REISEN

Touch & Go Eisenach-Kindel: Die Wartburg als Wahrzeichen

Allein die Wartburg ist als mittelalterliches Weltkulturerbe schon die Reise wert. Doch Eisenach, im Zentrum Deutschlands gelegen, hat noch viel mehr zu bieten.

Von Redaktion
Wartburg
Wahrzeichen der Stadt: Aus der Luft ist die Wartburg beim Anflug auf Eisenach so nah nicht zu bewundern: Die ED-R 90 drumherum verhindert Sightseeingflüge unter 3300 Fuß MSL. Foto: Gernot Krämer

Damit das gleich klar ist: Vom bekanntesten Wahrzeichen Eisenachs müssen Flieger ordentlich Abstand halten! Die Wartburg ist vom Sperrgebiet ED-R 90 umgeben, das bis in eine Höhe von 3300 Fuß MSL aufdringliche Sightseeing-Flieger fernhalten soll. Ohnehin liegt der Verkehrslandeplatz Eisenach-Kindel zehn Kilometer östlich der Stadt. Er rühmt sich, im Mittelpunkt Deutschlands zu liegen und ist Sitz mehrerer Luftfahrtunternehmen, darunter der Flugzeugbauer Flight Design und die Tragschrauberfirma Rotorvox. Der Anflug ist ohne Besonderheiten. Mit der Buslinie 150 oder per Taxi kommt man in die Stadt; auch eine Mietwagenstation ist vorhanden.

Die bekannteste der vielen Geschichten, die sich auf der Eisenacher Wartburg zugetragen haben, beginnt mit einer Entführung: Am 4. Mai 1521 zerren bewaffnete Reiter Martin Luther aus seiner Kutsche und nehmen ihn mit. Der vom Papst exkommunizierte Kirchenreformator hat erst jüngst auf dem Reichstag in Worms seine Thesen verteidigt und sich dabei mutig auf sein Gewissen berufen. Die Revanche des Kaisers bestand darin, ihn für vogelfrei zu erklären. Nun ist der Trupp den ganzen Tag auf Umwegen unterwegs, um mögliche Verfolger abzuschütteln. Erst gegen 23 Uhr trifft man auf der Wartburg ein.

Flugplatz Eisenach-Kindel: Abstand halten von der Wartburg

Doch die Entführung ist bloß vorgetäuscht, Sachsens Kurfürst Friedrich der Weise hat die List ersonnen, um seinen Schützling in Sicherheit zu bringen. Fast ein Jahr lang bleibt Luther im Versteck. Er nutzt die Zeit für eines der folgenreichsten Buchprojekte: die Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche, genauer gesagt, ins Sächsische Kanzleideutsch, das damals von vielen verstanden wird, aber eigentlich eine bloße Schriftsprache ist.

LESEN SIE AUCH
Touch & Go Magdeburg
Reisen

Touch & Go Magdeburg-City: Wo alles einst begann

Luthers große Leistung besteht darin, dieses abstrakte Idiom mit volksnahen Ausdrücken und kraftvollen Wortfindungen so anzureichern, dass – unterstützt und verbreitet durch den noch ganz neuen Buchdruck – das moderne Deutsch entsteht.

Die Wartburg: Berühmt wurde die Burg unter anderem durch Luthers Aufenthalt

Aber die Wartburg wurde nicht erst durch Luthers Aufenthalt berühmt, sie war es lange vorher. Etwa als Wirkungsstätte der Heiligen Elisabeth, einer Landgräfin von Thüringen, die sich aufopferungsvoll um Arme und Kranke kümmerte, oder durch den Sängerkrieg auf der Wartburg, einen sagenhaften Wettstreit der besten mittelalterlichen Dichter. Den brachte Richard Wagner 1843 in seiner Oper „Tannhäuser“ auf die Bühne, ging mit der historischen Wahrheit aber ziemlich frei um: Ausgerechnet der Titelheld hatte an dem Wettstreit nämlich gar nicht teilgenommen.

Hoch gebautHoch gebaut
Hoch gebaut: Die Burg liegt auf einem Berg über der Stadt, sodass man einen guten Ausblick auf Eisenach und das Umland hat.

All diese Umstände hatten zur Folge, dass die schon halb verfallene Wartburg im 19. Jahrhundert als Geschichtsort wiederentdeckt und restauriert wurde. Weil aber die Kenntnis des Mittelalters noch nicht sehr ausgeprägt war und der Geschmack der eigenen Zeit den Ausschlag gab, geriet die Restaurierung so, dass heutige Denkmalpfleger davon Pickel kriegen würden. Wer sich die Zeit nimmt, in den Ausstellungsvitrinen die damals konkurrierenden Entwürfe anzusehen, wird allerdings schnell merken, dass der tatsächlich realisierte noch der schonendste war.

Der Wartburg: Neben dem Trabant das meistgebaute DDR-Auto

Aber es gibt ja nicht nur die Wartburg, sondern auch den Wartburg – das neben dem Trabant meistgebaute DDR-Auto, das in Eisenach produziert wurde! Der Markenname war übrigens keine DDR-Erfindung, schon die ersten ab 1898 in der Fahrzeugfabrik Eisenach gebauten Wagen hießen so und machten schnell Furore, weil sie bei Rennen und Wettbewerben viele Preise einheimsten. Anschaulich erfahren lässt sich die weit über hundertjährige Geschichte des Thüringer Fahrzeugbaus im Museum awe (Automobile Welt Eisenach) auf dem früheren Werksgelände am Rand der Altstadt.

Der WartburgDer Wartburg
Klassiker auf vier Rädern: Der in Eisenach gebaute Wartburg ist heute Kult.

Im neuen Werk laufen heute Opel-Modelle vom Band. Wenige Schritte vom ansehnlichen Marktplatz steht das Fachwerkhaus, in dem der junge Luther prägende Jahre verlebte und das heute ein Museum ist. Gleiches widerfuhr dem Bachhaus am 10/28, 1720 x 55 m Beton Frauenplan. Es handelt sich zwar nicht um das Geburtshaus Johann Sebastian Bachs, das etwa hundert Meter weiter stand und nicht erhalten ist, aber doch um das Haus, in dem der Komponist mit seinen zahlreichen Geschwistern aufwuchs

Gründung im Gasthof

Wenige Gehminuten weiter kommt man am früheren Gasthof Goldener Löwe vorbei, wo 1869 die älteste deutsche Partei, die SPD, gegründet wurde. Und dann beginnt, was als größtes zusammenhängendes Villenviertel Deutschlands gilt: Hunderte großbürgerlicher Häuser ziehen sich die Hänge hinauf. Wer Eisenachs Sehenswürdigkeiten erschöpft wähnt, wo die südliche Ortsausgangsstraße im Wald verschwindet, täuscht sich. Etwa anderthalb Kilometer weiter beginnt die malerische und sogar etwas unheimliche Drachenschlucht.

Schlagwörter
  • Eisenach
  • Eisenach-Kindel
  • Wartburg
  • Flight Design
  • Rotorvox C2A