruiert. Doch bereits beim zweiten Testflug am 4. März 1959 stürzte der Prototyp ab und riss seine vierköpfige Besatzung in den Tod. Zwei Jahre später, Anfang 1961, wurde das Projekt DDR-Flugzeugbau von der SED-Führung wieder eingestampft. Das Verkehrsmuseum zeigt Originalteile des Jets, beispielsweise ein Triebwerk vom Typ Pirna 014. In einer Halle am Flughafen ist außerdem der einzige erhaltene Rumpf einer Baade 152 zu besichtigen.

Reich an Eindrücken machen wir uns von hier auf den Heimflug. Nach einem Schlenker über das Elbsandsteingebirge der Sächsischen Schweiz (hier sollten wir unbedingt mal wandern!) geht es elbabwärts zurück nach Hamburg. Es wird ganz bestimmt nicht der letzte Besuch in unserer Partnerstadt gewesen sein.

Text: Jan Fees, erstmals erschienen im fliegermagazin 01/2021

Fotos: Lukas Straubinger, Sylvio Dittich/Dresden Marketing

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